THARKARÚN – Krieger der Nacht
Lebens daran hindern wird, sich in die Schlacht zu werfen, ihn damit zu verdammen, zusehen zu müssen, wie sein Volk stirbt, und nichts tun zu können, um es zu verteidigen, das tut richtig weh. Und genau das hat er beabsichtigt.«
Das war eine grausame Wahrheit, und der Hexer hatte sie einfach so ohne Vorwarnung und begleitende Worte des Trostes ausgesprochen, aber es war genau so, wie Shannon sagte, daran gab es nichts zu rütteln. Mit einer Wunde, die sich niemals schloss und nur durch magische Fäden daran gehindert wurde, heftig zu bluten, kam es nicht infrage, dass Asduvarlun das vereinte Heer der acht Völker bei einem möglichen Angriff auf dem Schlachtfeld anführen oder gar Tharkarún noch einmal herausfordern konnte.
Jetzt wurde eine seiner schlimmsten Ängste, vielleicht sogar seine einzige wahr: ohnmächtig zu sein. Keinem seiner Feinde war es je gelungen, ihn zu verwirren, keiner hatte ihn aufgehalten, auch wenn sie ihn verletzt, getroffen oder zu töten versucht hatten. Tharkarún dagegen hatte ihn zur Ohnmacht verdammt.
»Wer ist er?«, fragte er. Die Frage war ihm entschlüpft, ehe er sie zurückhalten konnte. Doch genau deswegen hatte Shannon doch auf den Überraschungsangriff im Wald gedrängt. Um zu erfahren, wer Tharkarún war, woher er diese unglaublichen Zauberkräfte bezog, die keiner aus den acht Völkern in sich hätte vereinen dürfen. Wenn es einen gab, der eine Antwort auf die Frage wusste, dann war das Lay Shannon. Doch das sonst so würdevolle
Gesicht des Ordensmeisters der Schwarzen Hexer wirkte aufgebracht.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er und spuckte dabei die Worte fast heraus, als würden sie sonst seinen Mund verbrennen. »Ich weiß es nicht! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wer er ist noch woher er seine Kräfte bezieht! Eigentlich sollte ich zumindest verstehen, warum er die Völker hasst, aber nicht einmal das gelingt mir. Ich kenne die Geschichte der acht Reiche vielleicht besser als jeder andere, doch keine der Grausamkeiten, die die Völker verübt haben, und das waren nicht gerade wenig, kann ich mit diesem Fremden in Verbindung bringen. Sein Aussehen sagt mir genauso wenig wie sein Name! Und das mir, der ich meine Seele geopfert habe, um in den Besitz all des Wissens zu gelangen, das ein Sterblicher erfahren kann!«
Asduvarlun schwieg. Shannons zornige Stimme war jetzt beinahe ein Schreien, doch außer seinem Mund hatte sich kein Muskel seines Körpers bewegt. Nachdenklich wiegte der General seinen Kopf hin und her, während die Worte des Dämons noch im Raum hingen. Ihm ging viel durch den Kopf.
»Er weiß, wie er uns treffen kann«, meinte er schließlich leise.
»Was?«, fragte Shannon verblüfft. In seinem Gesicht spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle wider, die er nie gezeigt hatte und die jetzt alle auf einmal an die Oberfläche drängten.
»Ihr habt es doch selbst gesagt«, meinte der General. »Er will uns lieber leiden lassen als töten. Und er versteht uns, er weiß, was wir wollen und wie man uns wehtun kann. Mir raubt er die Möglichkeit zu kämpfen, Euch lässt er im Ungewissen und weiß genau, dass er uns damit unseren Lebensinhalt nimmt! Ich habe nur darauf hingelebt, die zu verteidigen, die ich liebe, und er hat dafür gesorgt, dass ich das nicht mehr kann. Und Ihr habt nur nach Erkenntnis und Wissen gestrebt und er hindert Euch daran! Das ist sein Spiel. Er trifft uns in dem, was uns am meisten am Herzen liegt. Auch wenn er tötet oder seine Kreaturen ausschickt, für ihn zu morden, dann geschieht das keineswegs zufällig.
Den Schwarzen Hexern hat er ihr wertvollstes Gut genommen, ihren Stolz, er hat Alfargus Sulpicius umgebracht, um Gavrilus zu verletzen und Dhannam und auch mich. Ebenso hat er dafür gesorgt, dass Zarak ums Leben kam, weil er wusste, dass Elirion dies nicht ertragen konnte und es ihn aus der Bahn werfen würde. Das ist sein Spiel, ehrwürdiger Shannon! Und wenn wir eine Chance haben wollen, ihn zu besiegen, müssen wir ihn daran hindern, damit fortzufahren!«
Shannon starrte ihn bestürzt an. Seine übliche Distanz war zerbröckelt.
»Das war auch schon davor so«, flüsterte er und es sah so aus, als sähe er vor sich ein rätselhaftes Puzzle, dessen winzige Teile sich jetzt zusammenfügten. »Die Toten unter den Völkern, die Verschwundenen, alles hat er genau geplant. Er hat die Karawanen der Faune angegriffen, die vom Handel leben, die Soldaten der Menschen, die so stolz auf ihre Kampfkünste sind, die
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