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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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zudem etwas verfallen. Die Kölner Pfarrer, Canonici, Weihbischöfe und sonstigen Geistlichen führten oft genug an, daß sie schon mit dem Zehnten nicht zurande kämen, woher also die Mittel für die Instandhaltung der Gotteshäuser nehmen? Das war insofern etwas übertrieben, als die großen Kirchen dank üppiger Zuwendungen seitens Handwerkern, Kaufleuten und Geschlechtern makellos erglänzten und das Geld ja schließlich auch für einen neuen Dom reichte. Allerdings konzentrierte sich der Segen auf das Zentrum und die großen Klöster in den Randgebieten. Kleine Pfarrkirchen wie St. Maria Magdalena waren auf ihr jeweiliges Kirchspiel angewiesen, also die Menschen im Pfarrbezirk, und da war natürlich irgendwann Ebbe im Opferstock.
    So erschien St. Maria Magdalena um so schäbiger, als gleich gegenüber die stattliche Severinskirche ihr steinernes Haupt erhob und klarstellte, wo Gott wohl übernachten würde, wenn er nur einmal in die Gegend käme.
    Bei aller Unscheinbarkeit erwies sich die kleine Pfarrkirche dennoch als wahrer Augenschmaus, verglichen mit dem Etwas, in dem Richmodis' Onkel wohnte. Es reihte sich ein in etwa ein Dutzend weiterer windschiefer Bauwerke, die allesamt aussahen wie eine Bande Betrunkener und offenbar soeben kollektiv zu Boden gingen. Richmodis erklärte Jacop, ihr Vater und ihr Onkel hätten schon zum wiederholten Male Stein und Bein geschworen, die Häuschen stünden kerzengerade, was aber darauf zurückzuführen sei, daß ihre eigene Schräglage den architektonischen Gegebenheiten entspreche und sie somit einer optischen Täuschung zum Opfer fielen.
    Jacop verstand kein Wort.
    »Ihr seid ja auch ein Dummkopf«, bemerkte Richmodis hochnäsig und pochte gegen die Haustüre.
    »Dann erklärt's mir.«
    »Ähem – später, ja? Ist denn wieder niemand zuhause?«
    Kurzentschlossen trat sie ein. Jacop folgte ihr widerwillig und verwünschte herzlich von Weidens Kleider an seinem Leib. Wenn der Alte wirklich hier war, konnten sie sich wohl auf einiges gefaßt machen.
    In der Stube lungerte allerdings nur eine graue Katze herum. Sie sahen im Hinterhaus nach, dann in dem winzigen Hof, gingen wieder ins Innere. Richmodis rief ein paarmal, kletterte in den ersten Stock und von da in den Speicher. Kurze Zeit später kam sie mit wissender Miene nach unten.
    »Gefunden?« fragte Jacop. »Nein. Aber meines Vaters Mantel ist hier, also ist auch er hier. Und wo der eine ist, da ist der andere nicht weit.« Sie zog Jacop wieder in den Hof und wies auf eine geschlossene Luke aus Brettern im Boden, an der ein rostiger Ring befestigt war.
    »Was mag das wohl sein?« fragte sie spitz.
    »Ein Keller?« mutmaßte Jacop.
    »Oh nein! In normalen Häusern wäre dahinter vielleicht ein Keller. Hier kommen wir direkt in die Hölle. Paßt mal auf.«
    Sie bückte sich, packte den Ring und stemmte die Luke hoch. Eine steile, schlüpfrige Stiege führte nach unten, und zusammen mit einem Schwall moderiger Luft entstiegen dem Loch die Worte:
    » – daß ich es in Zukunft ablehne, mit jemandem zu verkehren, der anderer Leute Pisse säuft!«
    »Das tue ich aber gar nicht, du krummer Buckel«, antwortete eine zweite Stimme. »Ich schmecke den Urin, was nämlich etwas gänzlich anderes ist als trinken, verstehst du das?«
    »Pisse bleibt Pisse.«
    »Urin, nicht Pisse, du Unflat! Und nur ein Tröpfchen, das mir sagt, ob der Erkrankte wohl am Diabetes mellitus leidet, hier auf der Spitze meiner Zunge kann ich das schmecken, siehst du, da!«
    »Bah, geh mir weg mit deiner gelben Schweinezunge.«
    »So, gelbe Zunge? Und wie erklärst du es dir dann, daß diese Schweinezunge über ein so ungleich größeres und gelehrteres Vokabular verfügt, als dein verhurter Geist in hundert Jahren aufzubringen imstande wäre?«
    »Ich habe nicht gehurt, aber von dir weiß ich, daß du am Davidstag nach den Christtagen in die Schemmergasse gegangen bist und diese zwei Seidenspinnerinnen kommen mußten, sechzehn Fuder Wein habt Ihr da versoffen, du und dein Gelumpe von Studenten!«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Wohl ist es wahr, und bei den Weibern habt Ihr gelegen, daß es mich wundert, dich noch gesund an Leib und Gliedern zu erleben. Man sollte meinen, dein Instrument der Wollust wäre längst schon abgefault.«
    »Was weißt du fette Färberseele denn vom Instrumentarium der Wollust? Du kannst ja keinen Furz von einem Seufzer unterscheiden.«
    »Aber Wein von Pisse!«
    »Ha! Quod esset demonstrandum. Wenn man dir nicht sagen würde, daß

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