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Thanatos

Thanatos

Titel: Thanatos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Ione
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vermischte sich mit den Auswirkungen des Todes, der ihn umgab, bis sein Denkvermögen so zersplittert war wie ein zerschmettertes Fenster. Er versuchte, Kynan anzurufen, um nach Regan zu fragen, aber seine Wut war so enorm, dass er das Handy in seiner Hand zerquetschte. Danach blieb nur noch das Verlangen zu töten.
    Und es gab so viel zu töten.
    Hier, am Rande von Helsinki, waren die Menschen von einer grauenhaften Krankheit befallen, die sie in den Wahnsinn trieb und dazu brachte, sich gegenseitig abzuschlachten. Thanatos stand inmitten der Überreste einer Familie, die der Familienvater in ihrem eigenen Haus ermordet hatte. Von seiner Sense tropfte Blut – er hatte den Vater ausgelöscht, aber nicht ehe der Mann seine Frau und seine drei Söhne in Stücke gehackt hatte.
    Weil seine Kopfhaut plötzlich prickelte, fuhr er herum und sah, dass sich auf der anderen Seite des Wohnzimmers ein Höllentor öffnete, aus dem Pestilence trat: nackt und von oben bis unten mit Blut besudelt. Das allein wäre schon verstörend genug gewesen, aber was Thanatos Herz wirklich eiskalt werden ließ, war das Aussehen seines Bruders. Dies war nicht mehr der Mann, der zumindest äußerlich noch einem Menschen geglichen hatte, selbst nachdem sein Siegel gebrochen war.
    Dies war ein Dämon. Eine Bestie mit Augen, so schwarz wie Teer, Haut, so bleich und geädert wie Marmor, und langen Krallen, mit denen er selbst einen Orca hätte aufschlitzen können. Hass und Bösartigkeit hatten alles verwüstet, was Reseph einmal ausgemacht hatte, bis hin zu seinem Äußeren.
    Pestilence stieß ein Zischen aus und entblößte dabei Fänge, die sicherlich drei Zentimeter länger waren als zuvor. Guter Gott. »Macht dir das Spaß? Es gefällt dir doch, knietief in Blut und Gedärmen zu waten, du Scheißkerl?«
    »Reseph.« Than richtete eine letzte Bitte an den Dämon, der einmal sein Bruder gewesen war. »Du musst doch irgendwo da drin sein.«
    »Er ist weg«, brüllte Pestilence. »Wann kriegt ihr Arschlöcher das nur endlich in eure dämlichen Schädel? Er ist weg, und ich habe es satt, immer wieder an ihn erinnert zu werden, ich habe dich satt und alles, was ihm wichtig war. Darum mache ich reinen Tisch und dann einen neuen Anfang. Dein Welpe ist der Nächste auf meiner Liste.«
    Wut und das Verlangen, seinen Sohn zu beschützen, ließen Than erschauern. »
Du wirst mein Kind nicht anrühren!
«
    »Oh, und ob ich das werde. Selbst wenn ich ihn nicht töten müsste, um dein Siegel zu brechen. Ich würde ihn einfach nur zum Spaß töten. Aus Gehässigkeit. Um dir dein beschissenes Leben zu ruinieren.« Er legte den Kopf zur Seite. »Obwohl ich das vielleicht gar nicht tun muss. Bei deinem Temperament wirst du ihn vermutlich selbst umbringen. Das wäre wirklich zu schön.«
    Sosehr Than auch daran glauben wollte, dass er Pestilence’ Köder widerstehen konnte, hielt er seine Sense so fest, dass der Griff mit seinem Fleisch zu verschmelzen schien. Vielleicht lag es daran, dass Pestilence die Angst angesprochen hatte, die Thanatos zu verleugnen versucht hatte: dass er eine Gefahr für sein eigenes Kind sein könnte. Die toten Kinder auf dem Fußboden, die ihrem eigenen Vater zum Opfer gefallen waren, bestätigten dies auf eigene Weise, und er fühlte sich, als hätte ihn ein Baseballschläger mitten auf den Schädel getroffen.
    Der Mann auf dem Boden war vermutlich ein guter, liebender Vater gewesen, doch in seiner blinden Wut hatte er alle abgeschlachtet, die er geliebt hatte.
    Thanatos hatte sich nur etwas vorgemacht, hatte sich eingeredet, er könne seine Wut beherrschen. Gewiss, in Regans Gegenwart verwandelte sich sein Bedürfnis zu töten in das Verlangen nach Sex, aber was, wenn sein Sohn nicht über irgendeine Art von Anti-Thanatos-Sicherheitsausrüstung verfügte?
    Und allein die Tatsache, dass Regan in der Lage war, ihn zu beruhigen … es gefiel ihm, er brauchte es, aber bei Gott, was sie vorhin zu ihm gesagt hatte, lastete schwer auf ihm. Nutzte er am Ende ihre Fähigkeit, seine Wut zu besänftigen, nur aus, so wie die Aegis ihre Gaben ausgenutzt hatte? Sie hatte es ihm angetan; ihre Großherzigkeit, ihr Lachen, die Art, wie sie sich mit ihm stritt und sich dabei behauptete, sowohl körperlich als auch verbal. Aber wenn er sie benutzte, war er kein Stück besser als die Aegis.
    Ob er seinen Sohn wohl genauso benutzen würde? Ein unschuldiges Kind in Gefahr zu bringen, weil Thanatos brauchte, was ein Kind ihm geben konnte: Liebe, jemanden,

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