Tod in Garmisch
Der schüttelte den
Kopf.
»Ich will keinen offiziellen Termin draus machen,
Lenerl«, sagte Schwemmer. »Deshalb wär’s schön, wennst des irgendwie einrichten
könntest.«
»Gibst mir denn ein paar Minuten? Ihr bekommt auch
einen Kaffee.«
»Siehst, so kann man sich doch einigen«, sagte
Schwemmer freundlich. »Ich nehm einen großen Kaffee und der Kollege Schafmann
eine Lebkuchen-Latte.«
»Gut. Dann nehmt doch dort Platz«, sagte Magdalena und
wies auf den kleinen Tisch im Foyer.
Sie wusste nicht, warum der Schwemmer Hausl sie so
verblüfft ansah.
»Ist was nicht in Ordnung?«, fragte sie irritiert.
»Nein, nein … es ist nur … ihr habt tatsächlich
Lebkuchen-Latte?«
»Natürlich. Wieso?«
Der Kommissar machte eine undeutliche Geste und wandte
sich dem Tisch zu. Das unterdrückte Grinsen seines Kollegen verwirrte Magdalena
zusätzlich. Von der Küchendurchreiche kam ein energisches, doppeltes »Ping«,
und Magdalena entschuldigte sich mit einem Nicken.
Kant kam die Treppe herab. Er grüßte sie freundlich
und warf einen beiläufigen Blick auf die beiden Polizisten. Dann nahm er die F.A.Z. aus dem Zeitschriftenständer und
ging in den Frühstücksraum.
Magdalena servierte das »Englische Frühstück« für das
britische Paar, dann trat sie an Kants Tisch.
»Ich habe mich noch gar nicht bedanken können für Ihre
Hilfe gestern Abend«, sagte sie.
Kant wiegte den Kopf. »Warten Sie noch damit. Ich
hoffe, dass sich mein Eingreifen nicht nachträglich als Fehler erweist.
Drohungen können sinnvoll sein, aber nur wenn der andere sie auch versteht. Und
mit dem Auffassungsvermögen des Herrn Schedlbauer scheint es mir nicht weit her
zu sein.«
»Nicht allzu weit, nein«, sagte Magdalena.
»Sehen Sie? Dumme Feinde sind unangenehm, weil sie
eben dumme Dinge tun, mit denen man nicht rechnet. Gewinnen können sie so
nicht, aber oft wird unnötiger Schaden angerichtet … Ich nehme Tee heute,
Darjeeling, ein Croissant, Honig, Roggenbrot, rohen Schinken, zwei weiche Eier
und vielleicht eine Scheibe Lachs … oder haben Sie geräucherte Forelle?«
»Haben wir.«
»Schön.« Er senkte seinen Blick auf die Zeitung. »Es
ist überraschend oft Polizei in Ihrem Hotel«, sagte er leise. »Ich hoffe, die
beiden Herrschaften im Foyer sind wegen des Zechprellers hier.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, sie könnten auch wegen des gestrigen
Zwischenfalls hier sein. Oder wegen Ihres Großvaters. Sogar wegen Ihres
Bruders.«
Magdalena zuckte innerlich zusammen. An Wastl hatte
sie nicht gedacht. »Ich weiß noch nicht, was sie wollen.«
»Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie wegen des
Zechprellers da sind. Wahrscheinlich ist Ihr Herr Großvater der Grund.« Kant
hob den Blick wieder und schenkte ihr sein undurchdringliches Lächeln. »Wie
auch immer: Ruhe bewahren ist das Allerwichtigste«, sagte er.
Magdalena nickte. Sie gab an der Küchendurchreiche
Kants Bestellung auf, zusammen mit der Bitte an Phong, sie im Service zu
vertreten.
Dann ging sie ins Foyer.
* * *
»Was hältst du von dem?«, fragte Schwemmer. Der Mann,
mit dem Lenerl im St. Benoît gewesen war, hatte gerade eine Zeitung aus dem
Ständer genommen und betrat den Frühstücksraum.
»Im Gehrock zum Frühstück«, sagte Schafmann. »Darf man
das überhaupt?«
»Dies ist ein freies Land«, sagte Schwemmer.
»Ich meinte: in den Kreisen, in denen man Gehrock
trägt.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte
Schwemmer. »Fällt dir sonst nichts auf an dem Kerl?«
Schafmann sah dem Mann mit gekräuselter Stirn nach,
bis er im Frühstücksraum aus seinem Blickfeld geriet.
»Mit dem hat man kein leichtes Spiel«, sagte er dann.
»Wobei?«
»Wobei auch immer.«
»Hast du gesehen, wie er uns angeguckt hat, als er die
Treppe runterkam?«, fragte Schwemmer. »Mit diesem ›Dahinten sitzen die Bullen,
aber ich tu so, als würd ich’s nicht merken‹-Blick.«
»Aber er wirkte nicht, als hätte er ein schlechtes
Gewissen«, sagte Schafmann.
Aus der Küche kam ein Asiate in einer blütenweißen
Schürze und servierte mit freundlicher Verbeugung die Getränke.
Schwemmer freute sich über den Henkel an seinem
Kaffeebecher. Er nahm einen Schluck und genoss den Geschmack – irgendein
exotisches Gewürz war darin, und es schmeckte entschieden gut; jetzt, so am
fortgeschrittenen Morgen. Direkt nach dem Aufstehen wäre es ihm wohl generell
eher nicht recht gewesen.
Entspannt lehnte er sich in dem kleinen Sessel zurück.
Schafmann reckte den
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