Titan 09
Visischirme waren in Betrieb.
»Wir haben eine ziemlich befriedigende Verständigung erreicht, Sir«, erklärte der Psychologe. Er wirkte abgespannt. Seine Funktion auf dieser Reise bestand an sich darin, die Besatzung auf ihrem langen Flug zu beobachten und aus ihrem Verhalten Schlüsse auf die nervliche Belastbarkeit von Raumfahrern zu ziehen. Obwohl man ihm jetzt eine Aufgabe zumutete, für die er nicht ausgebildet war, hielt er sich bemerkenswert aufrecht. Dennoch war nicht zu verkennen, daß ein spürbarer Druck auf ihm lastete. »Wir können den Fremden mitteilen, was wir wünschen, und sind ebenfalls in der Lage, ihre Antworten zu verstehen. Aber natürlich ist es unmöglich, herauszufinden, wieviel von dem, was sie sagen, der Wahrheit entspricht.«
Der Kapitän wandte sich Tommy Dort zu.
»Wir haben ein Gerät zwischengeschaltet«, erklärte Tommy, »das in gewisser Weise als mechanischer Übersetzer zu bezeichnen ist. Wir arbeiten mit Fernsehschirmen und Kurzwellen. Die Fremden benutzen Frequenzmodulationen und zusätzlich etwas, das möglicherweise eine Variation von Wellenformationen ist. Wir benutzen so eine Sprache, die weder die ihre noch die unsere ist. Sie senden uns Kurzwellen mit Frequenzmodulation herüber, und wir wandeln sie in Ton um. Wenn wir antworten, gehen die Fremden den umgekehrten Weg.«
Stirnrunzelnd fragte der Kapitän: »Warum benutzen sie unterschiedliche Wellenformen? Haben Sie darüber etwas herausgefunden?«
»Wir haben ihnen über einen Visischirm unser Aufzeichnungsgerät gezeigt. Daraufhin zeigten sie uns das ihre. Sie benutzen Frequenzmodulationen, nehme ich an«, erwiderte Tommy vorsichtig, »weil sie offenbar überhaupt keine verbale Verständigung kennen. Wir haben festgestellt, daß sie beim Sprechen die Lippen nicht bewegen. Anstatt in ein Mikrofon zu reden, stehen sie einfach neben einem Ding, das wie eine Antenne aussieht. Ich vermute, Sir, daß sie Mikrowellen benutzen, um sich untereinander zu verständigen. Ich glaube, sie erzeugen Kurzwellen in der gleichen Art wie wir Laute.«
Der Kapitän starrte Tommy an.
»Bedeutet das, daß sie Telepathie benutzen?«
»Hmmm… Ja, Sir«, erwiderte Tommy, »aber in dem Sinne, daß wir dann auch telepathisch veranlagt sind, Sir, jedenfalls soweit es sich auf die anderen bezieht. Höchstwahrscheinlich sind die Fremden taub. Sie hatten bisher keine Ahnung, daß man Luftschwingungen als Verständigungsmittel benutzen kann. Sie kennen so etwas wie Geräusche nicht.«
»Sonst noch etwas?« fragte der Kapitän.
»Nun, Sir«, druckste Tommy herum, »ich glaube, wir haben bis jetzt einiges geleistet. Wir haben Übereinkünfte mit ihnen getroffen, was bestimmte Gegenstände und ihre Bezeichnungen betrifft, soweit das über die Bildschirme möglich war. Mit Hilfe von Bildern und Diagrammen haben wir sprachliche Beziehungen geklärt. Wir kennen nun mehrere tausend ihrer Wörter und Symbole. Wir haben einen Analysator konstruiert, der ihre Kurzwellensignale speichert und sie uns dekodiert. Gleichzeitig können wir Sendungen zu ihnen hinüberschicken, die sie entziffern können. Wenn Sie jetzt bereit sind, mit dem Kapitän des anderes Schiffes zu sprechen, Sir – wir sind bereit!«
»Hmmm«, machte der Kapitän. Er wandte sich wieder dem Psychologen zu und fragte: »Welchen Eindruck haben Sie von der Psyche der Fremden gewonnen?«
»Ich weiß nicht, Sir«, erwiderte der Mann aufgeschreckt. »Sie scheinen stets das zu sagen, was sie denken. Aber ich habe nicht das geringste Anzeichen von Aufregung bei ihnen feststellen können, jetzt wo sie wissen, daß wir existieren. Sie tun einfach so, als sei die Aufnahme der Beziehungen zwischen uns eine ganz simple und normale Angelegenheit. Als hätten sie das alles nur arrangiert, um mit jemandem ein Schwätzchen abzuhalten. Aber in ihrer Sprache ist… nun… ein Unterton…«
Der Bordpsychologe der Llanvabon war, was Menschen anbetraf, eine Kapazität auf seinem Gebiet. Aber die Psyche einer völlig anderen Wesenheit zu deuten blieb für ihn ein sinnloses Unterfangen.
»W-wenn ich dazu etwas sagen darf, Sir«, stotterte Tommy aufgeregt.
»Bitte?«
»Sie sind ebenfalls Sauerstoffatmer«, fuhr Tommy fort. »Und auch in anderen Dingen scheinen sie sich nicht sonderlich von uns zu unterscheiden. Ich habe den Eindruck, Sir, daß sie eine ähnliche Entwicklung durchlaufen haben wie wir. Vielleicht entwickelt sich Intelligenz immer nach bestimmten Linien, etwa wie… wie, ja, wie
Weitere Kostenlose Bücher