THARKARÚN – Krieger der Nacht
abhalten, Wertgegenstände verschwinden zu lassen. Ich muss schon sagen: Sie waren ganz schön überrascht, als sie Fèlruc zum ersten Mal gesehen haben. Nun ja, so eine Begegnung hat man nicht alle Tage. Dan ist mit mir gekommen, um uns dabei zu helfen, das Lager abzubrechen.«
»Sehr erfreut!«, grüßte Dan Ree, der nun hinter dem Magus zwischen den Bäumen hervortrat.
Dan Ree, der Unsterbliche! Jeder in den acht Reichen kannte seine Geschichte: Es war eine von Thix’ Lieblingssagen, und er konnte sich noch daran erinnern, wie vor langer Zeit eine Frau – seine Mutter – sie ihm mit sanfter melodischer Stimme am Kaminfeuer erzählt hatte – damals, als er noch ein Heim und eine Familie gehabt hatte. Und sicher hatten auch Shaka Alek und Ametista oft die Geschichte vom größten Krieger der acht Reiche gehört. Der Gott Kentar persönlich hatte ihn herausgefordert, um so herauszufinden, wer sich mit diesem Titel schmücken durfte, und nach einem Zweikampf, der neun Tage und neun Nächte währte, hatte ihn Dan Ree am Morgen des zehnten Tages besiegt. Talon suchte damals einen Wächter für die von ihm erschaffene Festung, daher war er zu Dan Ree gegangen und hatte ihm Unsterblichkeit verliehen, auf dass er Adamantina bewache, bis das Ende der Großen Zeitrechnung gekommen war. Und als der tapfere Krieger die Festung erreichte, wurde dort der Drache Fèlruc aus der Erde geboren, als Gefährte bei seiner endlosen einsamen Wacht.
Alle hatten sich Dan Ree als einen hochgewachsenen stattlichen Mann vorgestellt, mit breiten Schultern und einem narbenzerfurchten Gesicht, der mit einem Riesenschwert an seiner Seite und einem bedrohlich finsteren Gesicht jedem Respekt einflößte. Doch der Mann, der nun lässig aus dem Wald schlenderte und sich neben den Magus stellte, entsprach überhaupt nicht dieser Vorstellung.
Dan Ree war zwar ziemlich groß, wenn auch ein wenig kleiner als der Magus, aber sein Körper wirkte eher schlank und anmutig, und dass er finster und bedrohlich dreinsah, konnte man nun wirklich nicht behaupten. Ganz im Gegenteil: Auf seinem braunen Gesicht erstrahlte ein aufmunterndes Lächeln. Er hatte eine eher lange Nase, große weiße Zähne, volle Lippen, dunkle, lebhafte Augen und eine unglaubliche Fülle von schwarzen,
schulterlangen, gekräuselten Haaren, die ziemlich wirr in alle Richtungen von seinem Kopf abstanden und sogar die Hälfte seines Gesichtes verbargen. Der Unsterbliche trug einen glänzenden vergoldeten Brustpanzer, Hosen aus gewöhnlichem braunen Tuch, Stiefel mit Messingschnallen und Handschuhe aus hellem Leder. Am Gürtel hing ihm ein Langschwert und quer über der Brust trug er einen Schulterriemen mit einigen Wurfmessern. Er glich absolut nicht dem stattlichen Recken, den sich alle vorgestellt hatten, und außerdem sah er keinen Tag älter aus als dreißig. Wenn er wirklich so alt war, wie es in den Legenden hieß, hatte sich sein Äußeres nicht verändert, seit er Kentar in dem fairen Zweikampf geschlagen hatte.
Als die drei Gefährten ihn verblüfft anstarrten, musste der Unsterbliche lachen und meinte freundlich: »Ja, ich weiß, ihr habt euch mich ganz anders vorgestellt. Ich war mir sicher, dass es so sein würde. Das ist mir schon passiert, bevor ich mich nach Adamantina zurückzog: Die Leute hören etwas von dem größten Krieger der acht Reiche und denken dann an einen Riesen, der bis an die Zähne bewaffnet ist und in seinem ganzen Leben noch nie gelächelt hat. Ich fürchte, dagegen bin ich wohl machtlos. Ich fühle mich wirklich geehrt, euch kennenzulernen. Der Magus hat mir bereits von euch erzählt und Fèlruc und ich haben euch schon lange erwartet.«
»Ihr habt uns erwartet?« Wieder konnte Ametista ihre Verblüffung nicht verbergen. »Wie ist das denn gemeint? Ihr seid in eine Festung verbannt, die sich außerhalb von Raum und Zeit befindet ! Wie konntet Ihr da überhaupt von unserer Existenz erfahren ?«
»Als der große Talon beschloss, mir den Trost des Todes zu versagen und die Freude, unter anderen zu leben, hat er mir natürlich zumindest eine gewisse Weitsicht verliehen«, erwiderte Dan Ree. Er begann, die auf dem Boden verstreuten Matten der Gruppe aufzuheben, sie zusammenzurollen und sie sich über die Schulter zu werfen. »Wenigstens haben eure Gefährten die Zelte mitgenommen,
es wäre schon ziemlich lästig, wenn wir die auch noch durch den Wald schleppen müssten. Wie auch immer, ich wusste allerdings nicht genau, was mich erwartete, kannte
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