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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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zwischen den nahen Häusern durchschimmerte, verriet Thorn, allmählich brach der Abend herein, und die Nacht würde ein schwarzes Cape über das Land legen, auf dass es bis zum kommenden Morgen, wenn die Sonne wieder gleißend erschien, Kraft schöpfen möge. Diese Rechnung, aufgestellt am Anfang der Zeit, ging nicht mehr auf, mittlerweile war es nachts kaum weniger hell als am Tag. Reklametafeln, Autoscheinwerfer und Straßenlaternen sorgten für Lichtemissionen, die jedem passionierten Astronom kalte Schauder über den Rücken jagten. Und der Lärmpegel stand dem Tag sowieso in nichts nach, sei es, dass er von den Straßen kam, den Gleisen oder aus der Luft.
    Unruhig veränderte Thorn ihre Sitzposition. Allmählich begann ihr Hintern zu brennen. Schon seit über einer Stunde wartete sie auf dem Schrottplatz auf Bruno.
    Das miserable Gefühl, das sie bei diesem Rendezvous hatte, gefiel ihr weder, noch war es von der Hand zu weisen. Das Fahrzeug, in dem sie saß, war nicht ihr gepanzerter Geländewagen, sondern ein gemieteter Chrysler. Nicht unbedingt vertrauenserweckend, wenn man auf Vampirjagd ging. Mehr noch: Ringsherum türmten sich im fahlen Licht des zu Ende gehenden Tages die Berge von Schrott auf: ideale Schusspositionen! Geradezu geschaffen für einen fiesen Hinterhalt. Satan persönlich mochte wissen, wer sich darin verbarg und sie als Deckung missbrauchen würde.
    Automatisch wanderte ihr Blick auf den Rücksitz des Fahrzeugs, wo griffbereit ihre Schwerter lagen. Ihre Pistole hatte sie selbstverständlich ebenfalls nicht vergessen.
    Nein, sagte sie sich mit einem stillen Kopfschütteln. Wahrscheinlich bestand überhaupt kein Anlass zur Sorge und sie wurde allmählich bloß paranoid. Gewundert hätte es sie nicht bei ihrem Lebenswandel.
    Es dauerte noch einige weitere Stunden, die Thorn mit Rauchen und Comics lesen verbrachte, bis im Zwielicht von Licht und Schatten die Silhouette einer übergewichtigen Gestalt auftauchte und sie jäh aus ihren Gedanken riss.
    Wie von allein zog Thorns Rechte die Pistole und legte sie griffbereit in ihren Schoß. Es mochte Bruno sein, der sich ihr mit schleppenden Schritten näherte, vielleicht aber auch nicht. Sie hatte nicht wegen ihrer Nachlässigkeit so lange überlebt.
    Mehrfach blickte sich der Mann zu allen Seiten um, als wolle er sich vergewissern, keine Verfolger mitgebracht zu haben. Das schlechte Gewissen war ihm selbst von weitem anzusehen.
    Es war tatsächlich der Lamier, stellte Thorn fest, je näher Bruno kam. Ohne dass sie deshalb Entwarnung gegeben hätte.
    Ihr fiel auf, er stand gut im Futter. Seit ihrer letzten Begegnung hatte er deutlich zugelegt, mindestens zwanzig Kilo. Sein XXXL-T-Shirt mit dem Sailor Moon-Aufdruck spannte um den Bauch, die Cord-Hosen dafür um die Oberschenkel, als sei es nur eine Frage der Zeit, bis sie platzen würden. Sein Gesicht wirkte aufgedunsen, die Wangen ähnelten denen eines Backenhörnchens. Offenbar bot Melaten genügend Getier Platz, um einen Lamier zu ernähren.
    Auf Brunos Stirn hatten sich Geheimratsecken gebildet, dafür trug er das Haar bis in den halben Rücken. Davon konnte man auf den ersten Blick jedoch nichts erkennen, denn er trug - wie nahezu immer - einen Hut, der aussah, als habe er ihn weiland einem Gestapo-Mann aus dem Sarg gestohlen.
    Auf den ersten, oberflächlichen Blick ähnelte Bruno einem in die Jahre gekommenen arbeitslosen Single aus Leidenschaft (weil er ohnehin keine Frau abbekam). Und er hatte keine Zähne. Die brauchte er auch nicht, da er sich sowieso vorwiegend von Chips, Hamburgern und Cola ernährte. Die Spitze seines Selbstbetrugs bestand wahrscheinlich darin, er wäre nie müde geworden, zu behaupten, es gehe ihm ‚blendend‘.
    Mit einem Ruck öffnete er die Beifahrertür, sein massiger Körper schlüpfte flinker durch den Spalt, als man es ihm zutraute. Eine heftige Erschütterung ging durch den Chrysler, als er sich in den Sitz fallen ließ, doch die Stoßdämpfer hielten.
    Thorns Finger entsicherte die Waffe, deren Mündung wie zufällig auf den Lamier zeigte. Nur für alle Fälle. „Und?“
    Bruno war außer Atem. Tief holte er Luft. „War gar nicht so leicht, was rauszufinden.“
    „Aber du warst erfolgreich“, vermutete sie.
    „Nicht wirklich“, wehrte er ab. „Ist nicht viel dabei rausgekommen. Um mehr zu erfahren, brauche ich Zeit.“
    Zeit, die Thorn nicht hatte. Mit einem Nicken bedeutete sie ihm, trotzdem zu berichten. Momentan klammerte sie sich notgedrungen an die

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