THARKARÚN – Krieger der Nacht
und seine finsteren Wesen wissen ganz genau, dass ein paar schwer bewaffnete Schurken nach Norden zum Undurchdringlichen Hort unterwegs sind. Das ist ihnen klar, aber sie greifen uns nicht an. Nun, wir wissen, dass das gesamte Heer sich im Süden an der Großen Mauer in der Ebene sammelt. Ich kann mir jetzt bloß vorstellen, dass auch die dahin eilen und sich wie Bienen auf den Honig stürzen. Das ist doch die Gelegenheit, alle acht Völker auf einen Schlag zu erledigen! Wir sind doch für die bloß wandelnder Abschaum. Für uns bleibt später noch Zeit, oder? Deshalb glaube ich, dass wir ungestört zum Undurchdringlichen Hort gelangen, vorausgesetzt, die Götter täuschen den, der getäuscht werden möchte.«
»Hm, das stimmt«, meinte Ametista. Sie lief entschiedenen Schrittes neben ihm her, dass der Saum ihres weißen Kleides über ihren langen dunklen Beinen auf und ab wippte. Morosilvo musste zugeben, dass sie jedem von ihnen das Wasser reichen konnte, auch wenn sie kein Mann war. Er würde seine Ansichten über Frauen wohl einmal kräftig überdenken müssen.
»Aber denk daran, dass ich geschworen habe, dich zu töten, und davon werde ich nicht abgehen«, sagte die Faunin weiter und brachte ihn damit auf den Boden der Tatsachen zurück. Seine Ansichten über die Frauen waren wohl doch nicht so falsch. Das waren grausame und rachsüchtige Geschöpfe, denen man nicht trauen konnte, und er war heilfroh darüber, dass er bislang nur selten mit ihnen zu tun hatte. Umso weniger behagte es ihm, dass er nun mit einer Frau auskommen musste.
»Ich schätze, du lässt nicht mit dir reden, ob wir die Sache nicht einfach begraben könnten«, sagte er und seufzte.
Ametista lachte höhnisch auf. »Wenn du meinst, wir sollten dich begraben, könnte ich es in Erwägung ziehen, sonst wohl kaum. Ich lege sehr viel Wert darauf, dass man weiß, wie ich meine Versprechen halte.«
Morosilvo schüttelte den Kopf und seufzte. »Ich hasse Leute, die ihre Versprechen halten«, knurrte er. »Vor allem dann, wenn sie geschworen haben, mich umzubringen. Ich habe noch nie zu meinem Wort gestanden. Wozu soll das gut sein? Es nützt doch gar nichts, Versprechungen zu machen, wenn man sie hinterher auch halten muss. Das ist absolut sinnlos.«
Ametista starrte ihn lange an. Ihre großen violetten Augen blickten beunruhigend intensiv, aber zum Glück war nichts von dem hypnotischen Funkeln zu sehen, das Morosilvo zu seinem Leidwesen schon kennengelernt hatte. Dann lachte sie unterdrückt und warf ihre violetten Locken nach hinten.
»Du bist schon ein widerwärtiger Bastard, Morosilvo Dan Na’Hay«, meinte sie. »Wenn du mich nicht tödlich beleidigt hättest, könntest du mir richtig gefallen. Aber leider hast du es getan
und diese Schmach kann nur mit Blut abgewaschen werden. Wohlgemerkt mit deinem.«
Morosilvo schnaubte heftig. »Die Vorstellung, mein Blut könnte reinigende Eigenschaften haben, ist irgendwie beunruhigend. Könntest du es nicht zuerst mit Asche versuchen? Soll angeblich funktionieren.«
Ametista würdigte ihn keiner Antwort. Sie beschleunigte ihren Schritt und überholte ihn. Morosilvo sah ihr hinterher und beobachtete sie, während sie ein Gespräch mit Arinth anfing. Auch ihm hätte sie gefallen können, wenn sie nicht so dumme Angewohnheiten hätte, wie ihn zu hypnotisieren und mit seiner Hilfe den Magus auszuspionieren. Oder etwa seinen Tod zu wünschen. Was er von keinem anderen weiblichen Wesen sagen konnte, das ihm bislang über den Weg gelaufen war.
Er beschloss, dass er nicht weiter darüber nachdenken wollte. Schließlich hatte er ganz andere Sorgen, zum Beispiel, wie man die Welt retten und trotzdem überleben konnte.
Als wollte jemand ihre sowieso schon unangenehme Lage noch verschlimmern, rollte nun ein kräftiger Donner über den wolkenverhangenen Himmel und dichter, feiner Regen setzte ein. Morosilvo fluchte, zog sich die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und versuchte mit wenig Erfolg, alle seine zerzausten Haare darunter zu verbergen. Je weiter sie nach Norden vordrangen, desto schmaler und ungepflegter wurden die Straßen. Wenn es jetzt zu regnen anfing, würde es nicht lange dauern und sie mussten durch den reinsten Sumpf marschieren. Die Vorstellung, durch Schlamm stapfen zu müssen, bis sie irgendeinen finsteren Wald im Goblinwald erreichten, wo ihnen eine schicksalhafte Begegnung bevorstand, begeisterte ihn wenig. Er ging etwas schneller, um Pelcus einzuholen, der nun beschlossen hatte,
Weitere Kostenlose Bücher