TIFFANY EXKLUSIV Band 03
Kugelschreiber vom Schreibtisch. Dann verließ sie ihr Büro und gab Emily, ihrer Sekretärin, Anweisungen, ehe sie den langen Flur hinunterging. Der dunkelgrüne Teppich war so dick, dass ihre Schritte nahezu geräuschlos waren.
Laurel fand, dass es fast eine Erleichterung war, die Sache hinter sich zu bringen. Sie hoffte, dass Connor es kurz machte und sich auf die geschäftlichen Dinge konzentrierte, die er offenbar für dringend hielt. Allerdings war er gestern Abend, als er wegen des heutigen Meetings mit Phillip telefoniert hatte, offenbar nicht in der Lage gewesen, Näheres zu erklären.
Es musste etwas mit den jährlichen Bilanzen der Firma zu tun haben. Die Bilanzen wurden jedes Jahr dem Vorstand von Sutherland Enterprises vorgelegt. Laurel wusste, dass dies gerade der Fall war, hatte jedoch nichts von nennenswerten Problemen oder Fragen gehört. Zumindest hatte Phillip ihr gegenüber nichts erwähnt.
Immerhin würde sie mit Connor nicht allein sein. Phillip würde auch dort sein. Wenn sie daran dachte, wie wenig die beiden Männer sich leiden konnten, war es jedoch fraglich, ob Phillips Anwesenheit hilfreich sein würde. Aber wenigstens würde Phillip Connors Aufmerksamkeit zu einem Teil auf sich lenken.
Nach dem Tod ihres Vaters war Phillip zum Vorstandsvorsitzenden ernannt worden und hatte das Ruder übernommen. Während Laurel den Fahrstuhl betrat und den Knopf für das neunte Stockwerk drückte, dachte sie daran, dass er seine Arbeit seither nicht gerade glänzend gemacht hatte, trotz der Tatsache, dass er seit Jahren auf diese Aufgabe vorbereitet worden war.
Phillip war kein guter Manager, oft impulsiv und ohne die nötige Geduld, um sich mit Fakten vertraut zu machen und sie sorgfältig abzuwägen, bevor er eine wichtige Entscheidung traf. Phillip war zwar nicht dumm, aber er war auch nicht wirklich intelligent. Zumindest verfügte er nicht über die Menschenkenntnis, die ihr Vater besessen hatte. Für Laurel war dies jedoch eine wesentliche Voraussetzung zur Führung eines Unternehmens.
Das alles war eine diplomatische Umschreibung dafür, dass Phillip dem Job nicht gewachsen war. Und irgendwann würde die Firma finanziell darunter leiden. Laurel befürchtete, dass das wahrscheinlich schon der Fall war. Aber es war ein schwieriger Posten, und sie hoffte, dass ihr Bruder irgendwann in die Rolle hineinwachsen würde.
Laurel trat aus dem Fahrstuhl und ging zum Konferenzraum, der neben dem großen Eckbüro ihres Bruders lag. Als sie die Tür öffnete, stellte sie erstaunt fest, dass Phillip sich bereits im Raum befand. Gewöhnlich war es seine Gewohnheit, alle anderen warten zu lassen, bevor er wie ein Monarch den Konferenzraum betrat und am Kopf des Tisches Platz nahm.
Doch hier saß er nun und wartete auf Connor Northrup, wie ein kleiner Junge, der sich schlecht benommen hatte. So kam es Laurel zumindest vor. Aber das war verrückt. Wieso sollte Phillip sich vor einem Treffen mit Connor fürchten? Sie war diejenige, die Grund zur Nervosität hatte.
„Laurel, da bist du ja. Ich wollte schon in deinem Büro anrufen“, sagte Phillip bei ihrem Eintreten. „Komm rein und mach die Tür zu.“
Sie schloss die Tür hinter sich und setzte sich in einen Sessel in seiner Nähe. Phillip trommelte nervös mit dem Kugelschreiber auf der Tischplatte und starrte abwesend vor sich hin. Sein makellos weißes Hemd, die schreiend bunte Seidenkrawatte und der edle, maßgeschneiderte Anzug konnten nicht über sein erschöpftes Aussehen hinwegtäuschen. Er war blass und hatte Ringe unter den Augen. Offenbar setzten ihm die langen Stunden im Büro und die Verantwortung zu. Laurel wusste sehr wohl, dass ihr Vater Phillip bis zum Ende vor der ganzen Last der Verantwortung bewahrt hatte. Doch jetzt musste er alles allein bewältigen und konnte Charles nicht mehr um Rat fragen. Das forderte seinen Tribut.
„Du siehst nicht gut aus“, bemerkte sie unverblümt. „Machst du dir wegen irgendetwas Sorgen? Ist etwas mit den Bilanzen nicht in Ordnung?“
Er starrte sie an. Einen Moment lang glaubte sie, er würde sich ihr gegenüber öffnen und ihr den Grund für seine verzweifelte, ja beinah ängstliche Miene verraten. Doch dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich und wurde distanziert und teilnahmslos.
„Nein, es ist alles in Ordnung“, entgegnete er schließlich. „Ich habe bloß schreckliche Kopfschmerzen. Es muss an der Luft in diesen Büros liegen. Anscheinend bekommt niemand es richtig hin.“
Weitere Kostenlose Bücher