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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Prozession losgehen, Ihr habt also ausreichend Zeit, im erzbischöflichen Palast um Gehör zu bitten. Wir treffen uns dann zwischen der vierten und fünften Stunde im Seidenmachergäßchen, da ist es Sonntags morgens hübsch einsam. Sagen wir, an der städtischen Waage.«
    »Augenblick.« Jacop rieb sich die Augen. »Was redet Ihr da von treffen? Ich dachte, wir gehen zusammen.«
    »Dachte ich auch. Aber mir ist da eine Idee gekommen, während Ihr geschlafen habt. Hat was mit Eurer Geschichte zu tun. Ich gehe woanders hin.«
    »Wollt Ihr etwa zu Godderts Haus?«
    »Das würde ich gerne.«
    »Ich auch, verdammt noch mal!«
    »Aber wir wären Narren, wenn wir uns zu diesem Zeitpunkt auf der Bach blicken ließen. Nicht jetzt. Geht und seht zu, daß Ihr Euren Waldbrand von Haaren bedeckt haltet, wenn Ihr zum Palast lauft.«
    Jacop erhob sich und reckte die Glieder. Es gelang ihm kaum. Wahrscheinlich war sein Körper grün und blau vom Sturz durch die Fensterläden. »Was habt Ihr eigentlich vor?« stöhnte er.
    »Ich will –«Jaspar klopfte ihm auf die Schulter. »Erzähle ich Euch später. Wißt Ihr, wo die Waage ist?«
    »Ja.«
    »Gut. Falls ich Euch dort nicht antreffe, werde ich zum Palast nachkommen in der Hoffnung, daß Eurer Mission Erfolg beschieden war.« »Warum könnt Ihr mir nicht sagen, wo Ihr hingeht?« »Weil es Euch im Augenblick nicht weiterhilft und zuviel Zeit in An
    spruch nimmt, es zu erklären. Los jetzt, und lauft Urquhart nicht in die Hände. Er wird vor Zorn auf Euch regelrecht in Flammen stehen.«
    Ehe Jacop etwas erwidern konnte, hatte Jaspar ihn bei den Schultern genommen und auf die Straße hinausgeschoben. Der Regen hatte aufgehört, aber es war immer noch kalt. Jacop sah sich um. Vor Bodos Haus neben den Brauereigebäuden pendelte ein Öllicht hin und her. Gegenüber lag der Keyenhof in tiefem Frieden. Niemand war unterwegs.
    »Lauft«, sagte Jaspar.
    Jacop legte den Kopf in den Nacken und pumpte seine Lungen bis zum Bersten voll. Trotz der Schmerzen war es ihm, als habe er nach langer Zeit neu zu leben begonnen. Dann umarmte er den Physikus, drückte ihn so heftig an seine Brust, daß es irgendwo knackte, und gab ihm einen schmatzenden Kuß auf die Glatze. Jaspar starrte ihn verblüfft an.
    »Ist sonst nicht meine Art«, grinste Jacop, machte kehrt und huschte die Keygasse hinauf.
    Die erzbischöfliche Pfalz, auch Saal genannt, erstreckte sich südlich entlang des Domhofs zwischen der Drachenpforte im Osten und der Hachtpforte im Westen. Erzbischof Reinald von Dassel hatte den Palast hundert Jahre zuvor erbauen lassen, eine imposante, zweistöckige Burg mit einer Reihe großer Arkaden auf hintereinanderstehenden Doppelsäulen im Obergeschoß, die den verschwenderisch ausgestatteten Saalraum schmückten. Dort pflegte Konrad Gericht zu halten, und dort war es auch gewesen, wo er die
    Patrizier überlistet hatte, als sie zu der angeblich waffenlosen und friedlichen Zusammenkunft erschienen waren.
    Rückwärtig davon, gegenüber dem Dom und von der Straße nicht einsehbar, hatte Reinalds Nachfolger Philipp von Heinsberg einen Anbau errichtet. Er lag in der Flucht des älteren Teils und diente Konrad als eigentlicher Wohnsitz, wenn er gerade in der Stadt weilte. Dort eingelassen zu werden, war illusorisch. Wer etwas vom Erzbischof wollte, hatte sich an seine Soldaten und Ministerialen zu halten, und das hieß, am Vordereingang in Bittstellung zu gehen.
    Jacop hatte die Hauptstraßen gemieden und sich durch die engsten Gäßchen gewunden wie ein Salamander. Es war nicht auszuschließen, daß die Patrizier immer noch nach ihm und Jaspar suchten, aber sie konnten nicht in jeden Winkel kriechen. Und gerade da kannte sich Jacop bestens aus.
    Er hielt einen Moment inne, um zu verschnaufen. Er hatte nun das Ende des Pützgäßchens erreicht. Es mündete auf die Straße Am Hof: breit, repräsentativ, mit stolzen Gebäuden wie dem Haus zur Krone, das den Herzögen von Brabant als Kölner Hof diente, und dem Klockring, dem Hauptquartier der Gewaltrichter. Direkt Jacop gegenüber lag nun der erzbischöfliche Palast. Im Untergeschoß waren einige Fenster erleuchtet, und die Flügel des Portals standen offen. Jacop gewahrte eine Gruppe Geharnischter, die sich mit zwei berittenen Nachtwächtern unterhielten. Ihre Stimmen drangen gedämpft zu ihm herüber. Er konnte nicht verstehen, worüber sie sprachen. Rauhes Gelächter war zu hören, dann gaben die Wächter ihren Pferden die Fersen, und die Soldaten

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