Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
Vom Netzwerk:
und sie
werden ihn von jedem Verdacht freisprechen müssen. Er warf eine goldene Birne von einer Hand in die andere.
    Was für Ermittlungsergebnisse?
    Schuhabdrücke, sagte Lee. Reifenabdrücke. Alles Mögliche eben! Blut wohl auch. Vielleicht hat sie mich ja gekratzt. Mein Blut wird nicht mit dem von Ig übereinstimmen, und es gibt keinen Grund, warum sie mich jemals testen sollten. Zumindest solltest du hoffen, dass sie mich nie testen. Warte erst mal ruhig ab. Die werden ihn innerhalb von acht Stunden rauslassen, und bis zum Ende der Woche ist er rehabilitiert. Du musst nur noch eine Weile den Mund halten, und dann haben wir alles überstanden.
    Es heißt, sie ist vergewaltigt worden, entgegnet Terry. Du hast mir nicht gesagt, dass du sie vergewaltigt hast.
    Das hab ich auch nicht. Es ist nur dann eine Vergewaltigung, wenn sie es nicht will, erklärte Lee, hob die Birne an die Lippen und biss mit einem feuchten Knirschen hinein.
    Noch schlimmer war der Blick auf das, was Terry fünf Monate später hatte tun wollen. Terry saß in der Garage auf dem Fahrersitz seiner Viper. Die Fenster waren heruntergekurbelt, und das Garagentor war geschlossen. Der Motor des Wagens lief. Terry war gerade dabei, das Bewusstsein zu verlieren, als das Garagentor hinter ihm aufging. Seine Haushälterin war noch nie zuvor an einem Sonntagmorgen bei ihm aufgetaucht, nur eben an jenem Tag. Und da stand sie nun und glotzte Terry durch das Fenster auf der Fahrerseite an, während sie sich seine frisch gewaschenen und gebügelten Hemden gegen die Brust presste - eine einundfünfzigjährige Emigrantin aus Mexiko, die zwar leidlich Englisch sprach, aber sehr wahrscheinlich nicht lesen konnte, was auf dem zusammengefalteten Zettel stand, der aus Terrys Brusttasche ragte:
    AN ALLE, DIE ES ANGEHT!
    Letztes Jahr wurde mein Bruder Ignatius Perrish verhaftet, und ihm wurde vorgeworfen, seine beste Freundin Merrin Williams vergewaltigt und ermordet zu haben. ER IST UNSCHULDIG. Merrin war auch meine Freundin, und der Täter heißt Lee Tourneau. Ich weiß das, weil ich dabei war, und obwohl ich mich nicht selbst an diesem Verbrechen beteiligt habe, bin ich mitschuldig daran, dass es bisher nicht aufgeklärt wurde. Ich kann keinen Tag länger …
    Weiter kam Ig jedoch nicht - er ließ Terrys Hand los, als hätte ihn ein elektrischer Schlag getroffen. Terry öffnete die Augen und starrte mit geweiteten Pupillen in die Finsternis.
    »Mama?«, sagte er mit schwerer Stimme. In dem Zimmer war es dunkel, und Ig bezweifelte, dass sein Bruder mehr erkennen konnte als seine Umrisse. Ig verbarg die Hand, mit der er das Messer umklammerte, hinter dem Rücken.
    Er öffnete den Mund, um Terry zuzuflüstern, er solle weiterschlafen. Das war das Absurdeste, was er hätte sagen können. Oder vielleicht das Allernormalste. Er spürte, wie das Blut in seinen Hörnern zu pochen begann, und die Stimme, mit der er sprach, gehörte nicht ihm, sondern seiner Mutter. Es ahmte sie nicht nach, weder bewusst noch unbewusst. Es war ihre Stimme. »Schlaf weiter, Terry«, sagte sie.
    Ig war so überrascht, dass er einen Schritt zurückwich und mit der Hüfte gegen den Nachttisch stieß. Ein Wasserglas klirrte leise gegen die Lampe. Terry schloss die Augen, wälzte sich jedoch unruhig hin und her, als wollte er sich jeden Moment aufsetzen.
    »Ma«, sagte er. »Wie viel Uhr ist es denn?«
    Ig starrte auf seinen Bruder hinab. Er fragte sich nicht,
wie er es getan hatte, sondern nur, ob es ihm noch einmal gelingen würde. Wie er es getan hatte, wusste er bereits. Die Gabe, in fremden Zungen zu reden, um den Menschen zu erzählen, was sie hören wollten … das gehörte zum Standardrepertoire des Teufels.
    »Pst«, sagte Ig. Der Druck in den Hörnern nahm zu, und seine Stimme war die Stimme von Lydia Perrish. Es fiel ihm leicht - er musste nicht einmal darüber nachdenken. »Pst, mein Schatz. Bleib ruhig liegen. Du musst nicht aufstehen. Ruh dich aus. Und gib auf dich acht.«
    Terry seufzte, drehte sich um und wandte seinem Bruder den Rücken zu.
    Ig war auf alles gefasst gewesen, nur nicht darauf, Mitgefühl für Terry zu empfinden. Es änderte nichts an dem, was Merrin in jener Nacht angetan worden war, aber in gewisser Hinsicht - in gewisser Hinsicht hatte Ig damals auch seinen Bruder verloren.
    Er kauerte in der Dunkelheit und betrachtete Terry, der auf der Seite unter der Decke lag, und dachte über seine neue Fähigkeit nach. Schließlich öffnete er den Mund, und Lydia sagte: »Du

Weitere Kostenlose Bücher