Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
als sie die Straßen entlangradelte, die ihr langsam wieder vertraut wurden, machte sie sich nicht viel aus Geld. Wenn sie sich entschieden hätte, wieder als Sozialarbeiterin zu arbeiten, hätte sie auch kein großartiges Gehalt bekommen.
Mit Eddie zusammen Just a Bite zu planen und zum Laufen zu bringen war der lustigste und dankbarste Job, den sie je gehabt hatte. Vom Ausfüllen des Kreditantrags bei der Bank bis zum Erstellen des Business Plans hatte Bess Sachen über sich gelernt, die sie nicht gewusst hatte. Sie würde ihr eigener Chef sein, und sie war bereit dafür.
Als sie im Ort ankam, waren ihr noch ein halbes Dutzend weitere Ideen eingefallen, die sie mit Eddie teilen wollte. Sie stellte ihr Fahrrad auf der Rückseite des Sugarland ab, schloss es am Fahrradständer an und hielt kurz inne, als das Gefühl eines Déjà-vu über sie hinwegspülte.
Das gleiche Fahrrad, die gleiche Straße, der gleiche Müllcontainer. Sie schaute auf ihre Hände, betrachtete die vertrauten Muster von Sommersprossen und Linien, die sich über ihre Handrücken zogen. Eine heiße Brise blies ihr Haarsträhnen gegen die Wange, und auch das fühlte sich an wie früher. Sogar ihr Jeansrock, der kurz über den Knien endete, und die weißen Stoffturnschuhe, die sie trug, könnten noch von damals sein.
Ohne einen Beweis dafür, dass sie nicht zwanzig Jahre alt war, gab es für Bess keinen Grund zu glauben, es nicht zu sein. Diese Idee schmolz in ihrem Kopf wie Butter in der Sonne und kroch in jeden Riss und jede Spalte ihres Körpers. Das entfernte Rauschen des Meeres, die lauteren Schreie der Möwen, das Lachen der Passanten und das Brummen der Autos, die durch die Straßen fuhren. Alles war genau gleich, und Bess schloss ihre Augen. Wenn sie sie wieder öffnete, was würde sie sehen? Die Vergangenheit? Und was würde sie tun, wenn dem so wäre?
Sie würde zu Nick gehen, das wusste sie. Dieses Mal würde sie zu ihm gehen und ihm die Wahrheit darüber sagen, was sie für ihn empfand. Sie würde nicht warten. Würde weder sich noch ihn anlügen. Wenn das hier die Vergangenheit wäre, nach der es sich anfühlte, würde sie genau das tun.
Doch als sie ihre Augen beim Geräusch der sich öffnenden Hintertür öffnete, wusste Bess, dass sie nicht in der Zeit zurückgereist war. Sie konnte die Vergangenheit nicht ändern, bekam keine zweite Chance.
Robbie trat mit einer großen Mülltüte in der Hand vor die Tür. Sein Anblick schob das seltsame, unheimliche Gefühl, in der Vergangenheit gefangen zu sein, beiseite.
„Hey, Mom. Alles okay?“
„Ja. Mir ist nur warm. Ist ganz schön heiß heute, was?“ Bess strahlte ihn an und blinzelte gegen die Sonne. Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, wurden sie wahr. Ihr war wirklich warm. Die Fahrt mit dem Fahrrad hatte sie ganz schön ins Schwitzen gebracht, und ihre Kondition war auch nicht mehr das, was sie mal gewesen war. „Ich brauche erst mal was zu trinken.“
„Mom? Geht es dir wirklich gut?“ Robbie nahm ihren Arm, als Bess ein wenig schwankte. „Komm mit rein.“
Im Hinterzimmer war es kaum kühler als draußen, aber auf einem der metallenen Klappstühle zu sitzen und Wasser aus einem Riesenbecher zu trinken, tat gut. Mit besorgtem Blick beobachtete Robbie seine Mutter. Seine Haare waren von der Sonne gesträhnt, glänzten jetzt mehr gold- als weizenfarben, eine eindringliche Erinnerung daran, wie weit der Sommer schon fortgeschritten und wie nah das Ende war.
„Hey, Bess. Geht es dir gut?“ Eddie schaute durch die Tür.
„Sie ist überhitzt“, antwortete Robbie für sie. „Ich habe ihr schon was zu trinken gegeben.“
Eddie klopfe Robbie auf die Schulter, als er an ihm vorbeiging, um sich Bess gegenüberzusetzen. „Gut gemacht. Hey, kannst du für einen Augenblick die Kasse übernehmen?“
„Klar.“ Robbie warf seiner Mutter einen letzten besorgten Blick zu, bevor er in den Laden ging.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich bin, diesen Jungen angeheuert zu haben“, sagte Eddie. Er zog seinen Stuhl näher zu Bess und legte eine Hand auf ihre. Dann fühlte er mit dem Zeigefinger ihren Puls. „Dein Herz schlägt zu schnell. Trink langsamer.“
„Sehe ich so schlimm aus?“ Unter Eddies Finger schlug Bess’ Puls unregelmäßig, und sanft zog sie ihre Hand weg. Sie trank das kalte, süße Getränk, das Eddie ihr reichte, und spürte, wie sie langsam wieder Boden unter den Füßen fand.
„Du siehst aus, als wenn du einen Geist gesehen hättest,
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