Teuflische Schwester
damit Teris Worte aussperren. »Ich habe
geschlafen! Ich bin nirgendwohin gegangen!«
»Aber ich habe dich doch gesehen!« beharrte Teri.
»Wenn ich gewußt hätte, daß du schlafwandelst, wäre
ich dir nachgelaufen. Aber ich hielt dich für wach. Was
auch geschehen ist, ich bin mitschuldig.«
»Ge-geschehen ist? Was soll …?«
»Das Blut«, sagte Teri. »Es muß von irgendwoher
kommen …« Melissa vergrub das Gesicht in den Händen.
Warum wachte sie denn nicht auf und stellte fest, daß es
ein Alptraum war? Als sie wieder aufsah, saß Teri immer
noch neben ihr. »Wohin sind wir gegangen?« flüsterte sie.
Teri schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ihr seid hinter
der Garage verschwunden.«
»Aber da ist ja nichts!« stöhnte Melissa. »Höchstens der
alte Schuppen.«
Teri stand auf. »Sehen wir lieber mal nach«, sagte sie.
»Wo ist deine Taschenlampe?«
Melissa schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein! Ich will
nicht. Ich …«
»Aber wir müssen«, drängte Teri. »Wir müssen
herausfinden, was du getan hast. Verstehst du denn nicht?
Wenn du etwas getan hast …«
»Nein!« schluchzte Melissa. »Ich habe doch nie und …«
Teri ließ ihr keine Ruhe. »Du mußt etwas getan haben!
Komm schon!«
Sie zog Melissa hoch und half ihr in den Morgenrock.
Dann nahm sie die Taschenlampe aus der Schublade und
schaltete das Licht im Zimmer aus. Schweigend führte sie
ihre Halbschwester die Treppe hinunter und durch die
hintere Loggiatür ins Freie. Es war eine klare
Vollmondnacht. Teri huschte automatisch im Schatten an
der Wand entlang. Sie überquerten die Terrasse, liefen am
Swimmingpool vorbei und standen schließlich vor dem
Schuppen.
Teri schnüffelte in der Luft. »O Gott«, flüsterte sie.
»Das riecht, als würde da drinnen ein Toter liegen.«
Melissa zitterte am ganzen Leib, aber als Teri die Tür
aufstieß und eintrat, folgte sie ihr wie in Trance. Teri
machte die Tür wieder zu. Jetzt erst knipste sie die
Taschenlampe an und leuchtete in den kleinen Raum.
Der Lichtstrahl erfaßte die Machete. Noch immer klebte
Blut an der Klinge.
Melissa fuhr zusammen. »Wa-was macht die denn
hier?« hauchte sie. »Todd bewahrt sie doch immer in der
Garage auf.«
Teri ließ den Lichtstrahl weiterwandern, bis er auf die
Bodendielen fiel. Deutlich waren Blutflecken zu erkennen.
»Schau«, sagte sie sanft. »Sie sind lose.«
Sie ließ sich auf die Knie sinken und entfernte eine von
den Dielen. Das Licht fiel auf den Hohlraum darunter.
Ein Schrei bildete sich auf Melissas Lippen. Zu ihren
Füßen lag Todds Leiche. Sein Kopf war gespalten. Noch
bevor der Schrei nach außen in die stille Nacht dringen
konnte, drückte Teri Melissa den Mund mit aller Kraft zu.
»Ja nicht schreien«, warnte Teri. »Wenn jemand dich
hört, kann ich nichts mehr für dich tun. Dann wissen alle,
was du getan hast, und du wirst fortgeschickt.«
Der Schrei erstarb in Melissas Kehle. Sie weinte nur
stumm vor sich hin. Das war doch nicht möglich! Todd
konnte nicht tot sein. Es war bestimmt nur ein
schrecklicher Traum. Gleich würde sie aufwachen.
Sie würde in ihrem warmen Bett aufwachen, und alles
wäre in bester Ordnung. Sie schlang die Arme um ihre
Halbschwester und schluchzte hilflos an ihrer Brust.
»Ich wollte ihm doch nichts tun!« heulte sie. »Ich kann
doch nichts dafür! Ich hätte Todd doch nie was zuleide tun
können! Ich …«
Teri lächelte in der Dunkelheit vor sich hin, strich
Melissa aber sanft über das Haar. »Du brauchst keine
Angst zu haben«, gurrte sie. »Ich bin bei dir und werde nie
zulassen, daß jemand dir was antut. Wart’s nur ab. Ich
lass’ mir was einfallen. Irgendwie helfe ich dir schon aus
der Klemme. Außerdem« – ihre Stimme wurde jetzt noch
leiser – »warst du es ja gar nicht, oder?«
Verwirrt sah Melissa aus tränenverschmierten Augen zu
Teri auf. Noch immer ging ihr Atem nur stoßweise.
»Verstehst du denn nicht?« rief Teri. »Du warst es ja gar
nicht. D’Arcy war es.«
Auf einmal fügte sich eins zum anderen. Melissa glaubte
zu verstehen.
D’Arcy war wieder einmal im Schlaf zu ihr gekommen.
Und wie immer hatte sie D’Arcy vertraut. Aber während
sie geschlafen hatte, hatte D’Arcy ihren besten Freund
umgebracht. Erneut schüttelte sie ein Weinkrampf, und sie
sank willenlos in Teris Arme zurück.
Aber alles würde gut werden. Teri war ja bei ihr, und
Teri würde sich einen Ausweg einfallen lassen.
Teri würde sie retten.
24
Cora regte sich auf ihrem Stuhl.
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