Terror: Thriller (German Edition)
sofort.
»Hier ist Steven … ich wollte eigentlich mit Marc sprechen. Hab mich wohl verwählt …«
»Nein, nein«, Carla sagte ihm, dass er die richtige Nummer gewählt habe. Steven erzählte ihr, dass er als Kameraassistent mit Marc zusammenarbeite. Daraufhin versuchte sie ihm mit ruhiger Stimme die Situation zu erklären. Steven lauschte atemlos.
»Was ist denn das für ein Scheiß?«, sagt er dann. Seine Stimme klang belegt.
»Haben Sie irgendeine Ahnung, was passiert sein könnte?«, fragte Carla.
»Nee, deswegen ruf ich ja an. Marc ist vorgestern überstürzt vom Drehort los. Seither erreiche ich ihn nicht, und bei der Produktion ist totales Chaos …«
»Hat er Ihnen irgendetwas erzählt … hat ihn irgendwas beschäftigt?
»Ich weiß nur, dass die Polizei gestern bei der Produktionsfirma war.«
»Was wollte die?« Carla war aufgeregt. Vielleicht würde jetzt Licht ins Dunkel kommen.
»Das ist mir nicht ganz klar«, sagte Steven, »ich hab Nick gefragt, aber der meinte, er dürfe mir nichts sagen.«
»Wer ist Nick?«
»Der Produzent. Ich glaube, es ging um den Wagen, den Marc bei der Autovermietung abgeben sollte. Aber er ist da nie aufgetaucht.«
Carla versuchte, noch mehr Informationen aus Steven herauszubekommen. Aber er schien nicht mehr zu wissen. Sie verabschiedeten sich, und Carla legte auf. Sie versuchte zu lächeln, als sie wieder zu dem Mädchen ans Krankenbett trat.
»Anna, du musst mir jetzt erzählen, was passiert ist.«
Aber Anna wandte sich ab.
»Hat dein Vater dir das Handy gegeben? Warum?«
Annas Augen waren auf die Decke gerichtet, aber ihr Blick war leer. Carla machte einen letzten Versuch:
»Du hast den Carabinieri, die dich gefunden haben, gesagt ›so viel Blut‹. Hast du damit deine Verletzungen gemeint?« Sie deutete auf die Risse an Annas Armen und Beinen.
»Wo kommen die überhaupt her? Bist du durch eine Dornenhecke gelaufen?«
Anna antwortete nicht. Sie lag regungslos im Bett, die linke Hand zur Faust geballt.
Wie mache ich jetzt weiter?
Carla überlegte fieberhaft. Annas Vater war also in Berlin gewesen. Bis vorgestern. Und dann war er offenbar überstürzt aufgebrochen. Noch immer hielt sie sein Handy in der Hand. Vielleicht ließe sich mithilfe des Handys noch etwas herausfinden. Später. Jetzt musste sie sich um Anna kümmern. Sie steckte das Handy in ihre Tasche.
Plötzlich wurde die Tür zum Krankenzimmer aufgerissen. Maresciallo Solina trat ins Zimmer. Er hielt ein neongrünes Stoffnilpferd in der Hand. Es hatte einen breit lachenden Mund und große Augen mit langen Wimpern darüber. Solina wedelte damit im Raum herum. Carla konnte nicht sagen, wie lange sie das Nilpferd angestarrt hatte, bevor sie den zweiten Mann wahrnahm, der hinter Solina das Zimmer betreten hatte. Auch er trug die Uniform der Carabinieri, war aber offensichtlich ein hoher Offizier. Er hatte eine kleine Narbe über der rechten Augenbraue, seine Augen waren grau und durchdringend. Um Oberlippe und Kinn ließ er sich jetzt einen gepflegten Bart stehen, aber Carla erkannte ihn trotzdem sofort. Wie sollte es auch anders sein – dieses Gesicht verfolgte sie seit acht Jahren jede Nacht in ihren Albträumen.
Lenzari, Freitag, 4. Juni 2010, 17:20 Uhr
»Signora! Signora Noè!«
Nichts. Nur die Glocken schlugen unbarmherzig weiter.
Die beiden Carabinieri entsicherten ihre Waffen. Cesare schob die Tür auf. Mit einem leisen Ächzen gab sie den Blick frei ins Innere des Hauses. Sie traten in die dämmrige Diele. Cesare zuerst. Modrige, abgestandene Luft. Rechts stand eine gläserne Vitrine, kleine Porzellanfiguren, bemalte Teller, Nippes. Alles war eng hier, man musste aufpassen, dass man nirgendwo anstieß. Von außen sah das Haus riesig aus, aber hier drin keine Spur von Großzügigkeit, man kam sich vor wie in einer Höhle. Die Carabinieri zogen die Köpfe ein und tasteten sich an den Vitrinen vorbei weiter den Flur entlang. Die Tür zum Wohnzimmer stand offen. Dämmerlicht auch hier. Die Fensterläden waren geschlossen. Ein kleiner Tisch mit einer gehäkelten Decke, darauf eine schmale Vase mit dem Abbild der Muttergottes und einer Rose aus Plastik darin. Plötzlich ein Geräusch. Fabrizio fuhr herum. Trotz des Dämmerlichts konnte er sehen, dass Cesare Schweißperlen auf der Stirn hatte, als er ihm mit einer Kopfbewegung bedeutete, ihm zu folgen. Die Arme durchgedrückt, die Pistolen schussbereit in den Händen, schoben sie sich Schritt für Schritt durch die Diele. Vor ihnen
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