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Teufelszeug

Teufelszeug

Titel: Teufelszeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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was vor, du Arschloch.«
    »Gib mir deine Jacke«, sagte Gary. »Wenn ich die anziehe, sehe ich mindestens wie zwanzig aus.«
    »Dann siehst du aus wie ein Spasti«, sagte Glenna. »Und ich will nicht, dass du mit meiner Jacke verhaftet wirst.«
    »Sie ist wirklich schick, die Jacke«, sagte Ig.
    Glenna warf ihm einen sonderbar traurigen Blick zu. »Lee hat sie mir geschenkt. Er kann ziemlich großzügig sein.«

KAPITEL 18
    Lee öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann anders und schloss ihn wieder.
    »Was denn?«, fragte Ig.
    Lee öffnete erneut den Mund, schloss und öffnete ihn wieder und sagte: »Das Glenn-Miller-Stück mit dem Rat-a-tat-tat gefällt mir. Zu dem Lied würde sogar eine Leiche tanzen.«
    Ig nickte und schwieg.
    Sie hingen im Pool ab, weil inzwischen der Sommer zurückgekehrt war. Kein Regen mehr, keine für die Jahreszeit ungewöhnliche Kälte. Es hatte 35 Grad, der Himmel war wolkenlos, und Lee hatte sich einen Streifen weißes Zinkoxid auf die Nase geschmiert, damit er keinen Sonnenbrand bekam. Ig lag in einem Rettungsring und Lee auf einer Luftmatratze; beide trieben auf dem stillen lauwarmen Wasser, das so stark gechlort war, dass ihnen von den aufsteigenden Dämpfen die Augen brannten. Es war zu heiß, um irgendwelchen Unfug anzustellen.
    Das Kreuz trug Lee noch immer um den Hals. Die Kette war auf der Matratze ausgebreitet, und es sah so aus, als würde sie sich nach Ig ausstrecken - als hätte Igs Blick magnetische Kräfte und würde das Kreuz in seine Richtung ziehen. Es funkelte im Sonnenlicht, und immer wieder blitzte
es golden auf und blendete ihn. Ig musste das Morse-Alphabet nicht kennen, um zu wissen, was die Signale bedeuteten. Es war Samstag, und morgen würde Merrin Williams in der Kirche sein. Letzte Chance, blitzte das Kreuz ihm zu. Letzte Chance, letzte Chance.
    Lee schien noch etwas sagen zu wollen, wusste jedoch nicht, wie er anfangen sollte. Schließlich sagte er: »Glennas Vetter gibt in zwei Wochen eine Party. Er will zum Sommerende ein großes Lagerfeuer machen. Hat ein paar Silvesterraketen und so was. Vielleicht gibt es auch Bier, hat er gesagt. Meinst du, da willst du hin?«
    »Wann genau?«
    »Am letzten Samstag diesen Monat.«
    »Da kann ich nicht. Mein Dad tritt bei einem Konzert der Boston Pops mit John Williams auf. Eine Premiere. Wir gehen zu allen Premieren.«
    »Yeah, das kann ich verstehen«, sagte Lee.
    Lee nahm das Kreuz in den Mund und saugte gedankenverloren daran. Dann ließ er es fallen und sprach aus, was er wohl schon die ganze Zeit hatte sagen wollen. »Würdest du sie verkaufen?«
    »Was verkaufen?«
    »Die Kirschbombe. Bei Gary steht ein Schrottauto herum. Gary sagt, es kümmert niemanden, wenn wir es demolieren. Wir könnten Feuerzeugbenzin drüberkippen und es in die Luft jagen.« Er stockte und fügte dann hinzu: »Deshalb hab ich aber nicht gefragt. Es wär einfach toll, wenn du dabei bist.«
    »Nein. Ich weiß«, sagte Ig. »Ich käm mir komisch vor, wenn ich sie dir verkaufen würde.«
    »Na ja. Du kannst mir auch nicht dauernd irgendwelche Sachen schenken. Wenn du sie verkaufen würdest, wie viel
wolltest du dann dafür? Ich habe von dem Trinkgeld, das ich beim Zeitschriftenverkaufen kriege,’ne Menge Geld gespart.«
    Oder du könntest dir einen Zwanziger von deiner Mama leihen, dachte Ig bei sich mit einer aalglatten, seidigen inneren Stimme, die ihm selbst fremd vorkam.
    »Ich möchte dein Geld nicht«, sagte er laut. »Aber wir können tauschen.«
    »Gegen was?«
    »Gegen das«, sagte Ig und wies mit einem Kopfnicken auf das Kreuz.
    Na also. Es war heraus. Ig hielt die Luft an, und in seiner Lunge bildete sich eine chlorgesättigte heiße Sauerstoffblase. Lee hatte ihm das Leben gerettet, ihn aus dem Fluss gezogen, als er bewusstlos war, und ihm Luft in die Lunge geklopft. Ig wollte sich zwar dafür revanchieren und hatte das Gefühl, dass er Lee mehr schuldete, als er ihm je zurückzahlen konnte - nur das nicht. Schließlich hatte sie ihm Zeichen gegeben, nicht Lee. Ig war klar, dass er mit Lee nicht auf diese Weise feilschen durfte, es war einfach unmoralisch. Kaum hatte er das Kreuz zurückverlangt, spürte er, wie sich in seinem Inneren irgendetwas zusammenzog; er hatte sich immer für einen der Guten gehalten, für einen Helden, ohne jede Einschränkung. Ein Held würde so etwas nicht tun. Andererseits gab es Dinge, die vielleicht wichtiger waren.
    Lee starrte ihn an, und ein leises Lächeln umspielte dabei seine

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