The Stand. Das letze Gefecht
trat. Es würde spät werden, und plötzlich wünschte sie sich, sie wären in der Wohnung, nur sie beide. Es lag nicht nur an der Müdigkeit und auch nicht nur am Gefühl von Heimweh. Sie wollte plötzlich nicht mehr in diesem Haus sein. Es gab keinen Grund für das Gefühl, aber es war stark. Sie wollte raus. Sie wollte sogar, dass alle rausgingen. Ich habe gerade meine fröhlichen Gedanken für den Abend verloren, dachte sie. Schwangerschaftsdepression, mehr nicht.
»Das Gesetzes-Komitee hat letzte Woche vier Sitzungen abgehalten«, sagte AI, »und ich will mich so kurz wie möglich fassen. Wir haben uns als System für eine Art Tribunal entschieden. Mitglieder werden durch eine Lotterie bestimmt, so wie früher junge Männer eingezogen wurden...«
»Zisch! Buuuh!« sagte Susan, was freundschaftliches Gelächter erntete.
AI lächelte. »Aber, wollte ich hinzufügen, der Dienst in diesem Tribunal dürfte für die Auserwählten wesentlich erträglicher sein als für diejenigen, die dienen mußten. Das Tribunal soll aus drei Erwachsenen bestehen - achtzehn und darüber -, die sechs Monate berufen werden. Ihre Namen werden aus einer großen Trommel gezogen, die die Namen aller Erwachsenen in Boulder enthält.«
Larry winkte mit der Hand. »Gibt es Ablehnungs- oder Entschuldigungsgründe?«
AI runzelte die Stirn ob dieser Unterbrechung und sagte: »Darauf wollte ich gerade kommen. Es müßte...«
Fran regte sich unbehaglich, und Sue Stern zwinkerte ihr zu. Fran zwinkerte nicht zurück. Sie hatte Angst - Angst vor ihrer eigenen unbegründeten Furcht, falls so etwas möglich war. Woher kam dieses erstickende Gefühl der Klaustrophobie? Sie wußte, man sollte gar nicht auf unbegründete Gefühle achten... jedenfalls in der alten Welt. Aber was war mit Tom Cullens Trance? Mit Leo Rockway?
Raus hier , schrie ihre innere Stimme plötzlich. Schaff sie alle hier raus!
Aber es war verrückt. Sie reckte sich noch einmal und beschloß, nichts zu sagen.
»...eine kurze Begründung der Person geben, die sich entschuldigen möchte, aber ich glaube nicht...«
»Jemand kommt«, sagte Fran plötzlich und stand auf. Es folgte eine Pause. Sie konnten alle Motorräder hören, die rasch auf der Baseline in ihre Richtung kamen. Hupen erklangen. Und plötzlich lief Frannies Panik über.
»Hört zu«, sagte sie, »alle!«
Überraschte, besorgte Gesichter drehten sich zu ihr um.
»Frannie, bist du...« Stu wollte auf sie zukommen. Sie schluckte. Ihr war, als hätte sie eine schwere Last auf der Brust, die sie erstickte. »Wir müssen hier raus. Auf... der Stelle. «
Es war acht Uhr fünfundzwanzig. Das letzte Licht war vom Himmel verschwunden. Es war Zeit. Harold setzte sich etwas gerader hin und hielt das Walkie-talkie an den Mund. Sein Daumen ruhte leicht auf der Sendetaste. Es würde sie alle zur Hölle sprengen, wenn er sie drückte und sagte...
»Was ist das?«
Nadines Hand an seinem Arm lenkte ihn ab; sie deutete in die Nacht. Tief unten schlich eine helle Lichterkette die Baseline hinauf. In der Ferne hörten sie das entfernte Dröhnen von vielen Motorrädern. Harold verspürte leichte Unruhe, schüttelte sie ab.
»Laß mich«, sagte er. »Jetzt ist es soweit.«
Ihre Hand fiel von seiner Schulter. Ihr Gesicht war ein weißer Fleck in der Dunkelheit. Harold drückte die Sendetaste.
Sie wußte nicht, ob die Motorräder oder ihre Worte die anderen in Bewegung setzten. Aber sie bewegten sich nicht schnell genug. Das würde ihr immer auf der Seele liegen; sie bewegten sich nicht schnell genug.
Stu war als erster draußen; das Dröhnen wurde ohrenbetäubend. Sie kamen mit gleißenden Scheinwerfern über die Brücke, die den ausgetrockneten Wasserlauf an Ralphs Haus überspannte. Stu griff nach der Waffe.
Hinter ihm ging die Tür auf, und er drehte sich in Erwartung von Frannie um. Sie war es nicht; es war Larry.
»Was ist los, Stu?«
»Ich weiß nicht. Aber wir sollten uns besser bereithalten.«
Dann fuhren die Motorräder in die Einfahrt, und Stu entspannte sich etwas. Er sah Dick Vollman, den jungen Gehringer, Teddy Weizak und andere, die er kannte. Jetzt konnte er sich eingestehen, was seine größte Angst gewesen war: daß die grellen Scheinwerfer und brüllenden Motoren die Vorhut von Flaggs Streitkräften sein könnten, daß der Krieg begonnen hatte.
»Dick«, rief Stu. »Was denn?«
»Mutter Abagail!« brüllte Dick über den Motorradlärm hinweg. Immer mehr Motorräder fuhren auf den Hof, und die
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