Terror: Thriller (German Edition)
da rausgeschleust.«
»Der Schnauzbart hat sie nicht entdeckt?«
»Die Kinder nicht und mich auch nicht«, sagte der Mann, »sonst säße ich jetzt nicht hier. Und jetzt erzähl endlich.«
Marc versuchte sich zu konzentrieren und die Geschehnisse in Lenzari möglichst präzise wiederzugeben, aber es gelang ihm nicht gut. Zu viele unklare Gedanken schossen durch seinen Kopf. Er berichtete vom Foto mit Verteidigungsminister Hochhausen, von dem A6, der auf eine deutsche Sicherheitsfirma zugelassen war, und vom Oktoberfest-Attentat, und je länger er sprach, desto stärker wurde sein Widerwille gegen all das. Könnte er doch einen sauberen Schnitt machen, sich einfach nicht mehr damit befassen, ab morgen nur noch mit Conny und Anna am Strand rumtoben und dann zurück nach Berlin, als wäre nichts gewesen. Aber er wusste, dass das nicht ging. Er hing mittendrin in dieser Sache, die er immer weniger verstand und die ihm, mit jedem neuen Detail, mehr über den Kopf zu wachsen drohte.
Der Mann mit der Sturmhaube stellte ein paar Fragen, die klar und präzise waren. Er fragte nach dem Namen der deutschen Sicherheitsfirma, schnappte sich Stift und Papier und schrieb ihn auf. Schließlich schien er erfahren zu haben, was er wissen wollte. Sie saßen einander schweigend gegenüber. Jeder mit seinen Gedanken beschäftigt und mit dem Versuch, die Puzzleteile irgendwie zusammenzubringen.
Marc verspürte nicht die geringste Lust, sich mit dem Mann zu verbünden. Möglich, dass seine Hinweise hilfreich waren, um etwas über den Schnauzbart herauszubekommen. Genausogut möglich, sogar wahrscheinlicher, dass der Mann ein Spinner war, ein paranoider Söldner, traumatisiert vielleicht, der seinen Freund verloren hatte und darüber nicht hinwegkam. Ein armes Schwein. Auch wenn Marc diesen Ort am liebsten sofort verlassen hätte, eine Frage musste er dem Mann noch stellen:
»Woher haben Sie meine Telefonnummer? Woher wissen Sie, dass wir nach demselben Mann suchen?«
Marcs Gegenüber griff in seine Hosentasche und holte ein zerknittertes Foto hervor. Er legte es auf den Tisch. Marc zog es zu sich. Es war das Foto des Schnauzbarts, der mit seinem Begleiter vom Haus des Marokkaners aus auf die Kamera zugeht. Das Still von Marcs Videokamera.
»Wo haben Sie das her?«
»Von deinem Journalistenfreund.«
»Von Klaus?« Marc war perplex. Einen kurzen Moment zögerte der Mann. »Ja«, sagte er dann, »genau.«
»Was haben Sie mit Klaus zu tun?«, fragte Marc.
»Nichts. Er hat das Foto wild durch die Gegend geschickt, und irgendwann landete es bei mir. Über ein paar Ecken.«
Sollte er das glauben? War das plausibel?
»Ihr solltet vorsichtiger sein«, fügte der Mann mit der Sturmhaube noch hinzu.
War Dogs – in kreischend roten Lettern. Das Buch sah zerlesen aus. Genug, er wollte raus hier.
Marc stand auf und reichte dem Mann die Hand, aber es war keine verbindende Geste; es war eine Geste der Abwehr: Auf Nimmerwiedersehen.
»Melden Sie sich, wenn Sie etwas herausgefunden haben?«, fragte Marc.
Der Mann nickte. Er blieb sitzen.
Als Marc aus dem Schatten des Monte Frontè fuhr, traf ihn das Licht der Sonne wie ein Schlag. Geblendet kniff er die Augen zusammen. Während er den Wagen über den Feldweg steuerte, fischte er im Handschuhfach nach der Sonnenbrille. Plötzlich klingelte das Handy. Es war Conny.
»Gott sei Dank«, sagte sie, als er sich meldete. Sie hatte es schon mehrmals versucht, und er war nicht rangegangen. Sie war voller Sorge gewesen. Er erklärte ihr, dass er das Handy im Auto hatte liegen lassen, während er mit dem Mann gesprochen hatte.
»Und?«, fragte Conny.
»Ich muss mit dir reden«, sagte Marc. »Ich brauche deinen Rat.«
Im Wald zwischen Pieve und Lenzari,
Freitag, 4. Juni 2010, 19:45 Uhr
Sie hatten lange nebeneinander auf dem Baumstamm gesessen. Wie lange, vermochte Carla nicht zu sagen. Sie war hin und her gerissen: Sie durften Luca da oben nicht warten lassen, und sie mussten weiterhin damit rechnen, verfolgt zu werden. Deshalb mussten sie sich beeilen. Andererseits war es am Wichtigsten, dass Anna durchhielt. Es nützte nichts, wenn sie auf halbem Wege schlapp machte. Und wie sie da so heulend neben ihr auf dem Baustamm saß, hatte Carla große Befürchtungen, dass Anna wieder in die alte Apathie verfiel, dass ihr zwischenzeitlicher Elan nur ein Strohfeuer war. Deshalb nahm sie sich Zeit für Anna. Sie hörte ihr zu, ließ sie weinen und versuchte sie zu trösten. Und sie wollte die
Weitere Kostenlose Bücher