The Volunteer. Erinnerungen eines ehemaligen IRA-Terroristen (German Edition)
Nordirland wurden allesamt von protestantisch-paramilitärischen Loyalisten ermordet. Die Polizisten der protestantischen Royal Ulster Constabulary verbergen in ihren Reihen nicht nur Mörder unschuldiger Katholiken, sondern auch die Heckenschützen, die kürzlich gezielte Todesschüsse auf unbewaffnete IRA- oder INLA-Freiwillige feuerten. Der britische Polizeihauptkommissar John Stalker ermittelte in diesen Mordsachen, bis der Geheimdienst sich ihm in den Weg stellte.
Das Verhalten der IRA beschreibt man üblicherweise als Terror und Gewalt. Jedoch haben die Streitkräfte der britischen Regierung ebenfalls Taten begangen, die man als Terror und Gewalt bezeichnen muss, wie etwa am Bloody Sunday 1972 und danach, und viele umstrittene Morde und Schießereien gehen eindeutig auf ihr Konto. Vor kurzem hat der britische Premierminister Geschichte gemacht, als er zugab, dass die dreizehn Bürgerrechtsmarschierer, die am Bloody Sunday von den Fallschirmjägern der britischen Armee erschossen wurden, unschuldige Zivilisten waren. Das war das erste Mal, dass die britische Regierung zugab, dass sie eine Abscheulichkeit begangen hatte, die man mit der Schreckenstat der IRA in Enniskillen vergleichen kann. Dort gab es ein tödliches Bombenattentat auf Unschuldige, die sich zu einer Gedächtnisveranstaltung für die Kriegsgefallenen versammelt hatten, und in Birmingham fielen einundzwanzig unschuldige abendliche Barbesucher einem Sprengstoffanschlag zum Opfer. Da so viele Leute als Reaktion auf den Bloody Sunday in die IRA strömten, muss sich Großbritannien für seinen Anteil an der Verantwortung für das Erstarken der IRA und ihrer fünfundzwanzigjährigen beharrlichen Präsenz in der Verantwortung sehen. Es gibt zahlreiche Beweise für das verdeckte Zusammenspiel der britischen Sicherheitskräfte und der protestantisch-paramilitärischen Loyalisten, die beide gezielt ausgesuchte Personen in Nordirland umgebracht und Anschläge auf Ziele in der Republik Irland ausgeführt haben. Man hat einen Offizier der britischen Spezialeinheit SAS als den Schützen identifiziert, der in der Republik Irland einen IRA-Offizier erschoss, bevor er selbst von der IRA gefasst und erschossen wurde. Alles dies und die Vorfälle, bei denen die überreizte SAS unbewaffnete IRA-Freiwillige in Gibraltar und an weiteren Orten erschoss, ergibt zusammen mit den Fehlurteilen und Haftstrafen bis zu fünfzehn Jahren, die in England gegen unschuldige Iren verhängt wurden, ein unrühmliches Kapitel der britischen Geschichte in Irland.
Wie der Zeitraum eines Vierteljahrhunderts gezeigt hat, wird man die IRA nicht mit einer sogenannten verschärften Sicherheitspolitik einer britischen Regierung in Nordirland zerschlagen können. Die protestantisch-loyalistische Bevölkerung Nordirlands wird sich erst recht nicht von IRA-Terror beherrschen oder besiegen lassen. Und die Briten werden sich ganz sicher nicht durch die Flohbisse der IRA in ihr eigenes Land zurückdrängen lassen. Solange sich nicht alle am Nordirlandkonflikt Beteiligten bereit erklären, miteinander über einen dauerhaften Frieden zu verhandeln, solange wird es dauerhaften Krieg in Nordirland geben, der sich hier und da bis in andere Teile Großbritanniens und Irlands erstrecken wird.
Die längste Ruhepause vom Terror, die die Bevölkerung Nordirlands bisher gehabt hat, war der Waffenstillstand von 1974/75, als die britische Regierung zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren direkt mit der IRA Gespräche über einen Weg zum Frieden führte. Es waren protestantische Kirchenvertreter, die damals außer dem Einfluss des Evangeliums keine weitere Ermächtigung brauchten, um den Waffenstillstand zu initiieren. Die britische Regierung argumentiert, man könne mit denen, die Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele anwenden, (womit sie einzig die IRA meint), nicht verhandeln. Das ist jedoch ausgesprochen scheinheilig angesichts der vielen britischen Gewalttaten, mit deren Hilfe die britische Nordirlandpolitik durchgesetzt wird, und auch angesichts der Gesprächsrunden, die bereits stattgefunden haben.
Keiner der Beteiligten hat das Recht, jegliche moralische Rechtfertigung eigenmächtig an sich zu reißen und von sich zu behaupten, er sei zu gut, um mit den anderen zu reden. Jeder von ihnen hat seit Generationen blutbefleckte Hände; jeder ist dafür verantwortlich, dass weiteres Töten verhindert und die Lebensqualität in Nordirland wie an allen weiteren betroffenen Orten vor
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