Tiffany Duo 40
hatte ein Versprechen gegeben, und niemand hatte darum gebeten.
Würde sie es ertragen, wenn er wieder aus ihrem Leben verschwand, nachdem sie
das Wochenende mit ihm verbracht hatte?
Und damit bist du beim Hauptproblem, dachte Claire und richtete sich in ihrem Bett
auf. Sie war nicht die Frau, die sich einem Mann leichtfertig hingab, aber wenn sie es tat, dann gab sie alles. Ihren Körper, ihr Herz und ihre Seele. Sex ohne Liebe und
flüchtige Affären lagen ihr nicht. Und wenn Oliver gleichgültig mit dem Geschenk
umgehen würde, das sie ihm machte, würde sie fürchtbar leiden. Aber war Liebe
nicht bedingungslos, wenn sie überhaupt den Namen verdiente?
Liebe. Es war das erste Mal, dass Claire dieses Wort benutzte, um ihre Gefühle für
Oliver zu beschreiben, und sie fragte sich, ob man sich überhaupt so schnell
verlieben konnte. War es
nicht viel treffender, von Vernarrtheit zu reden? Nein, gab sie sich mit einem Seufzer zu, es war mehr als nur das. Aber sie war sich nicht so sicher, was Olivers Gefühle
betraf.
In dieser Nacht kreisten ihre Gedanken immer wieder um dasselbe Thema. Und als
Claire am nächsten Morgen aufstand, wusste sie immer noch nicht, was sie Oliver
nun sagen sollte. Er hatte nicht erwähnt, wann er sie anrufen wollte, und um nicht
den ganzen Tag wie gebannt vor dem Telefon zu sitzen und zu warten, beschäftigte
sie sich.
Sie verbrachte den Vormittag damit, die Angebote für Büromaterial zu vergleichen
und einige geschäftliche Telefonate zu führen. Nach dem Lunch schrieb sie ihrer
Großmutter einen vierseitigen Brief, in dem sie all die Details von Jerusalem
beschrieb, von denen sie wusste, dass sie ihr gefallen würden.
Danach machte sie einen Kaffee und dachte über den Bericht nach, den sie Ron
versprochen hatte. Schließlich entschied sie sich, ihm einen schriftlichen Bericht zu schicken, statt Ron anzurufen, weil sie nicht mit ihm reden wollte. Er hatte zwar bei dem letzten Telefonat seinen Heiratsantrag nicht mehr erwähnt, aber Claire
fürchtete, er könnte es irgendwann wieder aufs Tapet bringen.
Schon in Atlanta hatte sie Ron schonend beizubringen versucht, dass die Antwort
auf jeden Fall nein sein würde, ganz gleich, wie viel Zeit er ihr geben würde. Aber sie war nicht sicher, ob er ihr das wirklich glaubte. Ron war es gewohnt, seinen Willen
durchzusetzen, und so etwas wie Abweisung war ihm fremd. Außerdem litt er auch
nicht gerade an einem Mangel an Selbstbewusstsein. Er würde es sich sicher kaum
vorstellen können, dass es irgendwo eine Frau gab, die sich nicht im Innersten
wünschte, Mrs. Ron Wiley zu werden.
Ein handgeschriebener Bericht würde nicht geschäftsmäßig genug aussehen, und sie
wollte ihren Kontakt mit Ron gerade jetzt auf einer unpersönlichen Ebene halten.
Also musste sie sich eine tragbare Schreibmaschine leihen, die sie in ihrer Wohnung
benutzen konnte. Sie fand die Adresse einer nah
gelegenen Verleihfirma im Telefonbuch und schaute auf die Uhr. Es war halb zwei;
und sie konnte in einer halben Stunde mit der Maschine wieder hier sein. Aber was,
wenn Oliver ausgerechnet während dieser halben Stunde anrufen würde? Sie
schaute einen Moment eindringlich das Telefon an, aber es blieb stumm.
Schließlich wurde ihr klar, wie albern sie sich verhielt. Wenn er anrufen würde,
während sie nicht da war, würde er es erneut versuchen. Jedenfalls wenn er wirklich
wollte, dass sie ihn nach Tel Aviv begleitete. Ihr fiel auf, wie sehr er von sich
überzeugt war. Vielleicht tut es ihm ganz gut, wenn er mich nicht gleich beim ersten Versuch erreicht, dachte sie. Sonst kommt er womöglich noch auf die Idee, dass ich
den ganzen Tag neben dem Telefon gesessen und auf seinen Anruf gewartet hätte.
Sie würde die Schreibmaschine holen. Bevor Claire ihre Meinung ändern konnte,
hatte sie rasch ihre Handtasche gepackt und das Apartment verlassen. Es war ein
angenehmer Spaziergang zu dem sechs Häuserblocks entfernten Laden. Sie zwang
sich dazu, gemächlich zu gehen und die Umgebung zu genießen.
»Sie haben Ihren Glückstag«, sagte der Geschäftsinhaber und hob einen Finger. »Ich
habe heute nur eine einzige Schreibmaschine mit englischen Buchstaben.« Er ging
nach hinten und kehrte mit einer Schreibmaschine in einem schwarzen Tragekoffer
wieder zurück. »Nur diese eine, wie Sie verlangt haben. Hier bitte, sie ist fast neu.«
Claire lächelte, weil er sie an Samuel Wellmann erinnerte. Auch wenn er viel älter
war, strahlte
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