Tier zuliebe
etwas ganz Wichtiges einfallen, so dass ich – quasi von meinem Gedanken selbst überrascht und überwältigt – Messer und Gabel wieder niederlegen und die eine bedeutende Frage stellen werde, die mich dann inklusive Antwort beschäftigt, bis die Sendezeit um ist und der Abspann läuft! So werde ich dann leider nicht mehr die sicherlich hervorragende Maultasche probieren können.
Für dieses Mal bin ich gerettet. Doch in Zukunft gilt es besser zu überlegen, was ich antworte, wenn jemand wissen will, seit wann ich Vegetarierin bin und warum. Jedes Mal erklären, weshalb das nun so ist, ist auf Dauer zu mühsam. Vielleicht sage ich einfach: »Es ist halt so« oder: »Mir wird von Fleisch schlecht.« Ich verstehe jedenfalls immer besser, weshalb Vegetarier keine Lust auf viele Worte haben.
TEIL 3
So weit, so gut
Ich gebe es zu: Als mir heute, an diesem ersten schönen Sommerabend im Jahr 2010 klar wird, dass Grillen für mich ab sofort tabu sein wird, ist die Enttäuschung groß. Mir gehen verdächtige Gedanken im Kopf herum: Könnte ich mein Experiment nicht verschieben? Wäre es nicht überhaupt viel sinnvoller, nach dem Sommer damit anzufangen, wenn die Grillsaison vorüber ist? Schließlich bin ich ja noch nicht so lange dabei – es wäre also nicht viel verloren … Doch auf die Frage meines Sohnes: »Möchtest du mit uns grillen?« höre ich mich mit leichter zeitlicher Verzögerung antworten: »Ich esse doch kein Fleisch mehr.« – Und wirke dabei sicher ein wenig missmutig. Dieser Eindruck dürfte sich wohl verstärken, als ich in der Küche entdecke, was Nicolas alles eingekauft hat: marinierte Steaks und Putenschlegel in roter, grüner und gelber Sauce, mit Kräutern, Senf- und Pfefferkörnern. Den Grill hat er schon angeworfen und allein der Geruch der Holzkohle ruft jede Menge schöne Erinnerungen hervor: an Lagerfeuer mit leckerem Fleisch in allen Variationen und herrlichen Salaten dazu. Und jetzt? Ein Grillabend im Garten für mich nur mit Salat? Soll ich überhaupt zu den anderen in den Garten gehen, nur um still vor mich hin zu leiden? Unter diesen Umständen halte ich es für besser, einen asketischen Abend im Haus zu verbringen.
Da packt Nicolas die letzte Tüte aus und sagt: »Ich habe dir Feta mitgebracht! Den kann man auch grillen.« Das ist eine Idee! Man legt den Feta in Knoblauch und Kräuter ein – z. B. frischen Rosmarin und Salbei –, gibt Olivenöl darüber und packt alles in Alufolie. Außerdem könnte man doch auch Gemüse würzen und grillen. Ich schöpfe neuen Mut. Meine spontanen neuvegetarischen Ideen zum Thema »fleischlos grillen« sind vielleicht nicht besonders kreativ, aber dafür, dass ich noch vor zwei Minuten keine einzige hatte, finde ich das Ergebnis nicht schlecht. Wenn man nachdenkt, dann gibt es auch auf die Schnelle ein paar Alternativen zum Fleisch. Die Frage ist nur: Werden sie ausreichen, die Fleischeslust zu bändigen? Ich bin mir im Augenblick nicht sicher. Und da ich nichts riskieren will, bleibe ich am Ende an diesem lauen Sommerabend vorsichtshalber doch im Haus und nehme dankbar Nicolas’ Angebot an, mir den gegrillten Feta später hochzubringen. Die anderen frönen unbeeindruckt dem größten Volkssport der Deutschen: Grillen!, und dass ich nach eineinhalb Stunden immer noch auf den Feta warte, sei nur nebenbei erwähnt …
Während ich also warte, wird mir klar: Auf Dauer ist unfreiwillige Abwesenheit keine Lösung. Der Sommer ist lang, gegrillt wird überall und ich kann mich ja nicht immer zu Hause einsperren, nur um nicht schwach zu werden. Wie machen das die richtigen, langjährigen Vegetarier? Weil ich schon am Computer sitze, schaue ich gleich mal im Internet nach. Die Homepage des VEBU, des Vegetarierbundes Deutschland, macht Hoffnung. Hier ist man gerüstet für Fälle wie mich. Eine große »Vegetarisch grillen«-Sommeraktion 2010 zeigt praktische Einkaufstipps und Rezepte. Am besten gefällt mir der Satz: »Die Zeiten sind längst vorbei, in denen Vegetarier beim Grillen, außer Kartoffeln oder Äpfeln aus der Glut, mit leeren Händen dastanden.« 15 Und was man alles grillen kann … wenn man darauf vorbereitet ist: Soja-Würste und Kichererbsen-Taler, Veggie-Steaks und Tofu-Pads …
Ich werde mich nächste Woche eindecken mit Tofu in allen Variationen, kein Tofu soll sicher vor mir sein, ich werde alles probieren. Tofu hat ja inzwischen einen tollen Umsatz und es gibt ihn in jedem Supermarkt. Ein schönes Zeichen. Und eines, das mich
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