Tod in Garmisch
im
Stadion »Guantanamera« sangen mit dem Text: »Lebkuchen-Latte, ihr habt ‘ne …«
Schafmann nippte
verdrossen an seinem Glas. Er hasste es, wenn man über ihn lachte und er nicht
wusste, wieso.
Aber es war
Schwemmer. Und immerhin lachte er überhaupt um diese Uhrzeit.
»Ich muss heute
etwas früher nach Hause«, sagte Schafmann.
»Geht’s wieder nach
Tölz?«
»Schön wär’s. Ich
muss mit dem Wagen in die Werkstatt.«
»Was hat er denn?«
»Wildunfall. Gestern
auf dem Heimweg. Mir ist ein Wildschwein vor den Wagen gelaufen. Im Steinbacher
Hölzl, an der Brücke.«
»Und?«
»Nur Blechschaden.«
»Und das Schwein?«
»Das ist hin.«
»Hast es
mitgenommen?«
Schafmann tippte
sich leicht an die Stirn. »Ich hatt einen weinenden Jungen im Auto und eine
hysterische Nachbarin am Handy, die unbedingt sofort in Benediktbeuern abgeholt
werden musste. Da lad ich mir grad noch einen toten Keiler in den Kofferraum.
Den hab ich schön den Förster wegräumen lassen. Hat mir eh gereicht, der Ärger.
Stehst da bis elfe im Regen auf der Landstraße rum …«
Schwemmer ging in
Gedanken seinen eigenen Feierabend durch. Er fand nichts daran auszusetzen und
beglückwünschte sich. Zuerst wegen des Feierabends, dann noch einmal wegen der
gelungenen Auswahl des Weins und der Ehefrau.
»Ich hab gestern ein
paar interessante Geschichten gehört«, sagte er. »Über den Rossmeisl Hias, den
Knecht vom Meixner. Kennst den?«
»Nicht dass ich
wüsst.«
»Seit über vierzig
Jahren ist der droben auf dem Hof. Hat sich nix zuschulden kommen lassen
seitdem. Aber vorher hat er gesessen. Beim Franzosen.«
»Wegen was?«
»Es gibt nur
Gerüchte. Ich hab die Fuchs auf Aktensuche geschickt, aber ich glaub kaum, dass
da viel zu finden ist. Sicher ist nur: Er war Fremdenlegionär. Dann kannst du
dir die Gerüchte schon vorstellen. Die Meixner Gundl hat meiner Schwiegermutter
damals erzählt, der Hias hätte in Afrika einen Vorgesetzten niedergeschossen,
weil der einen Kameraden geschlagen hätt. Aber wo in Afrika und was
weiter passiert ist, hat der Hias angeblich nie erzählt.«
»Und warum?«
»Warum was?«
»Warum interessiert dich
das? Das ist über vierzig Jahre her.«
»Ich hab einen
Toten. Also guck ich mich um. Der Mann hat schon auf Menschen geschossen. Und
du weißt, dass man damit eine Grenze überschreitet. Und sonst haben wir keinen
in der Nähe, von dem wir das wüssten.«
Schafmann nickte.
»Schon recht. Kann kein Fehler sein.«
»Und noch was«,
sagte Schwemmer. »Dem Meixner seine Flinte, die ist wirklich weg – da bin ich
ziemlich sicher. Aber der Maiche hat die nie im Leben in die Klamm geworfen.
Nie im Leben. Die hat entweder der Hias entsorgt oder das Lenerl.«
»Oder beide«, sagte
Schafmann.
»Oder beide«,
bestätigte Schwemmer. Er trank sein Kaffeehaferl leer und nickte entschlossen.
»Auf geht’s«, sagte er.
* * *
Magdalena hatte sich einen Becher Tee mit an den
Empfangstresen genommen. Sie beschloss, dass es keinen Grund zu Ärger darüber
gab, dass sie Gernots Krankmeldung gestern Abend verpasst hatte. Sie hätte
wahrscheinlich nur schlechter geschlafen. Zwar fühlte sie sich gestärkt durch
den Schlaf, andererseits war sie noch nicht ganz wach, und ein paar Stunden
mehr hätten es ausnahmsweise auch mal sein dürfen. Aber für Routine würde es
reichen.
Sie wickelte ein paar Check-outs ab, darunter die
Proktologin, die unausgesprochen, aber doch offensichtlich Magdalena für ihre
Magenverstimmung verantwortlich machte.
Dann wird’s im »Lenas« wohl doch keine Tagung von
Arschärzten geben, dachte sie. Dass dieser Gedanke ihre Laune hob, machte ihr
klar, dass sie ihre nötige Mindestform noch nicht erreicht hatte.
Sie versorgte den japanischen Familienvater mit seiner
Zeitung. Sie grüßte die beiden Amerikaner freundlich, die gerade die Treppe
herunterkamen. Sie fragte das britische Paar nach ihren Frühstückswünschen.
Alles sah nach einem ganz normaler Morgen aus, bis
Kriminalhauptkommissar Schwemmer und sein Mitarbeiter das Foyer betraten und um
eine Unterredung baten.
Sie kannte den Schwemmer Hausl als den Mann von der
Burgl. Sie selbst hatte bisher nicht mehr als ein paar höfliche Sätze mit ihm
gewechselt. Persönlich war er ihr durchaus sympathisch, aber nun war er
dienstlich hier.
Und sie hatte einfach keine Zeit.
»Hausl … Herr Kommissar, du siehst, was los ist, oder?
Ich muss servieren. Können wir das nicht verschieben?«
Der Hausl sah seinen Kollegen an.
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