Teuflische Freunde: Roman (German Edition)
Transportliege und schoben sie aus der Tür. Eric saß währenddessen mit gesenktem Kopf auf dem Sofa, die Hände im Schoß. Der junge Mann brauchte eine Weile, nachdem die Ermittler gegangen waren, bevor er wieder Worte fand. »Und jetzt?«, sagte er schließlich.
»Mein Partner und ich würden gerne das Zimmer gründlich durchsuchen. Schubladen aufziehen, den Schrank inspizieren, unters Bett schauen … Haben Sie Einwände?«
»Nein.«
»Haben Sie irgendeine Idee, woher Myra die Waffe hatte?«, fragte Marge.
Eric sah auf und starrte sie an. »Das ist eine sehr gute Frage.«
»Könnte sie Ihrer Mutter gehören?«, schlug Decker vor.
»Nicht sehr wahrscheinlich. Sie hat mir gegenüber nie etwas in der Art erwähnt.«
»Wir werden sie fragen«, meinte Marge. »Die Waffe nehmen wir mit, um sicherzugehen, dass auch alles zusammenpasst.«
»Gut.« Eric sah sehr blass aus. »Was passiert, nachdem Sie das Zimmer durchsucht haben?«
Decker gab Eric eine Karte. »Nachdem wir den Raum freigegeben haben, rufen Sie am besten diese Frau an. Sie und ihr Sohn kommen vorbei und reinigen, was auch immer gereinigt werden muss.«
»Oh Gott, daran hatte ich noch gar nicht gedacht.« Er verbarg seinen Kopf in seinen Händen. »Dafür ruft man nicht einfach die Putzfrau an.« Tränen liefen ihm übers Gesicht.
»Man braucht hier einen Profi. Es gibt auch andere Leute, die so etwas machen, aber unserer Einschätzung nach ist diese Frau besonders einfühlsam.«
Eric nahm die Visitenkarte entgegen. »Danke, Sergeant … Lieutenant.«
»Sie ist der Sergeant, ich bin der Lieutenant.« Decker und Marge überreichten Eric ihre jeweiligen Karten. »Melden Sie sich bei uns, wenn Sie etwas brauchen.«
»Was passiert mit dem Leichnam?«
»Nach der Autopsie wird jemand Sie anrufen, dass Sie ihn abholen können.« Decker gab ihm eine weitere Visitenkarte. »Das hier ist ein Ansprechpartner des Forest Lawn. Ich weiß nicht, ob Sie einen Friedhof kennen, aber so haben Sie wenigstens schon mal eine Kontaktperson. Ich habe auch jemanden, der Einäscherungen macht, falls Sie das möchten. Sobald der Leichnam freigegeben ist, übernehmen die zuständigen Einrichtungen den Rest.«
Eric nahm die Karte in Empfang. »Danke für die Infos.« Er blickte auf. »Ich weiß überhaupt nicht mehr weiter.«
»Das verstehen wir gut«, sagte Marge. »Wir gehen jetzt zurück in das Zimmer, wenn Sie einverstanden sind. Möchten Sie, dass wir jemanden für Sie anrufen?«
»Niemanden, mit dem ich jetzt zusammen sein möchte«, sagte Eric. »Das hier würde ich noch nicht einmal meinem ärgsten Feind wünschen.«
14
Das Zimmer war praktisch eingerichtet: Myras Besitztümer waren dürftig, und sie hielt etwas auf Ordnung. Ihre Schreibtischschubladen und die Fächer mit ihren Anziehsachen waren übersichtlich eingeräumt und spärlich bestückt. Decker hatte bisher nicht oft freien Platz in einem weiblichen Kleiderschrank gesehen. Myra besaß sechs Kleider, alle in einem fast identischen Stil – kurze Ärmel, V-Ausschnitt, gedeckte Farben. Sie hatte sechs Röcke und jeweils ein halbes Dutzend Pullis, T-Shirts und Jeans. An Schuhen besaß sie Sneakers, ein Paar schwarze Pumps und Flip-Flops.
An schmückendem Beiwerk gab es auch nicht viel – nichts Plüschiges wie Stofftiere, Glasfiguren oder Herzchenschmuck. Und auch nichts Rebellisches; keine Goth-Utensilien, keine Springerstiefel, keine Ketten, keine Anzeichen für Zigaretten oder Haschisch. Sie schien sich nicht für Leichtathletik zu interessieren und auch nicht für Schauspiel. Es gab nichts, was man ausmachen und sagen konnte: Hey, das war Myra. Sie vermittelte den Eindruck eines seelisch verarmten Mädchens.
Ihre Bücher mussten ihr etwas an Realitätsflucht geboten haben: die gesamte Harry-Potter-Reihe und die Twilight-Serie in gebundenen Ausgaben und alle Bände der Gossip-Girl-Folgen als Taschenbücher. Sie besaß keine CD s, dafür einen iPod und ein Handy. Mit einer behandschuhten Hand überprüfte Decker die letzten Verbindungen. Die meisten Anrufe kamen von Mom, aber es gab auch einige von Heddy, Ramona und Lisa. Eric hatte ihre Nummer nur einmal in den letzten paar Wochen angerufen. Und es gab einige Nummern ohne zugewiesene Namen. Decker schrieb sich die Ziffern auf.
»Hast du ein Jahrbuch der Bell and Wakefield?«, fragte er Marge.
»Ich kann eins besorgen.«
»Ich brauche die passenden Gesichter zu den Namen. Was Heddy, Ramona und Lisa angeht, hätte ich auch gerne die Nachnamen.«
Weitere Kostenlose Bücher