Teuflische Stiche
sind. Ich bleibe dabei, Renate Dreher wurde vorsätzlich, aus niederen Beweggründen von Sibelius Balthasar Freiherr von Eck umgebracht.«
»Fahrlässige Tötung kommt auch in Betracht«, warf Kilian ein.
»Ich sage dir, es war eiskalter Mord. Er hatte ein Motiv, nämlich Habgier. Die Dreher soll Geld besessen haben. Er hatte die Gelegenheit. Das Opfer ist in seiner Wohnung gestorben. Er besitzt das Wissen, einen Menschen durch Pilze zu vergiften. Der Freiherr ist der Täter, hundertprozentig.«
»Sie ist bei ihm gestorben. Da gebe ich dir Recht. Hat er ihr aber auch die giftigen Pilze zubereitet und sie ihr zu essen gegeben?« Kilian saß aufrecht auf seinem Stuhl und schaute Venske ins Gesicht. »Jeder kann sich im Internet Kenntnisse aneignen, welche Pilze giftig sind und wie sie wirken. Und ob tatsächlich Geld im Spiel ist oder ob das nur eine fixe Idee ihres Ehemannes ist, wissen wir auch nicht mit Sicherheit.«
Venske wirkte verblüfft. So direkt hatte sein junger Kollege ihm noch nie widersprochen. Er machte mit der rechten Hand eine abwertende Bewegung und hielt sich mit der anderen an seinem Energydrink fest.
Kilian sprach unbeeindruckt weiter: »Ich mache darauf aufmerksam, dass wir bisher davon ausgegangen sind, dass Renate Dreher am Dienstag, also am 19. März, zu Tode gekommen ist. An dem Tag, an dem der Zeuge Nikolaus Hilger einen Streit in der Wohnung mitbekommen haben will. Bernd hat bisher geglaubt, sie sei im Zuge dieses Streits gestorben.«
Außer Kilian schauten alle zu Venske. Ihm fiel offensichtlich keine Entgegnung ein. Schweigend lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück.
Eine gedrückte Stimmung breitete sich aus. Die Blicke des Teams wanderten zu Konnert. Alle warteten auf ein klärendes Wort von ihrem Chef. Der sah Babsi an, die abgerückt vom Tisch saß.
Als sie Konnerts Blick mitbekam, gab sie sich einen Ruck und begann: »Zur Person der Verstorbenen: Renate Dreher, geborene Wachsmuth, ist am 3. Juni 1979 in Boen bei Löningen zur Welt gekommen. Sie ist mit vier Brüdern aufgewachsen. Einer ist bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Die drei anderen habe ich vom Tod ihrer Schwester informiert und befragt.« Sie blätterte ihre Unterlagen um. »Renate Dreher hat die Hauptschule besucht, in Löningen den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt und ist nach der Lehre nicht übernommen worden. Nach Auskunft ihres Bruders Richard soll sie zu einem Freund nach Bremen gezogen sein. Wie lange sie mit dem Mann zusammengelebt hat, wusste er nicht. Über ihren weiteren Lebenslauf wollte er keine Hinweise geben. Ich hatte den Eindruck, er schämt sich für seine Schwester.«
Nach einem Blick in ihre Aufzeichnungen sprach sie weiter: »Einer der anderen Brüder war auskunftsfreudiger. Er hat die mir bekannten Angaben bestätigt. Von der Heirat mit Karl Dreher habe er aus der Nordwest-Zeitung erfahren. Sie seien seit dem 2. Februar 2002 verheiratet. Der dritte Bruder hat mir klargemacht, dass er mit seiner Schwester nichts mehr zu tun hat. Er würde auch nicht zu ihrer Beerdigung kommen. Als ich ihn gefragt habe warum, hat er geantwortet, das ginge mich einen Scheiß an. Mein Gefühl sagt mir aber, er hat sehr wohl mit seiner Schwester Kontakt gehabt. Seine Antworten sind mir zu überlegt, zu vorformuliert, zu frech vorgekommen. Irgendetwas hat er verschwiegen.«
Babsi fuhr sich mit den Fingern durch ihre Kurzhaarfrisur, zog dann ihr Top wieder über die Jeans, deren oberster Knopf geöffnet war. Sie nahm ihre Notizen wieder zur Hand.
»Nach meinen bisherigen Ermittlungen wurde Renate Dreher lebend zuletzt am 19. März gesehen. Sie hat sich zum Mittagessen im Tagesaufenthalt der Diakonie aufgehalten. Es hat Leberkäse mit Kartoffelpüree und gemischtem Gemüse gegeben. Nach Aussagen der Küchenleitung habe sich Frau Dreher nicht besonders gut gefühlt. Sie habe davon geredet, sich einen Virus eingefangen zu haben, und sei nicht vom Lokus runtergekommen. Wohin sie nach dem Essen gegangen ist, konnte oder wollte mir niemand der Befragten sagen. Es fehlt uns also die Zeit zwischen circa dreizehn Uhr dreißig am Dienstag und dem darauffolgenden Donnerstag.« Sie ging zur Infowand und schrieb die Daten an.
Kilian sagte: »Am Dienstag hat Nick Hilger gegen achtzehn Uhr den Streit in der Wohnung von Ecks gehört. Wir wissen aber nicht, ob da das Opfer schon anwesend gewesen ist.«
Babsi zuckte mit den Schultern und malte ein großes Fragezeichen hinter die Uhrzeit. »Ich hab noch weiter
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