Tod im Tauerntunnel
Haußmann: »Ist in Ihrem Gespräch irgendwann einmal der Name ›Alfons‹ gefallen?«
Haußmann schüttelt den Kopf.
»Grüner meint nämlich«, sagt Gächter, »Fontana habe Kontakt mit einem Mann dieses Namens.«
Bienzle starrt Gächter an. »Alfons... Alfons... Ja! Von einem Alfons war auch die Rede, als die Jarosewitch telefonierte... In dem Gespräch, das ich mitgekriegt habe, während ihr Mehrzweckheini Gewicht und Umfang ihrer Brüste vermessen hat.«
»Bäuerle heißt nicht zufällig Alfons?« fragt Gächter.
»Nein, der heißt Lothar.« Haußmann schüttelt den Kopf.
»Wäre auch zu schön gewesen ...«
Bienzle stemmt sich aus seinem Bürosessel und sagt: »Wo ist eigentlich hier das nächste Blumengeschäft?«
»In der Schwarenbergstraße, fünfzig Meter vom Eingang zum Karl-Olga-Krankenhaus entfernt«, sagt Gächter und bemüht sich, sein ernstes Gesicht zu bewahren.
Bienzle ist verlegen. Seinen bunten Sommerstrauß hat er auf die Bettdecke gelegt. Jetzt sitzt er auf einem weißen Eisenstuhl neben dem Krankenbett und schaut an Hannelore Schmiedinger vorbei auf den unvermeidlichen Feininger-Druck, der in allen öffentlichen Krankenhäusern die Wände ziert.
»Ich mache mir Vorwürfe«, sagt Bienzle leise.
»Aber warum denn?« fragt sie und lächelt dabei sogar ein wenig.
Jetzt sieht er sie an. Ihr Gesicht ist noch schmaler und durchsichtiger geworden. Um den Kopf hat sie einen Verband, der dieses Gesicht einrahmt und auf das Wesentliche konzentriert: Die Augen, eine hübsche kleine Nase und den vollen Mund.
»Ich hätte besser auf Sie achtgeben sollen - schließlich gehört es zur kriminalistischen Routine, gefährdete Personen zu schützen. Und daß Sie gefährdet waren, hätte ich wissen müssen.«
»Das war ja eine richtige Ansprache«, sagt sie; »und ich denke, Sie kommen, um mich zu vernehmen.«
»Ja, natürlich, das natürlich auch.« Bienzle weiß nicht, wie er seine Verlegenheit loswerden soll.
»In erster Linie«, sagt er, »bin ich gekommen, um zu sehen, wie's Ihnen geht.«
»Es könnte schlimmer sein. Ich hätte ganz gut schon gestern mit Ihnen reden können, aber der Arzt nimmt es übergenau. Die Kugel ist ja nicht weit eingedrungen, sie hat mich eigentlich nur gestreift. Und dann habe ich natürlich einen Schock bekommen.«
Bienzle steht auf und geht ein paar Schritte durchs Zimmer. Er schaut aus dem Fenster. «Können Sie hier überhaupt schlafen?« fragt er. »Ist ja idiotisch - ein Krankenhaus direkt an einer vielbefahrenen Straße!«
»Als die den Kasten dahingestellt haben, fuhr man wahrscheinlich noch mit Pferdekutschen«, lächelt sie.
Eine Schwester kommt herein, nimmt wortlos die Blumen und geht wieder hinaus.
Bienzle gibt sich einen Ruck: »Also, Fräulein Schmiedinger - was war es, was Sie mir sagen wollten?«
»Jarosewitch war in eine Menge dunkler Geschäfte verwickelt.«
»Ja, das haben wir inzwischen auch rausgekriegt.«
»Er hat aber genau getrennt zwischen seiner - wie soll ich sagen -, seiner offiziellen Arbeit und seinen illegalen Geschäften. Mit uns hat er nur über die normale Arbeit gesprochen, alles andere wurde geheim abgewickelt. Nur Korbut war eingeweiht. Er war so etwas wie Jarosewitchs Adjutant.«
»Wir haben ihn inzwischen verhaftet... Den Mann, der auf Sie geschossen hat, auch.«
»Dann kann ich Ihnen wohl gar nichts Neues mehr sagen.«
»Sie müssen mir alles erzählen, manchmal hilft ein kleiner Hinweis, der zunächst ganz nebensächlich erscheint. In den letzten Wochen muß sich irgend etwas ereignet haben, was Jarosewitch durcheinandergebracht hat. Wir vermuten, daß entweder er ein Geschäft ohne seine bisherigen Partner vorhatte oder daß seine Partner ihn aus dem Geschäft hinausdrängen wollten.«
»Das könnte stimmen«, sagt Hannelore Schmiedinger. »Sie erinnern sich doch, daß ich davon erzählte, wie ich über die Gegensprechanlage ein paar Satzfetzen mitbekommen habe? Dieser Besucher sprach immer wieder davon, daß Jarosewitch jemand reinlegen wolle. Und er sagte ein paarmal: ›Alfons ist in der Vorhand‹, oder so ähnlich.«
»Wenn ich nur wüßte, wer dieser Alfons ist - der Name taucht immer wieder auf, aber wir haben keine Ahnung, wer dahinterstecken könnte.«
»Aber er war doch einmal da.«
»Wie bitte? Sagen Sie das bitte noch mal!«
»Ja, er war einmal da... Das muß vor ungefähr vier Wochen gewesen sein.«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Ja, natürlich; das war kein heimlicher Besuch wie bei den anderen.
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