Tiffany Duo Band 128
Jahre etwas dornig gewesen, aber immerhin ihr eigener. Sie hatte Liebe und Freude bei den McNabbs und Glück in ihrer Musik gefunden. Mehr brauchte sie nicht.
Zumindest hatte sie sich nicht mehr gewünscht, bis der dumme Kuss am Damm sie daran erinnerte, was ihr entging.
Dieser verflixte Evan Henderson! Seit er bei ihr aufgetaucht war, verlief ihr Leben wie auf einer wilden Achterbahn von argwöhnischem Misstrauen über völlige Verblüffung bis zu Wut und Zorn. Sie war beinahe davon überzeugt gewesen, dass der Kerl für sie erledigt sei, als er mit seiner Harley den Hügel heraufbrauste und ihr die erschütternde Nachricht brachte.
Und jetzt begann alles von vorn.
Evan bemerkte den Blick, den Lissa ihm zuwarf, und deutete ihn als ein Zeichen dafür, dass sie das belastende Schweigen brechen wollte. „Erinnerst du dich an deinen Vater?" fragte er.
Lissa wollte nicht antworten: Doch sie war ihm nach seiner langen Fahrt etwas schuldig.
„Ich erinnere mich nur daran, wie er fortgegangen ist."
„Hast du jemals erfahren, weshalb er dich im Stich ließ?"
„Reverend McNabb erzählte mir, dass mein Vater so über den Tod meiner Mutter getrauert hätte, dass er mir nicht die Freude und die Geborgenheit geben konnte, die ein Kind braucht." Sie schloss die Finger um ihr beschlagenes Glas. „Oder die Liebe."
Lissa trank einen Schluck Tee, denn die Kehle war ihr plötzlich wie ausgetrocknet. Evan beobachtete sie aufmerksam.
„Wir müssen davon ausgehen, dass er weiß, wer du bist", sagte er, während sie einen weiteren großen Schluck trank. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ihn der Zufall praktisch vor deine Haustür geführt hat, dürfte äußerst gering sein. Ich wette, er hat dich in Paradise aufgespürt."
„Indem er die Post öffnete, die an die McNabbs ging."
„Das wäre möglich. Wenn jemand von deiner Beziehung zu dem Ehepaar weiß, dann er."
Ein schöner Vater war das, der sein eigenes Kind ungerührt vor einem Kinderheim absetzte, die nächsten zwanzig Jahre in einer Art Alkoholrausch verbrachte und nicht die geringsten Skrupel hatte, in der Post fremder Menschen zu schnüffeln.
„Ich staune, dass er mich noch nicht auf Geld angesprochen hat, nachdem er jetzt weiß, wo ich bin", sagte Lissa und zuckte innerlich zusammen, als sie die Bitterkeit in ihrer Stimme hörte. Das naive Mädchen, das einst aus reiner Freude an der Musik sang, hatte seine Lektion sehr gut gelernt.
„Glaubst du, dass er dich deswegen aufgespürt hat?"
„Weshalb sonst?"
„Das werden wir vermutlich erst erfahren, wenn wir mit ihm reden." „Wir werden auf keinen Fall mit ihm reden", fuhr sie ihn an. „Weder einzeln noch gemeinsam. Diese Sache geht dich nichts an, Evan."
„Stimmt", gab er leise zu. „Das habe ich mir auf der dreistündigen Fahrt nach Paradise auch immer wieder gesagt."
Lissa errötete heftig. „Ich sagte bereits, dass ich deine Mühe wirklich zu schätzen weiß. Aber jetzt ..."
„Jetzt soll ich wieder auf mein Motorrad steigen und nach Hause zurückfahren, nicht wahr?"
Trotzig hob sie den Kopf. „Ja."
„Diesmal nicht, Lissa."
„Wie bitte?"
„Das letzte Mal bin ich losgefahren, ohne dass wir uns ausgesprochen hatten. Diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen."
Dass Evan annahm, es wäre noch mehr zwischen ihnen zu bereden als die Bombe, die er gerade hatte platzen lassen, schürte Lissas Zorn. „Halt, mein Lieber. Es gibt kein ,Wir`!"
„Meinst du nicht, dass dein Urteil etwas übereilt ist? Ich habe noch nicht alle meine Argumente vorgetragen."
„Das ist ja nicht zu glauben!" Lissa sprang wütend auf. „Du tauchst hier wie aus heiterem Himmel auf und teilst mir mit, dass mein Vater, von dem ich seit über zwanzig Jahren nichts gehört habe, keine zehn Meilen von mir entfernt lebt. Und bevor ich wieder richtig zu Atem gekommen bin, fängst du mit deinen juristischen Spielchen an. Hat man euch das auf der Universität beigebracht? Ist es deine einzige Möglichkeit, die innere Abwehr deiner Zeugen zu überwinden?"
„Ich habe schon am ersten Tag unserer Bekanntschaft gemerkt, dass es die einzige Möglichkeit ist, deine Abwehrhaltung zu überwinden", erklärte er ungerührt und stand ebenfalls auf. „Du bist stachelig wie ein Kaktus, Darling, und doppelt so spitz", fügte er lächelnd hinzu.
Sein Lächeln machte sie beinahe ebenso wütend wie die Zärtlichkeit, die sich dahinter verbarg. Mit beidem kam sie im Augenblick nicht zurecht. Vielleicht niemals.
Evan merkte, dass
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