THARKARÚN – Krieger der Nacht
Heidelandschaft, deren Haut so dunkel wie die von Faunen war und die dank ihrer Widerstandsfähigkeit gelernt hatten, in dieser unwirtlichen Umgebung zu überleben, waren bekannt dafür, sich mehr als alle anderen im Reich der Menschen auf geheime Zauberkünste zu verstehen. In ihren Überlieferungen hieß es, einige dieser durch die Macht der Magie erschaffenen Wesen seien geflohen, hätten sich vermehrt und wären zu einer heimtückischen Bedrohung geworden, die nachts die Dörfer heimsuchte.
Die Heidelandschaft von Ombra war an sich schon ein übler Ort, an dem man sich nicht einmal tagsüber gern aufhielt. Niemand zog es freiwillig in diese Gegend und die Ombrier galten gemeinhin als äußerst unheimliche Zeitgenossen. Dort also, in
diesen uralten unterirdischen Gewölben, war seit einigen Hundert Jahren das sicherste Gefängnis untergebracht. Der König der Menschen verbannte hierher die gefährlichsten Verbrecher seines Reiches. Hier standen sie unter der strengen Aufsicht der Schwarzen Garde, einer Gruppe ausgewählter Soldaten aus Ombra, die eine besondere Ausbildung in Kampfkunst und Magie erhalten hatten und die Elitetruppe des Heeres sowie die persönliche Leibwache des Königs bildeten.
Dass man so zahlreiche Sicherheitsmaßen ergriff, sagte schon viel über die Personen aus, die in diesem Gefängnis ihre Strafe verbüßten. Brutale, skrupellose Verbrecher, von denen viele furchtbare Schuld auf sich geladen hatten, ohne dass einer von ihnen auch nur das geringste Anzeichen von Reue gezeigt hätte. Diese Unmenschen schreckten vor rein gar nichts zurück, und auch jetzt, während Zarak, Elirion und der Magus hinter Huninn Skellensgard, dem fackeltragenden Anführer der ombresischen Garde, ins Innere des Gefängnisses vordrangen, stürzten die Gefangenen an ihre Zellentüren, rüttelten an den Gitterstäben und überschütteten die Besucher mit Flüchen und Beleidigungen. Den Magus schienen diese unflätigen Äußerungen nicht weiter aus der Ruhe zu bringen, und Zarak, der inzwischen an Pflichtbesuche in diesem Gefängnis gewöhnt war, achtete nicht weiter darauf. Elirion allerdings fühlte sich äußerst unwohl. Er kam erst zum dritten Mal hierher, und so weit wie jetzt war er noch nie in das Innere des Berges vorgedrungen.
Die schlimmsten Verbrecher, die am strengsten bewacht werden mussten, waren am weitesten vom Eingang entfernt und in tiefer Dunkelheit untergebracht. Diese Finsternis, der unerträgliche Gestank, die Nässe, die Gefühlskälte der ombresischen Garde, die gellenden Schreie der Gefangenen, die in seinen Ohren widerhallten, bedrückten Elirion. Vorhin war es einem alten Mann gelungen, sich so weit aus seiner Zelle zu beugen, dass er Elirions Umhang zu fassen bekam. Der ombresische Wachmann hatte sofort sein Schwert gezückt und den Alten gezwungen, zurückzuweichen,
aber Elirion hatte sein Gesicht sehen können, das im rötlichen Schein der Fackel wie eine groteske Maske wirkte. Er sah den ungepflegten Bart, die trüben Augen, den zu einem höhnischen Grinsen verzogenen zahnlosen Mund. Die Hand, die seinen Umhangzipfel umklammerte, sah aus wie eine Klaue. Wer weiß, wie lange der Mann schon dort gefangen war, welche schrecklichen Verbrechen er begangen hatte, um hier weggesperrt zu werden. Vielleicht war er ja noch jung und schön gewesen, als er in dieses dunkle Verlies kam, und erst die Jahre an diesem schrecklichen Ort hatten ihn derart verunstaltet.
Hatte man dieses Gefängnis einmal betreten, verließ man es in der Regel erst wieder als Toter. Kaum einer der im Inneren dieses Berges gefangen gehaltenen Verbrecher hatte je das Licht der Sonne wiedergesehen.
Die Tatsache, dass Zarak Fudrigus eine Ausnahme von dieser Regel machen und demnächst einen Befehl unterzeichnen sollte, mit dem einer der bestbewachten Insassen aus der Kerkerhaft entlassen werden sollte, hatte man geheim gehalten. Als man diesen Mann endlich hatte fangen können, war eine riesige Woge der Erleichterung durchs Land gegangen, und nun würde das Volk es Zarak bestimmt nicht danken, dass er ihn freilassen wollte. Trotz der Autorität des Magus und der Worte der Prophetin hatte Zarak diese Entscheidung nur schweren Herzens getroffen. Der König hatte sofort an diesen Mann denken müssen, als er das übelste Subjekt, das je in seinem Volk geboren wurde, suchte, aber genau deshalb zögerte er nun, ihn aus dem Gefängnis zu holen, denn der Kerl hatte nichts anderes verdient, als für den Rest seiner Tage dort drinnen
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