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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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immer wieder –
    ein melodischer Akzent – setzte sich ein Schlucker darauf. Es ging die Tonleiter hinauf – ein Schlucker – erneuter Ansatz vom tiefsten Ton – und wieder die Leiter der Töne hinauf bis zu einem neuen
    Schlucker.
    Nun war der Baron ein Mann, der sich niemals auch nur der
    kleinsten Gefühlsregung in heiterer Bedenkenlosigkeit überließ. Ihm fehlte das Talent zum Glücklichsein. Er mußte alles erklären und in seine Teile zerlegen, sogar seine Gefühle.
    Auch diesmal, als der letzte lachende Schlucker verklungen war,
    überlegte sich der Baron, warum er gelacht habe. Und er stellte mit Überraschung fest, daß er über sich selbst gelacht hatte, über seinen mißglückten Versuch, Timm Thaler mit dem Hokuspokus der
    Schwarzen Magie zu imponieren.
    Der Versuch war mißglückt; Lefuet war der Unterlegene
    gewesen, und trotzdem hatte er gelacht. Das war eine neue unerhörte Erfahrung für den Baron.
    Er erhob sich aus dem Sessel und führte – auf- und abgehend –
    ein Selbstgespräch.
    „Merkwürdige Sache“, brummelte er vor sich hin. „Ich habe das
    Lachen gekauft, um Macht über Herzen zu bekommen. Und nun…“
    (er blieb verdutzt stehen) „… nun habe ich Macht über mich selbst bekommen, Macht über meine Launen, meine fürchterlichen Launen.
    Ich habe sie nicht mehr: Ich lache sie fort!“
    Er ging wieder auf und ab.
    „Früher hätte ich getobt, wenn ich bei einer Machtprobe der
    Unterlegene gewesen wäre. Ich hätte einen Teppich zerbissen vor
    Wut. Jetzt bleibe ich sogar als Verlierer überlegen: Ich lache!“
    Der Baron faßte sich – er sah beinahe glücklich aus – an den Kopf und rief: „Das ist ja unwahrscheinlich! All meine Überlegenheit habe ich durch Arglist und Tücke, durch Siege über andere stützen
    müssen. Jetzt fliegt mir das von selber zu, weil mir ein Kullern im Bauch zur Verfügung steht. Das Lachen ist ja mehr wert, als ich
    ahnte. Das muß man ja mit einem Königreich bezahlen!“
    Abermals nahm ein Sessel den hageren Mann auf, dessen Gesicht
    für einen Augenblick die Züge des karierten Herrn vom Rennplatz
    annahm, die Züge der Verschlagenheit.
    „Jage du nur deinem Lachen nach, Timm Thaler; du bekommst es
    nicht zurück! Das halte ich fest mit Zähnen und Klauen!“

    Siebzehnter Bogen

    Der reiche Erbe

    Die Uniform junger reicher Erben sah zu Timms Zeit
    folgendermaßen aus: Graue Flanellhosen, ein rot-schwarzgestreiftes Jackett, ein blütenweißes Seidenhemd, eine rote Krawatte mit
    schottischem Muster, ebensolche Socken und braune
    Wildlederschuhe.
    Timm stand in diesem Aufzug vor einem Spiegel, der bis auf den
    Boden reichte, und kämmte sich zum erstenmal in seinem Leben die
    Haare feucht. Auf dem Teppich zu seinen Füßen lag aufgeschlagen
    eine illustrierte Zeitung mit dem Photo eines Tennisspielers. Timm legte seine Haare ebenso wie der Tennisspieler. Es gelang ihm
    leidlich.
    Eine Weile betrachtete der Junge sich im Spiegel und zog
    versuchsweise seine beiden Mundwinkel nach oben. Aber es sah
    nicht einmal nach der Andeutung eines Lachens aus.
    Traurig wandte er sich ab und wanderte ziellos in den drei
    Räumen seines Appartements herum. Er probierte lustlos einen
    Schaukelstuhl aus, er betrachtete die Gemälde an den Wänden –
    lauter Schiffe auf hoher See – er hob den Hörer des
    elfenbeinfarbenen Telefons ab, legte ihn aber gleich wieder in die Gabel, und schließlich öffnete er die schnörkelig verzierte
    Ledermappe, die der Baron mitten auf die polierte Platte des
    Schreibtisches geschoben hatte.
    Es war Briefpapier darin. In der linken oberen Ecke der Bogen
    stand in grauen geraden Druckbuchstaben:

    timm thaler
    eigentümer der baron-lefuet-gesellschaft

    Rechts stand:

    genua, den….

    In einer seidenen Seitentasche der Mappe lagen Briefumschlage.
    Timm nahm einen heraus und las auf der Rückseite:

    timm thaler, genova, italia, hotel palmaro

    Der Junge ließ sich in dem Sessel vor dem Schreibtisch nieder,
    schraubte den Füllfederhalter auf, der neben der Mappe gelegen
    hatte, und beschloß, einen Brief zu schreiben.
    Als er die Mappe zurückschob und einen der Bogen vom Stoß
    nahm, sah er in der Politur der Tischplatte den Briefkopf in
    Spiegelschrift:

    relaht mmit
    tfahcslleseg-teufel-norab red remütnegei

    Dabei sprang ihm ein Wort in die Augen:

    teufel

    „Sieht aus, als ob dort Teufel stünde“, dachte Timm. „Aber“,
    fügte er in Gedanken hinzu, „wenn man vom Teufel gesprochen hat,
    sieht man ihn

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