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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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für meinen Kunden anfertigte.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte er rasch. Etwas zu rasch, fand Dela. Sie hatte sich auf jede Art von Anschuldigung vorbereitet und war bereit, die Verantwortung für ihre Rolle bei dem Mord an diesem Kind zu übernehmen. Wens Blick wirkte merkwürdig ausdruckslos, als er weitersprach. »Ihr Geschäftspartner, Adam, hat Sie von dem Verbrechen freigesprochen. Er hat darum gebeten, dass wir die... Feindseligkeiten einstellen.«
    »Und werden Sie das auch tun?« Dela lächelte freundlich, weil sie nicht genau wusste, wie sie auf Wens Teilnahmslosigkeit reagieren sollte. Sie griff nach ihrem Wasserglas.
    »Trink das nicht«, hörte sie Haris dringendes Flüstern. Daraufhin strich Dela nur mit dem Finger um das Kristallglas und zeichnete Linien in die beschlagene Oberfläche. » Das Wasser stand bereits auf dem Tisch, als du hereingekommen bist. Er könnte es vergiftet haben.«
    Und tatsächlich beobachtete Wen sie plötzlich mit einer beunruhigenden Intensität. Dela nutzte seine Aufmerksamkeit und lächelte. Überraschung blitzte in seinen dunklen Augen auf, doch er unterdrückte sie rasch.
    »Angesichts dessen, was passiert ist, fühle ich mich schrecklich. Und das sagte ich auch bereits«, fuhr sie liebenswürdig fort. »Sie wissen, dass ich nicht direkt dafür verantwortlich bin, Mr. Zhang. Also, warum bin ich hier? Wollen Sie und... Lucys Eltern immer noch meinen Tod?«
    Wen antwortete nicht. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete unverhohlen ihr Gesicht. Dann verzog er merkwürdig die Lippen. Es war eine seltsame Geste aus Selbstgefälligkeit und Ekel. Äußerlich blieb Dela ruhig, obwohl sie innerlich verwirrt war und vor Wut kochte.
    »Sie sind eine merkwürdige Frau«, sagte Wen schließlich. »Oberflächlich betrachtet scheinen Sie... einfach und... schlicht zu sein. Sie sind schön, wohlhabend, eine Künstlerin für die Reichen. Sie sind... wie nennt man es noch? Mit einem silbernen Löffel im Mund geboren? Dennoch ist es Ihnen gelungen, drei Begegnungen mit meinen... Außenmitarbeitern zu überleben. Zuerst dachte ich, der Grund wären die ausgebildeten Leibwächter, mit denen Sie sich umgeben. Was angesichts meines ersten Eindrucks schon merkwürdig genug war. Doch mit Ihrem Brief kam auch eine Geschichte zu mir. Eine höchst befremdliche Geschichte, über eine Kugel und einen Mann, der nicht sterben wollte.«
    Oh, Scheiße.
    »Delilah...« Hari klang besorgt.
    Dela hob die Brauen. »Ein Mann, der nicht sterben wollte? Das ist mehr als befremdlich, Mr. Zhang. Diese Geschichte muss der Fantasie entsprungen sein.«
    »Das sagte ich auch, aber die Person, die sie mir erzählt hat, war ziemlich überzeugend, bis ich mich fragte: Was, wenn sie nun stimmt? Wie bemerkenswert das wäre. Und wie... vorteilhaft.«
    Es war erstaunlich, dass Wen so rasch bereit war, das Unwahrscheinliche zu glauben, aber Dela verbarg ihr Erschrecken, indem sie verächtlich schnaubte. »Vielleicht ist es vorteilhaft, wenn Sie an Märchen glauben.«
    Wens Verhalten veränderte sich schlagartig. Seine kühle Gelassenheit schmolz dahin und wurde von unterdrückter Wut ersetzt. Seine Wangen röteten sich. Die Kinder, die am Nebentisch lärmten, hörten auf, sich gegenseitig zu stoßen. Und ihre Eltern rutschten unbehaglich auf ihren Stühlen herum.
    »Ich weiß, was Sie sind«, sagte er täuschend freundlich. »Ich weiß auch, was Ihr Freund ist. Ich habe von solchen Dingen schon gehört. Ich bin ihnen begegnet, könnte man sagen. Also keine Spiele mehr, Ms. Reese. Ich weiß, für wen Sie arbeiten, aber das kümmert mich nicht. Nicht mehr. Mein Geschäft wurde geschädigt, meine Nichte ist tot, und Sie sind die Einzige, die noch nicht mit Blut dafür bezahlt hat. Soweit mich das angeht, hat Ihr Glück Sie verlassen. Wenn wir nicht zu einer vorteilhaften Vereinbarung kommen, wird man sich Ihrer annehmen, und auch Ihres Freundes, ganz gleich, wie sehr er sich weigert, seinem Schöpfer gegenüberzutreten.«
    Seine Worte hatten eine unerwartete Wirkung. Süße, eisige Wut strömte durch ihren Körper; sie fühlte, wie die Grausamkeit in ihre Augen und ihre Lippen floss. Ihre höfliche Maske entglitt ihr und fiel schließlich von ihr ab. Sie lächelte, es war ein Zähnefletschen, von einem Raubtier zum anderen.
    »Sie haben ganz recht, Mr. Zhang. Keine Spiele mehr. Wenn Sie mich umbringen wollen, versuchen Sie es, aber Ihre Probleme werden damit nicht aufhören. Ich bin recht bekannt. Ich bin

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