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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Software aktiviert, die zufällige Tippfehler einbaute, doch dann sagte er sich, dass selbst das älteste, nur über die Tastatur bedienbare Notepad in der Lage war, sie während des Tippens zu korrigieren.
    Er fügte ein paar vage positive Worte über ›meine Arbeit‹ hinzu, aber es gab nichts Neues zu vermelden. Seine Eltern hatten riesige Mengen von Daten gesammelt, während sie eine Schmetterlingsgeneration nach der anderen in jener Umgebung beobachteten, die vermutlich für die seltsamen Anpassungen verantwortlich war, doch soweit Prabir wusste, waren sie einer Erklärung keinen Schritt näher gekommen. Teranesia hatte nichts, das sich wesentlich von anderen Inseln in der Region unterschied. Selbst achtzig Kilometer Wasser – und während der Eiszeiten viel weniger – waren keine wirksame Migrationsbarriere, wenn es um eine Zeitskala von Jahrmillionen ging.
    Das Thema Politik hob er sich für den Schluss auf und ließ sich die Worte noch mehrere Male durch den Kopf gehen, bevor er dem Notepad einen ersten Entwurf anvertraute. Er musste wie sein Vater klingen, aber entschiedener und klarer, damit Eleanor nicht versuchte, ihn von seinem Entschluss abzubringen, auf der Insel bleiben zu wollen. Statt ihre Befürchtungen abzutun, wollte er die Entwicklung mit offenen Armen begrüßen.
    »Ich habe mir übrigens den Bericht des Außenministeriums angesehen, den du erwähnt hast, und ich stimme völlig mit deiner Analyse der Situation überein. Das grausame, korrupte javanische Imperium steht vor dem Ende. Und genauso wie die Niederländer und die Portugiesen und die Briten müssen auch sie es irgendwann lernen, innerhalb ihrer Grenzen zu leben. Und wenn sie nicht aus der Geschichte lernen können, werden sie es von der ABRMS auf die harte Tour lernen müssen.
    Aber mach dir bitte keine Sorgen um mich und meine Familie. Die Armee wird niemals auf die Idee kommen, diese Insel aufzusuchen. Wir haben genügend Ausrüstung und Vorräte, um uns hier so lange wie nötig verkriechen zu können. Und es ist nicht so, dass Radha und ich nichts zu tun hätten! Wir werden unsere Arbeit fortsetzen, bis es sicher genug ist, von hier wegzugehen.«
    Sicher genug? Weggehen? Das klang nicht sehr zuversichtlich. Mit dem Finger schob er den Cursor über den Bildschirm zurück. »… bis der Sieg errungen ist!«
    Prabir zögerte. Das wiederum klang sehr nach zwanghaftem Optimismus. Er musste einen positiven Schlussakkord setzen, damit Eleanor nicht glaubte, er würde nur hohle Phrasen dreschen.
    Er schloss die Augen und ließ die Hängematte schaukeln, während er frustriert seufzte.
    Dann kam ihm die Idee.
    »Mit den besten Empfehlungen, dein Freund Prabir. Lang lebe die Republik Maluku Selatan!«

3
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    »Sei vorsichtig!« Prabirs Mutter blendete die Sonne mit einer Hand aus und schaute zu ihm auf, nachdem sie Madhusree zurechtgerückt hatte, um einen Arm frei zu haben. Prabir trat von der Leiter auf das leicht geneigte Dach. Hier gab es keine Regenrinne oder irgendetwas anderes, das ihn vor einem Sturz in die Tiefe bewahren konnte, falls er ausrutschte, aber die Oberfläche der Sonnenkollektoren schienen seinen Füßen ausreichend Reibungswiderstand zu bieten. Das modifizierte Fiberglas war unpoliert effektiver, weil die Polymerfasern mehr Licht auffingen, wenn sie in zufällig verteilten Büscheln angeordnet waren.
    Prabir ging langsam in die Hocke, die Beine gespreizt, um besser das Gleichgewicht zu wahren. Er hatte seine Eltern überzeugen können, dass sie zu schwer waren, um die Dächer der Hütten zu betreten. Auch wenn er dieses Argument ausschließlich deswegen vorgebracht hatte, weil er die Aufgabe selbst übernehmen wollte, schien es, dass er Recht hatte. Denn die Platten gaben unter seinem Gewicht leicht nach. Sie fühlten sich immer noch genügend elastisch an, aber vermutlich hätten sie sich bei nur etwas mehr Belastung verbogen.
    Er schüttelte die Sprühdose und malte ein ›I‹ auf das Dach. Seine Eltern hatten am Vorabend ausführlich über das Thema diskutiert: keine umständlichen Erklärungen der Neutralität, keine indische Flagge, keine unterwürfige Parteinahme für irgendeine Seite, kein Gelobt-sei-Allah oder -Jesus. Nur ein einziges Wort an jeder Wand und auf jedem Dach jeder Hütte: ILMU-WAN – Wissenschaftler.
    Trotzdem bestand nach wie vor Hoffnung, dass sie überhaupt kein Zeichen benötigten. Bislang hatte ihnen niemand Schwierigkeiten gemacht, und da es kaum vorstellbar war, dass man ihre

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