Tiefe
außerdem spendiert er opulente Essen und viel zu saufen.«
Er winkte Sara Fredrika zu. »Ich verstehe, warum sie sich aufgeregt hat«, sagte er. »Richten Sie ihr einen Gruß aus und bitten sie um Entschuldigung. Wir werden euch in Frieden lassen. Ich werde Hultman ausrichten, daß die Schäre besetzt ist.«
Mertsgren hakte die beiden Frauen unter und kehrte zu den Jollen zurück. Der Mann mit der Kamera war im Begriff, Lederriemen um sein Stativ zu wickeln. Lars Tobiasson-Svart-man betrachtete die Kamera.
Der Mann nickte. »Ein Wunderwerk«, sagte er. »Etwas, worum uns die Priester beneiden können.«
Er hob das Stativ auf die Schulter. »Wollen Sie nicht wissen, was ich damit meine?«
»Natürlich will ich das wissen.«
»Ich halte das ganze Mysterium des Lebens in der Hand. Ich kurbele und bestimme das Tempo der menschlichen Bewegungen. Mit der Kamera enthüllen wir Geheimnisse, die nicht einmal das Auge wahrnehmen kann. Ein galoppierendes Pferd hat nachweislich alle vier Hufe gleichzeitig in der Luft, das hat die Kamera enthüllen können. Wir sehen mehr als das Auge. Aber wir bestimmen auch, was wir andere sehen lassen.«
Er hob die Kamera und ließ den Blick zwischen Sara
Er lächelte. »Ich weiß eigentlich nicht, wie ich dazu gekommen bin«, sagte er. »Zunächst war ich Photograph, mit einem sehr einfachen Atelier. Dann hörte Hultman von mir, und jetzt stehe ich hier auf einer Klippe mit einer Filmkamera und einer wahnsinnigen Idee von einem Tableau, das auf Wunsch des Nagelkerls >Der Teufel auf Badeurlaub< heißen soll. Aber es hat meinen Blick geschärft, das muß ich immerhin zugeben.«
»In welcher Weise?«
Der Mann legte den Kopf schief, ein Schatten zog über sein Lächeln. »Ich kann zum Beispiel sehen, daß Sie kein Fischer sind. Wer Sie sind und was Sie hier machen, weiß ich nicht. Aber ein Fischer? Das sind Sie nicht.«
Vorsichtig begann er mit seiner Last hinunter zum Wasser zu gehen. Lars Tobiasson-Svartman kam es so vor, als wäre das Stativ ein Stück von einem abgebauten Kreuz, das der Kameramann schleppen mußte.
Dieser blieb stehen und drehte sich um. »Vielleicht sind Sie ein guter Stoff für einen Film. Ein entlaufener Verbrecher, jemand, der vor seinen Schulden geflohen ist. Was weiß ich?«
Er wartete nicht auf eine Antwort. Die erste Jolle war schon auf dem Weg zur Lustjacht. Die weißgekleideten Frauen lachten, es klirrte von Flaschen. Lars Tobiasson-Svartman kehrte zu Sara Fredrikazurück.
»Was waren das für Menschen? Diese Frauen, die ihre Augen unter Hüten verbargen. Ich mochte sie nicht. Und Schwänze sind für Tiere da, nicht für Menschen.«
»Es ist nur Theater. Ein Teufel, der herumspringt, sonst nichts.«
»Was haben sie hier gemacht?« der fortgetrieben. Strandgut, das nicht einmal zum Feuermachen taugt.«
»Schwänze sind für Tiere«, wiederholte sie. »Schwänze sind nicht für Menschen.«
Am Nachmittag stieg er wieder auf den Berg, mit dem Feldstecher in der Hand. Die Lustjacht Goeben war verschwunden. Er suchte den ganzen Horizont ab, ohne sie zu entdecken.
Der Kameramann hatte direkt durch ihn hindurchgesehen. Er versuchte abzuschätzen, ob das eine Gefahr bedeutete.
Er fand keine.
Eines Nachts weckte sie ihn aus einem Traum. Kristina Tacker hatte vor ihm gestanden, sie hatte geredet, ohne daß er verstehen konnte, was sie sagte.
Er zuckte zusammen und setzte sich auf. »Ich glaube, das Kind ist schon unterwegs. Es bewegt sich, es spannt im Körper.«
»Es ist doch noch lange hin.« »Ich kann es nicht steuern.« »Was soll ich tun?«
»Wach bleiben. Ich bin in meinem Leben lange genug allein gewesen.«
»Ich bin hier, auch wenn ich schlafe.« »Was weiß ich, wovon du träumst.« Wie der Mann mit der Kamera, dachte er. Sie schaut direkt in mich hinein. Aber sie weiß es nicht.
»Ich träume selten«, sagte er. »Mein Schlaf ist leer, er ist schwarz, er hat nicht einmal Farben. Manchmal habe ich von Blumen geträumt, aber sie sind immer grau. Ich habe nur von toten Blumen geträumt, nicht von lebenden.«
Sie blieben bis zur Morgendämmerung wach. Strandelstern schrien einander zu, Möwen, Seeschwalben.
Gegen sechs Uhr morgens beschlossen sie, daß er nach Krämarö segeln und die Hebamme holen sollte. Auch wenn das Kind noch nicht kam, mußten sie sichergehen, daß alles in Ordnung war.
Er setzte die Segel, es blies ein östlicher Wind, drei, vier Meter pro Sekunde.
Ihm kam ein Gedanke. Er könnte die Gelegenheit zur Flucht
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