The Stand. Das letze Gefecht
Laut aus und deutete in die Luft. Larry sah hektisch hoch und glaubte zuerst, der Junge habe ein Flugzeug gesehen. Dann rief Nadine: »Nicht der Himmel, die Scheune!« Ihre Stimme klang belegt und gepreßt vor Aufregung. »An der Scheune! Gott sei Dank, dass wir dich haben, Joe. Wir hätten es nie gesehen!«
Sie ging zu Joe und nahm ihn in die Arme. Larry wandte sich zur Scheune, wo sich große weiße Buchstaben deutlich von dem verwitterten Schindeldach abhoben.
SIND NACH STOVINGTON, VT. SEUCHENZENTRUM
Darunter standen Wegbeschreibungen. Und ganz unten:
ABFAHRT VON OGUNQUIT AM 2. JULI 1990
HAROLD EMERY LAUDER
FRANCES GOLDSMITH
»Mein lieber Mann, der muß mit dem Hintern ganz schön hoch im Wind gehangen haben, als er die letzte Zeile geschrieben hat«, sagte Larry. »Das Seuchenzentrum«, sagte Nadine, ohne ihn zu beachten. »Warum habe ich daran nicht gleich gedacht? Ich habe vor nicht mal drei Monaten in der Sonntagsbeilage einen Artikel darüber gelesen! Dorthin sind sie also!«
»Wenn sie noch leben.«
»Noch leben? Natürlich leben sie noch. Am 2. Juli war die Seuche vorbei . Und wenn sie auf das Scheunendach steigen konnten, waren sie nicht krank.«
»Einer der beiden muß jedenfalls ganz schön munter gewesen sein«, stimmte Larry zu und spürte, wie sich eine fast widerwillige Aufregung in seinem Magen ausbreitete. »Wenn ich daran denke, daß ich selbst durch Vermont gefahren bin.«
»Stovington liegt ein ganzes Stück nördlich des Highway 9«, sagte Nadine, die immer noch zur Scheune sah, abwesend. »Trotzdem müssen sie inzwischen dort sein, Larry. Der 2. Juli war heute vor zwei Wochen.« Ihre Augen glänzten. »Glauben Sie, es sind noch andere im Seuchenzentrum, Larry? Wäre doch möglich, meinen Sie nicht auch? Dort weiß man doch alles über Quarantäne und sterile Kleidung. Die Leute arbeiten bestimmt an einem Gegenmittel, oder?«
»Ich weiß nicht«, sagte Larry vorsichtig.
»Ganz bestimmt«, sagte sie ungeduldig und ein wenig aufgebracht. Larry hatte sie noch nie so erregt gesehen, nicht einmal als Joe seine erstaunliche Darbietung von Mimikry auf der Gitarre vorgeführt hatte. »Ich wette, Harold und Frances haben Dutzende Leute getroffen, vielleicht Hunderte . Wir brechen sofort auf. Der kürzeste Weg...«
»Warten Sie«, sagte Larry und faßte sie an den Schultern.
»Was heißt warten? Wissen Sie überhaupt...«
»Ich weiß, daß die Nachricht zwei Wochen darauf gewartet hat, dass wir vorbeikommen, und sie kann noch ein wenig länger warten. Zuerst werden wir essen. Und der gute Joe, der süchtige Gitarrenspieler, schläft schon im Stehen ein.«
Sie drehte sich um. Joe blätterte wieder in dem Sex-Magazin, aber sein Kopf sank herab, und die Augen, unter denen dunkle Ringe lagen, blinzelten glasig.
»Sie haben doch gesagt, daß er gerade eine Infektion überstanden hat«, sagte Larry. »Und Sie haben auch eine weite Reise hinter sich... ganz zu schweigen davon, daß Sie unseren blauäugigen Gitarristen verfolgen mußten.«
»Sie haben recht... daran habe ich nicht gedacht.«
»Er braucht ein gutes Essen und Schlaf.«
»Sicher. Joe, es tut mir leid. Das war dumm von mir.«
Joe grunzte verschlafen und weitgehend desinteressiert. Bei dem, was Larry als nächstes sagen wollte, spürte er einen dicken Kloss Angst im Hals, aber es mußte gesagt werden. Wenn er es nicht sagte, würde es Nadine tun, sobald sie Ruhe zum Nachdenken hatte... und außerdem wurde es Zeit, herauszufinden, ob er sich wirklich so sehr geändert hatte, wie er glaubte.
»Nadine, können Sie fahren?«
»Fahren? Sie meinen, ob ich einen Führerschein habe? Ja, aber ein Auto wäre bei den vielen Hindernissen auf der Straße unpraktisch, oder nicht? Ich meine...«
»Ich hatte nicht an ein Auto gedacht«, sagte er, und Ritas Bild, wie sie hinter dem geheimnisvollen Mann auf dem Soziussitz saß (in seiner Vorstellung wahrscheinlich die symbolische Darstellung des Todes), erschien plötzlich vor seinem inneren Auge: Beide waren dunkel und bleich und rasten auf einer riesigen Harley auf ihn zu, wie unheimliche apokalyptische Reiter. Bei diesem Gedanken wurde sein Mund trocken, und seine Schläfen pochten, aber er sprach mit ruhiger Stimme weiter. Jedenfalls schien Nadine nichts zu bemerken. Seltsamerweise war es Joe, der aus seinem Halbschlaf zu ihm aufsah und eine Veränderung festzustellen schien.
»Ich dachte an Motorräder. Wir könnten mit weniger Anstrengung längere Strecken zurücklegen und sie
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