Tiffany Duo 40
feucht glänzend von dem leidenschaftlichen Kuss. Die
geräuschvolle Unterbrechung ging auf das Konto von Floris, die aus der Küche
gekommen war, um ihre Kellnerin zu beschützen. Zumindest glaubte er das, weil sie
statt des üblichen Kochlöffels ein Fleischmesser in der Hand hielt. »Solche
Freizügigkeiten mag ich nicht in diesem Lokal.«
Er richtete sich auf und entgegnete leise, aber deutlich:
»Wissen Sie, was Sie brauchen, Floris? Einen netten Mann, der Sie liebt und Sie
endlich mal in bessere Stimmung bringt.«
Sie lächelte boshaft und gestikulierte vielsagend mit ihrem Messer. »Der letzte Narr, der das versucht hat, musste es bitter bereuen.«
Es passierte immer wieder. Manche Leute wussten einfach nicht, wann sie sich aus
einer Angelegenheit raushalten sollten. Auch jetzt musste sich der Cowboy, mit dem
sie bei Madelyns und Rays erstem gemeinsamem Besuch im Cafe gestritten hatte,
wieder aus der Deckung wagen. »Wann war denn das, Floris? Vor oder nach dem
Bürgerkrieg?«
Entrüstet wandte sie sich zu ihm. »Verdammt, mein Junge, es war dein Daddy, und
danach hat er nichts Besseres als dich zustande gebracht!«
Es war Ende April, und der Frühling zog ins Land. Ray freute sich nicht so darauf wie sonst. Rastlos wanderte er durch das Haus und spürte die Leere ringsum immer
schmerzlicher. Madelyn war nicht zurückgekehrt.
Mit dem Erbe ihrer Großmutter hatte sie seine finanzielle Lage gesichert. Da er den
Kredit nicht mehr abbezahlen musste, konnte er den Erlös der im Vorjahr verkauften
Rinder verwenden, um sein Unternehmen zu vergrößern - genauso, wie er es
ursprünglich geplant hatte. Seine guten Zukunftsaussichten würden ihm sogar
ermöglichen, einen neuen Kredit aufzunehmen und Cowboys einzustellen. Trotz der
reduzierten Weideflächen würde er die Ranch bald wieder auf ihren früheren Stand
bringen, und das war seiner Frau zu verdanken.
Sie wusste nicht, welch ein reges Leben und Treiben in den guten alten Zeiten auf
der Ranch geherrscht hatte. Wahrscheinlich konnte sie sich das gar nicht vorstellen.
Demnächst musste er eine Entscheidung fällen und - falls er tatsächlich expandieren
wollte - schon jetzt die nötigen Vorbereitungen treffen.
Aber mit seinem Herzen war er nicht bei der Sache. Sosehr er
dieses schöne, majestätische Land auch liebte, ihm fehlte die Begeisterung, die er
früher dafür aufgebracht hatte. Ohne Madelyn interessierte ihn fast gar nichts mehr.
Aber sie hatte recht, die Ranch war das Erbe des Babys. Deshalb wollte er alles dafür tun, was in seiner Macht stand.
Ehe er einen Entschluss fasste, musste er gründlich nachdenken. Wenn er
expandierte, würde er sein gesamtes Kapital verbrauchen und keine Reserven
haben, sollte im nächsten Winter ein neuer Blizzard die Herde so drastisch
verkleinern wie im letzten Januar. Und wenn er bei der Bank einen weiteren Kredit
nahm und die Ranch als Sicherheit anbot, würde er in eine ähnliche Situation
geraten wie jene, aus der Madelyn ihn herausgeholt hatte. Zweifellos würde er es
diesmal scharfen, denn er konnte den Kredit ausschließlich in die Ranch investieren, statt das Geld in den Rachen einer gierigen Exfrau zu schieben. Aber es widerstand
ihm, wieder Schulden zu machen.
Nur eine einzige Möglichkeit blieb noch übrig. Er musste einen Geldgeber finden.
Der brillante Robert Cannon wäre ein hervorragender Partner. Und Ray, der über
einen untrüglichen Geschäftssinn verfügte, sah all die Vorteile, die ihm eine solche Partnerschaft einbringen würde. Sie könnte nicht nur seine finanzielle Grundlage
sichern, sondern ihm auch die Möglichkeit geben, sein Unternehmen durch neue
Produktionsbereiche zu erweitern, so dass die Ranch einen weiteren harten Winter
unbeschadet überstehen würde.
Er griff zum Telefon und wählte die Nummer, die Robert ihm zu Weihnachten
gegeben hatte.
Als Ray eine halbe Stunde später den Hörer auf die Gabel legte, war alles unter Dach und Fach. Der Vertrag musste nur noch abgefasst und unterschrieben werden. Er
hatte sich gut mit Robert verstanden - zwei tüchtige Männer, die genau wussten,
wie man ein für beide Teile befriedigendes Geschäft aushandelte, ohne viele Worte
zu machen.
Er fühlte sich sonderbar, fast ein wenig schwindlig, und es dauerte eine Weile, bis er erkannte, was geschehen war. Er hatte
freiwillig sein Vertrauen in einen anderen Menschen gesetzt und auf seine alleinige
Kontrolle über die Ranch verzichtet. Mehr noch - sein
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