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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Mal, wenn Ig einen Schritt auf ihn zu machte, war Terry bereits außer Reichweite. Sein Bruder lächelte mit einem unsicheren Grinsen im Gesicht. Ig hatte das Gefühl, zehn Jahre alt zu sein und von seinem älteren Bruder getriezt zu werden.
    Auf der anderen Seite des Wäldchens flackerten Scheinwerfer und wurden allmählich langsamer. Ig und Terry standen beide reglos da und schauten zur Straße hinüber.
    »Das ist Lee«, sagte Ig und warf Terry einen zornigen Blick zu. »Steig in deinen Wagen und verschwinde. Du kannst mir nicht helfen. Du versaust mir hier nur alles. Geh mir aus dem Weg, bevor du bei der ganzen Sache noch draufgehst.«Mit einem weiteren Stoß der Mistgabel trieb er ihn vor sich her, während er gleichzeitig seine ganze Willenskraft aufbot, um Terry zu beeinflussen.

    Dieses Mal wehrte sich Terry nicht, sondern drehte sich um und rannte durch das hohe Gras davon, zurück zu dem Abfallhaufen. Ig sah ihm nach, bis er die Ecke des Gebäudes erreicht hatte. Dann zog er sich in die Türöffnung hoch und verschwand in der Gießerei. Hinter ihm glitten die Scheinwerfer von Lee Tourneaus Cadillac durch die Nacht und schlitzten die Finsternis auf wie ein Brieföffner einen schwarzen Umschlag.

KAPITEL 46
    Kaum war Ig durch die Türöffnung geschlüpft, strichen die Scheinwerfer über die Ruine, und ihr Licht drang durch Fenster und Türen herein. Gleißende Rechtecke wanderten über die mit Graffiti bedeckten Mauern und ließen uralte Botschaften aufblitzen: TERRY PERRISH IST EIN WICHSER, PEACE’79, GOTT IST TOT. Ig trat aus dem Lichtschein und blieb neben der Türöffnung stehen. Er zog den Mantel aus und warf ihn in die Mitte des Raums. Dann kauerte er sich in eine Ecke und rief die Schlangen herbei.
    Sie kamen aus allen Winkeln, fielen aus Löchern in den Wänden, krochen unter dem Backsteinhaufen hervor. Ihr Ziel war der Mantel, und sie hatten es so eilig, dass sie übereinander hinweg- und untereinander hindurchglitten. Der Mantel fing an, sich zu winden und zu wallen, während sie sich unter ihm sammelten. Dann setzte er sich ganz langsam auf - reckte und streckte sich, die Schultern wurden voller, die Ärmel bewegten sich, schwollen an, als würde ein unsichtbarer Mensch seine Arme hineinschieben. Als Letztes bildete sich der Kopf mit zuckendem Haar, das bis auf die Schultern herabfiel. Es sah aus, als säße ein langhaariger Mann, oder vielleicht auch eine Frau, unablässig zitternd mitten auf dem Boden, um mit gesenktem Kopf zu meditieren.
    Lee hupte.

    »Glenna?«, rief er. »Was machst du denn, Schätzchen?«
    »Ich bin hier«, rief Ig mit Glennas Stimme. Er war rechts neben der Tür in die Hocke gegangen. »Scheiße, Lee, ich hab mir den Knöchel verstaucht.«
    Eine Autotür ging auf und fiel ins Schloss. Schritte nährten sich durch das Gras.
    »Glenna? Was ist los?«
    »Ich sitze hier drin, Lee. Gleich hier drin!«
    Lee legte eine Hand auf den Beton und zog sich durch die Türöffnung hoch. Seit Ig ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er fünfzig Kilo zugenommen und sich den Kopf rasiert - eine Verwandlung, die fast so erstaunlich war wie Igs Hörner, und im ersten Moment begriff Ig überhaupt nicht, was er da sah. Aber es war gar nicht Lee. Es war Eric Hannity mit seinen blauen Latexhandschuhen, den Schlagstock in der Hand, den Kopf voller Brandblasen. Im Scheinwerferlicht war sein knochiger Schädel so rot wie der von Ig. Die Blasen auf der linken Wange sahen aus, als würden sie gleich platzen.
    »Hallo, schöne Frau«, sagte er leise. Sein Blick huschte nach allen Seiten, schweifte durch den riesigen dunklen Raum. Ig mit seiner Mistgabel, der rechts neben der Tür im Schatten kauerte, sah er nicht. Erics Augen hatten sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt. Und solange das Scheinwerferlicht durch die Tür fiel, würden sie das auch nicht. Lee war irgendwo dort draußen. Irgendwie wusste Lee, dass ihm hier Gefahr drohte, und deshalb hatte er Eric mitgenommen. Aber woher? Er trug doch das Kreuz nicht mehr, das ihn beschützt hatte. Es ergab keinen Sinn!
    Eric schlurfte mit kleinen Schritten auf die Gestalt in dem Mantel zu und schwang den Schlagstock dabei hin und her.

    »Sag schon was, du Schlampe!«
    Der Mantel zitterte, schlenkerte mit den Armen und schüttelte den Kopf. Ig rührte sich nicht und hielt den Atem an. Er hatte keine Ahnung, was er jetzt machen sollte. Lee hätte durch diese Tür kommen sollen, nicht Eric. Andererseits - war das nicht typisch für seine kurze

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