Terror auf dem Planet der Affen
sagte sie und steckte die Hand in die Öffnung. Nach einigem Herumfühlen zog sie ein staubiges Heft aus dem Versteck. Sie wischte es ab und reichte es Burke, der es neugierig betrachtete. Es war ziemlich dick und stabil, aber primitiv gebunden.
»Was ist es?« fragte er.
»Ich möchte, daß du mir daraus vorliest«, sagte sie mit stockender, von starken Empfindungen bewegter Stimme. »Mein Vater hat es mir hinterlassen, es stammt von seiner eigenen Hand. Er sagte mir, ich solle es niemals Sestus zeigen, weil mein Onkel es nicht verstehen würde.«
Burke schlug das Heft auf und begann auf der ersten Seite zu lesen: »›Ich zog in die Wälder, weil ich nur mit den wesentlichen Tatsachen des Daseins leben wollte.‹«
Fauna lauschte den Worten in selbstvergessener Hingabe. Burke wußte nicht, ob es das erstemal war, daß sie hörte, was Lucian in sein Tagebuch geschrieben hatte, oder ob ihr Vater öfters daraus vorgelesen hatte. Doch auch er war von der Lektüre beeindruckt; die Gedanken und Beobachtungen des Autors waren mit einer Feinfühligkeit beschrieben, die Burke menschlich anmutete – zumindest war »menschlich« das einzige Wort dafür, was er finden konnte.
Er wußte, daß der Vergleich nicht fair war, daß der Standpunkt, Affen seien nicht menschlich, nur eine Denkweise fortsetzte, die zu seiner Zeit genauso wie in dieser Zeit viel Schaden angerichtet hatte. Aber er wußte auch, daß er ein Produkt seiner Umgebung war, im Guten wie im Schlechten. Und soweit es das Schlechte betraf, bedurfte es großer Anstrengungen, um seinen Einfluß zu überwinden. Übermenschlicher Anstrengungen, dachte Burke, doch dann besann er sich. Es taugte nicht, denselben Fehler zweimal in einem Gedanken zu machen.
Krono, der Gorilla, saß ab und führte sein Pferd am Zügel durch dichten Jungwald auf eine kleine Lichtung. Sie lag sehr verborgen, geschützt von Dickichten und felsigen Hügeln im Norden und Süden. Das Gras war von Pferdehufen zerstampft und Baumstümpfe dienten als Sitzplätze um eine kleine Feuergrube. Aus seinem Versteck am Hang des südlichen Hügels konnte Virdon sehen, daß die Lichtung offensichtlich eine Art geheimer Versammlungsplatz war. Krono führte das Pferd über die freie Fläche und band es an einen jungen Baum. Dann blieb er eine Weile stehen und blickte nervös hierhin und dorthin, als fühle er, daß er beobachtet wurde.
Virdon versuchte, eine günstigere Position hinter einer Felsrippe am unteren Teil des kleinen Hügels zu erreichen. Während er sich vorsichtig von Deckung zu Deckung bewegte, behielt er den Gorilla im Auge. Dieser hatte eine Wasserflasche vom Sattelknopf genommen und setzte sich auf einen der Baumstümpfe. Virdon vermutete, daß er auf jemand wartete.
Da trat Virdon kurz vor Erreichen seines Ziels einen Stein los, der mit hellem, in der Stille unnatürlich laut scheinendem Geratter den Hang hinabrollte. Virdon wartete Kronos Reaktion nicht ab; er fing an zu rennen.
Krono, in seine Gedanken vertieft und ganz von der Stille und Einsamkeit des Ortes gefangen, blickte bei dem Geräusch erschrocken auf, gerade noch rechtzeitig, um eine Bewegung auszumachen, verwischt vom ungewissen Licht zwischen den Bäumen. Dennoch hatte er erkannt, was sich dort am unteren Hang bewegte: ein Mensch, der jetzt davonrannte, so schnell er konnte. Das war auch einleuchtend; ein Affe würde in dieser Situation keine Angst haben und sich nicht so verhalten.
Krono stellte alle diese Überlegungen nicht an, während er aufsprang und den Fremden beobachtete. Seine Reaktionen waren viel schneller, und der zugehörige Denkprozeß lief im Hintergrund seines Bewußtseins ab, während er schon zu seinem Pferd stürzte. Er sprang in den Sattel und nahm die Verfolgung auf.
Virdon folgte mittlerweile einem stellenweise überwachsenen Fahrweg mit tiefen Radfurchen und durchzogen von Baumwurzeln, die ihn immer wieder stolpern machten. Sein Denken wurde ganz von der Notwendigkeit beherrscht, den Gorilla abzuschütteln und zu den Gefährten zurückzufinden. Es mußte einem Fußgänger möglich sein, sich in dicht bewaldetem Gelände der Verfolgung durch einen Reiter zu entziehen; sicherlich würde der Gorilla es nicht riskieren, ihm durch dichten Jungwald zu folgen, wo tiefhängende Äste und Zweige ihn aus dem Sattel reißen konnten. Das Problem bestand darin, ein geeignetes Dickicht zu erreichen, ehe der andere ihn einholte.
Sein Verstand arbeitete fieberhaft, als er rannte. Er machte Pläne und
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