Theo Boone - Der Überfall: Band 4 (Heyne fliegt) (German Edition)
modernen Zivilisation zu erleben, und das wollte er nicht dadurch verderben, dass die Eltern stündlich darüber informiert werden mussten, was die Pfadfinder trieben. Der Major hatte auch nichts für penetrante Eltern übrig, die Ansprüche stellten und für ihre einzigartigen kleinen Prinzen eine Sonderbehandlung verlangten.
Daher wussten Theos Eltern noch nichts von dem dramatischen Schlangenbiss. Als er fertig gegessen hatte und Judge den Teller auslecken ließ, erzählte Theo ihnen die Geschichte.
Seine Mutter war entsetzt, während sein Vater sich darüber amüsierte. Die beiden kannten weder Percy noch seine Eltern, und Theo schilderte in leuchtenden Farben, was für ein Versager der Junge war. Dann berichtete er von seiner nächtlichen Besprechung mit dem Major und schloss mit der Nachricht, dass er für die nächsten beiden Monate als Leiter der Sippe Falke suspendiert war.
» Das ist ja völlig überzogen«, sagte seine Mutter. Sein Vater schien ihrer Meinung zu sein. Eine halbe Stunde lang erörterten sie, oft recht hitzig, das Für und Wider von Theos Verhalten und der Entscheidung des Majors.
» Ich glaube, ich höre bei den Pfadfindern auf«, verkündete Theo irgendwann.
Seine Eltern verstummten.
» Der Major denkt, eine Pfadfindersippe funktioniert wie eine Einheit der Marines, wo Befehlen sofort Folge geleistet wird«, fuhr Theo fort. » So läuft das aber nicht. Wir sind nicht so diszipliniert wie die. Ich kann nicht einfach Befehle brüllen und Leute herumkommandieren. Nichts, was ich hätte sagen oder tun können, hätte Percy von der Schlange ferngehalten. Ich finde die Strafe zu hart und ungerecht.«
» Da bin ich deiner Meinung«, sagte seine Mutter.
» Das mag schon stimmen«, erwiderte sein Vater, » aber ich finde, jetzt aufzuhören, wäre eine Überreaktion. Du fühlst dich bei den Pfadfindern wohl, Theo. Du bist auf dem besten Weg zum Eagle Scout. Es wäre doch schade, das jetzt alles wegen eines Zwischenfalls über Bord zu werfen.«
» Dein Vater hat recht, Theo. Aufgeben ist keine Lösung. Das Leben ist nicht fair, und du kannst nicht jedes Mal kneifen, wenn du etwas ungerecht findest.«
» Aber ich habe nichts falsch gemacht«, protestierte Theo. » Der ganze Zwischenfall hat nur Sekunden gedauert. Ich hätte das nicht verhindern können.«
» Na und?«, fragte sein Vater. » Dein Gruppenleiter denkt anders darüber. Er ist der Anführer, der Chef, ein Mensch, den du sehr bewunderst, und der viel von dir hält. Ich bin mir sicher, Major Ludwig würde dich nie ungerecht behandeln, Theo. Und auch sonst niemanden.«
» Theo, du hast selbst oft genug gesagt, dass sich dein Trupp glücklich schätzen kann, so einen tollen Leiter zu haben«, setzte seine Mutter hinzu. » Diesmal bist du anderer Meinung als er. Er ist bei diesen Wochenendausflügen für vierzig Jugendliche oder mehr verantwortlich. Das ist eine enorme Belastung, die Major Ludwig Monat für Monat auf sich nimmt. Das wäre für jeden ein gewaltiger Druck. Jetzt ist ein Junge zu Schaden gekommen, und wenn so etwas passiert, ist letztendlich immer der Leiter verantwortlich. Percys Eltern werden dem Major die Schuld geben, dem ganzen Trupp und vermutlich dem gesamten amerikanischen Pfadfinderverband.«
» Wahrscheinlich werden sie irgendwen verklagen«, schob Mr. Boone schnell ein.
Aber Mrs. Boone war noch nicht fertig. » Denk an das nächste Mal, Theo. An das nächste Mal, wenn eine Gruppe Pfadfinder bei einer Waldwanderung auf eine Giftschlange stößt. Dann werden sie sich an diesen Zwischenfall erinnern. Die Sippenleiter werden sofort den Rückzug antreten, und keinem passiert was.«
So leicht gab Theo sich nicht geschlagen. » Oder Percy ist wieder dabei und lässt sich auf die nächste Schlange plumpsen.«
Mr. Bonne hob seine Zeitung und wollte offenkundig dringend weiterlesen. » Aufgeben ist keine Lösung, Theo. Halt durch, leg dir ein dickes Fell zu, arbeite doppelt so fleißig an deinen Verdienstabzeichen und zeig dem Major, dass du mit der Bestrafung umgehen kannst.« Damit verschwand er hinter dem Sportteil.
Mrs. Boone hatte ein bisschen mehr Verständnis, aber nicht viel. » Wenn du aufgibst, wirst du das dein Leben lang bereuen, Theo«, sagte sie. » Du bist nur einmal jung und kannst nur einmal ein guter Pfadfinder werden. Bis jetzt hat es dir großen Spaß gemacht und es war eine tolle Erfahrung, das darfst du dir durch ein einziges negatives Erlebnis nicht verderben lassen. Dein Vater und ich
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