Tim (German Edition)
hier abgesetzt haben, hätte er nicht einmal um den Block laufen können.«
»Jetzt kann er es«, versicherte ich ihm und deutete in Richtung Baseball-Platz, aus der eine Gruppe von Jungs in unsere Richtung gelaufen kam. Hal führte die Gruppe an und die anderen hatten Schwierigkeiten, an ihm dran zu bleiben.
»Unglaublich«, sagte John mit offenem Mund.
Als Hal seine Eltern sah, blieb er wie angewurzelt stehen. Er war verschwitzt, die Haare waren nass und er trug Shorts, Sneaker und kein T-Shirt. Ich hätte wetten können, dass er lieber noch geduscht hätte, bevor er seinen Eltern gegenüber trat. Langsam, aber mit erhobenem Kopf, kam er auf uns zu. Als seine Mutter ihn in den Arm nahm und ihn an sich drückte, konnte man sehen, wie ihm eine Last von den Schultern fiel. Auch von seinem Vater bekam Hal eine kurze Umarmung. Nach ein bisschen Smalltalk und Komplimenten von seinen Eltern, die Hal förmlich in sich aufsaugte, ging er duschen. Hazel sagte ihm, er sollte langsam seine Sachen packen.
»Habt ihr Zeit, bis gegen 11:30 Uhr zu warten? Dann kann sich Hal von allen verabschieden.«
»Okay«, antwortete Hazel zögernd.
Wir unterhielten uns ein bisschen und ich bot meine Hilfe an. »Ruft mich an oder schreibt mir eine E-Mail, wenn ich irgendetwas für Hal und euch tun kann.«
»Ich glaube, wir müssen eine Menge lernen«, gab Hazel zu.
»Das wichtigste ist, dass ihr Hal für jeden noch so kleinen Erfolg lobt. Das ist Futter für sein Ego. Dann wird das schon.« Ich stellte ihnen Tom, Tim und Franklin vor und Hal‘s Eltern bedankten sich unzählige Male für alles, was das Trio für Hal getan hatte. So viel Wirbel war den Jungs sichtlich unangenehm und ich lenkte Hazel‘s und John‘s Aufmerksamkeit mit ein bisschen Smalltalk wieder auf mich. In Tom‘s Augen konnte ich einen wortlosen Dank erkennen, bevor die drei sich wieder in Luft auflösten.
Franklin war der erste meiner Camper, der sich auf den Heimweg machte. Ich hatte noch nie einen selbstloseren und netteren Menschen kennen gelernt als ihn. Es fiel allen schwer, sich von ihm zu verabschieden. Er umarmte jeden einzelnen von uns, aber ganz besonders Hal, dem der Abschied offensichtlich genauso schwer fiel. Franklin flüsterte ihm etwas ins Ohr, während Hal an seiner Schulter offen weinte. Ich war als letzter an der Reihe und umarmte Franklin herzlich.
»Danke für die tollen 2 Wochen«, sagte er traurig. »Ich hatte echt eine Menge Spaß.«
»Das freut mich. Ich wünschte nur, ich hätte dich ein bisschen besser kennen lernen können«, antwortete ich. Wir umarmten uns noch einmal kurz, dann drehte sich Franklin um, um ins Auto zu steigen.
»Mom, Dad, noch eine Minute«, sagte er und zog mich ein Stück zur Seite, damit wir außer Hörweite waren. Mit seinem nächsten Satz haute er mich um. »Charlie, Tim passt super zu dir. Ihr seid ein süßes Paar. Ich wünsche euch von ganzem Herzen viel Glück. Vermassle es nicht.« Er umarmte mich kurz und flüsterte mir ins Ohr: »Ja, ich bin auch schwul.« Dann ließ er mich los und stieg ins Auto. »Melde dich«, sagte er noch, dieses mal lauter, bevor er die Tür schloss.
Wie ist er darauf gekommen? Wer hat was erzählt? Wer wusste noch etwas? Ich war sprachlos. Sorgen machte ich mir komischerweise jedoch keine. Ich wusste einfach, dass unser Geheimnis bei Franklin gut aufgehoben war.
Nach und nach verabschiedeten sich auch die anderen aus meiner Gruppe, bis nur noch Tim übrig war. Er hatte Carl offensichtlich gesagt, dass wir noch etwas reden wollten, denn dieser war weit und breit nirgendwo zu sehen. Wir gingen ein Stück spazieren, dieses mal einen Waldweg entlang, wo uns niemand sehen konnte. Wir schwiegen eine Weile. Scheinbar wollte niemand das Gespräch eröffnen. Ich nahm schließlich meinen Mut zusammen, weil mir die Ruhe unangenehm war.
»Tim, ich kann nicht leugnen, dass ich mich in dich verliebt habe. Ich kann dir auch nicht erklären, warum ich mich ausgerechnet in einen 14-jährigen Jungen verliebt habe. Ich habe auch aufgegeben, darüber nachzudenken. Ich kann auch immer noch nicht verstehen, warum du dich in mich verliebt hast. Aber das muss ich so akzeptieren.« Ich machte eine Pause, in der Hoffnung, dass Tim mir ein bisschen helfen würde. Aber er schwieg und schaute mich erwartungsvoll an. »Ich weiß auch, dass du viel reifer bist als viele Erwachsene. Und auch, dass du von deinen Gefühlen überzeugt bist.«
»Danke. Eine Menge Erwachsene würden das einem Teenager nicht
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