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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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meinst du - wohin wirst du gehen?«, fragte Ig.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Ich wollte schon immer mal New York sehen. New York bei Nacht. Überall Taxis, und aus den Fenstern schallt exotische Musik. An den Straßenecken werden Erdnüsse verkauft, süße Erdnüsse. Gibt es die in New York immer noch?«
    »Weiß nicht so genau. Vor einiger Zeit jedenfalls schon. Das letzte Mal war ich kurz vor Merrins Tod in New York. Aber du kannst es ja herausfinden. Das wird bestimmt großartig. Du wirst eine phantastische Zeit haben!«
    »Wenn es so toll ist fortzugehen«, sagte sie, »und wenn es richtig ist, dir alles heimzuzahlen, warum fühle ich mich dann so beschissen?«
    »Weil du noch nicht dort bist. Du bist noch immer hier. Bald wirst du dich nur noch daran erinnern, dass ich meinen besten blauen Rock angezogen hatte, um tanzen zu gehen.
Alles andere wirst du vergessen haben.« Er drückte ihr diesen Gedanken tief in den Kopf hinein, eine intimere Penetration als alles, was sie im Bett je miteinander gemacht hatten.
    Sie nickte und starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen gebannt an. »Vergessen. Okay.« Dann machte sie Anstalten, in den Wagen zu steigen, zögerte jedoch und sah ihm über die Tür hinweg in die Augen. »Hier draußen haben wir das erste Mal miteinander geredet. Weißt du noch? Ich hab mit ein paar Kumpels eine Kackwurst gebraten. Das war ziemlich seltsam, was?«
    »Komisch«, sagte Ig. »Genau das habe ich heute Abend auch vor. Aber jetzt los, Glenna. Rückspiegel, ja?«
    Sie nickte und ließ sich in den Wagen gleiten, stand dann aber noch einmal auf, beugte sich über die Tür und küsste ihn auf die Stirn. Da sah er lauter schreckliche Dinge, die sie getan und von denen er nichts gewusst hatte; sie hatte oft gesündigt, und immer gegen sich selbst. Erschrocken wich er einen Schritt zurück. Noch immer spürte er ihre kühlen Lippen auf seiner Stirn und roch ihren Atem - Zigaretten und Pfefferminz.
    »He«, sagte er.
    Sie lächelte. »Pass auf dich auf, Ig. Immer wenn du einen Nachmittag in der Nähe der Gießerei verbringst, gehst du fast drauf.«
    »Yeah«, sagte er. »Jetzt, wo du’s sagst - das wird mir noch zur Gewohnheit.«
     
    Ig schlenderte zum Evel-Knievel-Hang zurück und schaute zu, wie die Sonne gleich einem schwelenden Stück Kohle im Knowles River versank, ein letztes Mal aufflackerte und erlosch. Während er im hohen Gras stand, hörte er ein sonderbares
melodisches Zirpen wie von einem Insekt, aber er hätte nicht sagen können, von was für einem. Die Heuschrecken waren bei Einbruch der Dunkelheit verstummt. Sie starben nach und nach, und die summende Maschinerie ihrer Lust hörte mit dem Ende des Sommers auf, sich zu drehen. Das Geräusch ertönte erneut, von irgendwo links im strohfarbenen Gras.
    Er ging in die Hocke, um herauszufinden, was es war, und entdeckte das rosafarbene, halb durchsichtige Gehäuse von Glennas Telefon. Er griff danach und klappte es auf. Die Anzeige leuchtete - eine Nachricht von Lee Tourneau:
    WAS HAST DU AN?
    Ig zwirbelte seinen Kinnbart und grübelte nervös nach. Er wusste noch immer nicht, ob er jemanden auch über Telefon beeinflussen konnte, ob die Hörner ihre Wirkung auch taten, wenn ihr Signal über einen Satelliten gefunkt wurde. Andererseits war weithin bekannt, dass Mobiltelefone ein Werkzeug des Teufels waren.
    Er wählte Lees Nachricht aus und drückte auf ANRUFEN.
    Lee nahm beim zweiten Klingeln ab. »Bitte sag mir, dass du etwas Scharfes anhast. Es muss auch gar nicht stimmen - ich werde dir einfach glauben.«
    Ig öffnete den Mund und sprach atemlos mit Glennas sanfter Stimme. »Schlamm und Dreck, Lee, das ist es, was ich anhabe. Ich stecke in Schwierigkeiten und brauche deine Hilfe. Meine verdammte Karre sitzt fest.«
    Lee zögerte, und als er antwortete, klang seine Stimme ruhig und bedächtig. »Wo bist du denn?«
    »Draußen bei der gottverdammten Gießerei«, sagte Ig mit Glennas Stimme.

    »Bei der Gießerei? Was hast du dort verloren?«
    »Ich hab nach Iggy gesucht.«
    »Warum machst du so was auch? Glenna, das war nicht klug von dir. Du weißt, wie labil er ist.«
    »Ich weiß, aber ich konnte nicht anders. Ich mach mir Sorgen um ihn. Seine Familie genauso. Kein Mensch weiß, wo er steckt. Er hat den Geburtstag seiner Großmutter verpasst, und er geht nicht ans Telefon. Er könnte, was weiß ich, tot sein oder so. Ich halt das nicht mehr aus - der Gedanke, es könnte meine Schuld sein, bringt mich fast um. Und so ganz

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