The Innovator's Dilemma
Informationstechnologie, Telekommunikation und elektronische Konsumgüter, schätzten den Markt auf 40 Millionen im Jahre 2005. Tatsächlich wurden in diesem Jahr mehr als 80 Millionen Digitalkameras verkauft – mehr als doppelt so viele wie prognostiziert. Angesichts solcher Unsicherheiten überrascht es kaum, wenn Unternehmen zögern, früh in eine disruptive Innovation zu investieren. Die Versuchung ist groß, eine . „wait and see“-Strategie zu fahren, dabei Konkurrenten den Vortritt zu lassen und – falls der Markt wirklich attraktiv ist – später einzusteigen. Das mag bei entsprechender Finanzstärke und Entwicklungskompetenz im Falle evolutionärer Technologien gut funktionieren, nicht aber bei disruptiven. Hier ist der . „First-Mover-Advantage“ entscheidend. Dort, wo etablierte Unternehmen durch eine disruptive Innovation scheitern, zögert man vielfach den Markteintritt hinaus, bis es zu spät ist und andere den Markt besetzen. So ging es auch Leica. Im Jahre 2004 war der Digitalkameramarkt bereits in festen Händen. Trotz zweistelliger Zuwachsraten klagten die meisten japanischen Anbieter bereits über sinkende Gewinne 43 . Um dem Preiskampf zu entgehen, weicht man auf ein Segment aus: Hochwertige Digitalkameras mit Spiegelreflex-Technik.
Leicas Kernkompetenzen in der analogen Fotografie als Schwächen in der Digitaltechnik
Das Potenzial eines Unternehmens steckt in seinen Prozessen und in seinen Werten. Der Mythos der Marke Leica beruhte vornehmlich in der Entwicklungskompetenz. Qualität war die oberste Maxime, . „Leidenschaft und Perfektion für das bessere Bild“ ein zentraler Leica-Wert. Das spiegelt sich auch in internen Prozessen wider. . „Dass ein 50 Jahre altes Design, das auf einem mittlerweile historisch gewordenen Fertigungsverständnis basiert, überhaupt noch in so überragender Präzision produziert werden kann, ist eine bemerkenswerte Leistung von Leica. Einzig die Uhrenmanufaktur verfährt ebenfalls noch nach dieser Philosophie.“ 44 Aus über 900 Einzelteilen bestehend, die oft nicht dem Industriestandard entsprachen, wurde die Leica M3 in Deutschland vollständig gefertigt und von Hand montiert. Leica-Kameras sind nicht im Elektrofachmarkt oder im Onlinehandel erhältlich – sie werden nur über exklusive Vertragshändler, in Shop-in-Shop Lösungen oder über eigene . „Flagship-Stores“ verkauft. Der Kundenservice ist einzigartig: Für den Fall, dass ein allzu vorsichtiger Leicanianer sein Sammlerstück im Tresor aufbewahrt mit der Folge, dass Schmiermittel verharzen und austrocknen können, holt Leica die Kamera zu Hause ab.
Mit der Digitaltechnik schaltet die Branche plötzlich auf ein ähnliches Tempo wie die Computerindustrie. Kurze Produktlebenszyklen, stark fallende Preise und geringe Gewinnmargen passen aber nicht zu den Prozessen und den Werten des Unternehmens. Dazu Ralf Coenen, Leica-Vorstandsvorsitzender 2005: . „Die Marktmechanismen, die in diesem Segment derzeit gelten, befremden mich eher. Sie passen weder zu uns, noch zu den meisten unserer Kunden.“ 45 Die einstigen Stärken von Leica erweisen sich jetzt, bezogen auf die Marktdynamik, im Zuge der Digitaltechnologie als Hindernis.
Die rasante Entwicklung der Digitaltechnik überholt die analoge Fotografie
Was hat Leica falsch gemacht? Lange erfüllte die Digitaltechnologie nicht die hohen Qualitätsanforderungen der Leicanianer. Unter den Kunden sah man kein ausreichendes Umsatzpotenzial für die neue Technologie. Die Marktprognosen sind zudem von großer Unsicherheit gekennzeichnet – nicht nur jene von Leica, auch führende Marktforschungsunternehmen schätzten die Entwicklungen falsch ein. Werte wie Tradition, Langlebigkeit und Exklusivität passten nicht zu den extrem kurzen Lebenszyklen, den niedrigen Margen und dem zusehends einsetzenden Preiswettbewerb im Digitalmarkt. Dies alles führte bei Leica zu einer Position des Wartens. Die rasante Qualitätsverbesserung der Digitaltechnologie erreichte bald den Standard im High-End-Markt. Spätestens 2002 überholte die Digitaltechnik mit einer Auflösung von 10 –12 Megapixeln die Qualität der Filmfotografie. Sobald Leica das begriffen hatte, war der Markt schon besetzt. Nach sieben Vorstandswechseln seit 2004 versucht Leica nun verlorenes Terrain aufzuholen 46 und ändert dabei auch die eigene Geschäftslogik 47 .
Leicas Neuausrichtung
Als Andreas Kaufmann, Hobbyfotograf und Spross einer
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