Tiffany Duo 134
einmal einen verstohlenen Blick zu. Wenn diese Frau tatsächlich Becky war, dann hatte sie alles widerlegt, was er in den Polizeiberichten über sie gelesen hatte. Sie war überhaupt nicht einfältig oder naiv, und sie besaß mehr Mut, als er ihr zugetraut hätte.
Vielleicht war sie ja wirklich diese andere Schwester, Lauren. Ihre leidenschaftlichen Beteuerungen, dass sie Becky beschützen wollte, hatten aufrichtig geklungen.
Und doch ...
Wie in einem Film, der sich vor seinem geistigen Auge abspulte, sah Marsh erneut Becky Smiths chaotisches Wohnzimmer vor sich, betrachtete wieder, die spitzenbesetzten lavendelfarbenen Dessous auf dem Boden. Und er erinnerte sich an das verführerische Lächeln, zu dem sich ihre Lippen wie auf Knopfdruck verzogen hatten. Wie ein Kätzchen hatte sie geschnurrt bei der Frage, ob er nicht gerne wissen wollte, wie die Unterwäsche wohl auf dem Wohnzimmerboden gelandet war.
Natürlich hatte er das wissen wollen. Und mehr als das. Für ein paar Sekunden war seine Fantasie förmlich mit ihm durchgegangen. Bei der Vorstellung von Becky - oder der Frau, die er für Becky hielt - in nichts als knapper Seide war ihm ganz schön heiß geworden.
Auch jetzt, wenn er nur daran zurückdachte, fühlte er, wie sein Atem schwerer ging. Nur mit Mühe gelang es Marsh, seine erotische Fantasievorstellung zu unterdrücken. Er wollte, dass die Lady mit ihm kooperierte, und hatte ganz sicher nicht vor, sich von ihren langen Beinen und ihrem vollkommenen Schmollmund verführen zu lassen.
Es sei denn...
Der Gedanke blitzte auf wie aus dem Nichts. Für zwei, vielleicht drei Sekunden blockierte dieser Einfall Marshs Gehirn völlig, dann schüttelte er ihn energisch ab.
Nein! Das konnte er einfach nicht tun. Sich mit der Geliebten eines anderen Mannes einzulassen, ging dann doch zu weit. Selbst wenn es der Durchführung seines Plans genützt hätte. Aber vielleicht war sie ja gar nicht Janniseks Geliebte ... Marshs Gedanken drehten sich im Kreis.
Verdammt, wenn ich nur wüsste, welche der beiden Schwestern sie ist! Diese Ungewissheit ärgerte ihn, obwohl es für sein weiteres Vorgehen eigentlich keine Rolle spielte, ob er nun Becky oder Lauren neben sich sitzen hatte. Es war gleichgültig, solange Jannisek, wenn er anrief, überzeugt davon war, seine Becky am anderen Ende der Telefonleitung zu haben. Vorausgesetzt, Marsh konnte diese Frau überhaupt dazu bringen, mit Jannisek zu sprechen...
Er beschloss, mit seiner Überzeugungsarbeit sofort anzufangen, indem er das angespannte Schweigen brechen würde, das seit endlosen Minuten zwischen ihnen herrschte. Er brauchte nur einen Anlass, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen. Unauffällig beobachtete er sie aus den Augenwinkeln und sah, wie sie fröstelte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Temperatur im Wagen um gut zehn Grad gesunken war, seit sie die Wüstengegend von Phoenix verlassen und in das Gebirge Nordarizonas vorgedrungen waren.
„Ist Ihnen kalt?“
Sie nickte, ohne jedoch ihre starre Körperhaltung aufzugeben. „Ein bisschen.“
„Ich drehe die Heizung etwas auf. Und da liegt noch eine Jacke auf dem Rücksitz. Die sollten Sie besser anziehen.“ Sie schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen.
Marsh trommelte ungeduldig mit seinen Fingerspitzen auf das Lenkrad. Er hatte wirklich keine Lust, Krankenpfleger für eine verschnupfte und hustende Frau zu spielen.
„Jetzt ziehen Sie die Jacke schon an. Es gibt zwar einen Erste- Hilfe-Kasten im Blockhaus, aber ich bezweifle, dass sich darin irgendwelche Grippemittel finden.“
„Blockhaus?“ Sie zog ihre Augenbrauen hoch und warf ihm einen misstrauischen Blick zu. „Ich dachte, wir fahren auf eine Ranch.“
„Wir fahren zu einem Blockhaus, das sich auf einer Ranch befindet. Es ist oben in den Bergen. Deshalb habe ich eine Jacke für Sie mitgenommen. Sie werden sie brauchen.“
Widerwillig, aber immer noch fröstelnd, streckte sie sich nach hinten und fischte die Wildlederjacke vom Rücksitz. Dabei streifte sie sein Gesicht mit ihrem Haar. Marsh blieb nichts anderes übrig, als den Atem anzuhalten, um nicht wieder ihren betörenden Duft einzuatmen.
Na großartig! Jetzt hatten sie gerade mal eine knappe Stunde zusammen verbracht, und schon hatte er Probleme, sich ihren Reizen zu entziehen. Die folgenden Tage würden wohl nicht nur ihre Nerven auf eine harte Zerreißprobe stellen.
„Wie lange sind Sie eigentlich schon mit David Jannisek zusammen?“ fragte er, wild entschlossen,
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