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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Mantel auf der Stelle ausgezogen, aber sein Arm war mittlerweile steif und nahezu unbeweglich.
    »Er trägt deinen Mantel, weil er Hilfe braucht.« Richmodis kam aus dem Hinterhaus und stellte einen süßen Wecken auf den Tisch.
    »Ausgezeichnet!« rief der Physikus.
    »Verdient hat es keiner von euch. Damit du's weißt, Vater, ich versorge seit gestern unser Haus und unsere Kundschaft, färbe und schufte und erfinde die tollsten Geschichten, um mir die Kerle vom Leib zu halten.«
    »Ihn auch?« fragte Goddert vorsichtig und zeigte auf Jacop.
    »Natürlich nicht!« Sie schenkte Jacop einen warmherzigen Blick und begann, Stücke von dem Wecken abzureißen und zu verteilen. »Jacop hat mir eine Flöte geschenkt«, sagte sie mit unüberhörbarem Stolz.
    »Und was hast du ihm dafür geschenkt?« kicherte Jaspar.
    »Vaters alte Kleider.«
    Goddert von Weiden wurde noch roter im Gesicht, setzte zu einer Donnerpredigt an, räusperte sich und biß ein Stück von seinem Wecken ab. Jacop war völlig verdutzt.
    »Habt Ihr mir nicht erzählt, er hätte Euch durchs Haus gejagt?« flüsterte er ihr zu.
    Sie lächelte vielsagend. »Sicher.«
    »Aber er –«
    Sie beugte sich zu ihm herunter und flüsterte zurück: »Ich habe Euch zum Narren gehalten. Um offen zu sein, er ist eine Seele von Mensch. Aber das dürft Ihr ihm niemals sagen, sonst bildet er sich am Ende was drauf ein.«
    »He«, rief Goddert mit herabgezogenen Mundwinkeln und vollen Backen. »Wollt Ihr wohl aufhören, herumzutuscheln!« »Warum läßt du sie denn nicht«, fuhr ihn Jaspar an. »Nur weil mit dir keine mehr tuscheln will!«
    »Mit mir tuscheln sie alldieweil, Hornochse. Bei dir kommen sie's höchstens beichten.« »Wenn ich darauf warten wollte, daß mir die Weiber von dir beichten kommen, könnte ich genausogut meinen Beichtstuhl zunageln.« »Das wirst du nicht tun, dann hättest du ja keinen Platz zum Buhlen mehr.«
    »Lästere nicht das Sakrament der Beichte, du Waldenser!«
    »Was? Ich ein Waldenser?«
    »Und ein verlogener obendrein!«
    »Das ist ja lachhaft. Willst einen ehrbaren Handwerker der Ketzerei beschuldigen! Im übrigen sind die Waldenser –« »Ich weiß, ich weiß.« »Du weißt eben nichts, weil dich das Geistliche ja gar nicht interessiert.
    Wobei ich deine Abneigung gegen die Waldenser wohl verstehe, immerhin verbieten sie deinesgleichen, die Messe zu lesen und Geschenke anzunehmen.«
    »Was heißt hier meinesgleichen?«
    »Unwürdige Pfaffen, die auf Buhlschaft gehen.«
    »Das haben die Waldenser nie gesagt, du einfältiger Trampel, und wenn, dann wäre es mir auch egal. Ist dir das Rheuma ins Hirn gezogen, daß du versuchst, mit einem studioso über so etwas wie die Waldenser zu reden? Weißt du denn, daß sie das Fegefeuer ablehnen und ihre Laienbrüder in der ganzen Christenheit die Abkehr von der Heiligenverehrung fordern?«
    »Tun sie nicht!«
    »Doch. Du kannst dann nicht mehr zum heiligen Franziskus beten, wenn dir der Rücken weh tut, und wenn du tot bist, gibt es keine Seelenmesse, keine Gebete, nichts. So wollen es nämlich deine sauberen Waldenser, nur daß sie sich selbst an keine ihrer Regeln halten.«
    »Von wegen! Sie sind sämtlich unbeweibt und –«
    »Naja.«
    »Und tun nichts, als nur die reine Lehre Christi zu befolgen.«
    »So? Und warum ist dann jüngst in Aachen dreien der Prozeß gemacht worden, diesen Sommer erst?«
    »Bestimmt nicht, weil sie in die Schemmergasse gingen.«
    »Ich war nicht in der Schemmergasse!« »Papperlapapp.«
    »Und noch etwas will ich dir sagen, Goddert, Sohn eines Erdferkels, daß sie Häretiker sind, über die auf der Synode von Verena nicht von ungefähr Reichsacht und Kirchenbann verkündet wurden.« »Die Synode von Verona war ein Witz. Das wurde nur verkündet, weil der Papst um seinen Ablaß bangte.«
    »Sie wurde in frommer Eintracht verkündet von Gottes Stellvertreter auf Erden Papst Lucius III. und Friedrich Barbarossa, weil, wie du erstaunlicherweise zu wissen scheinst, deine abgerissenen Waldenser in ihren sabbatati gegen den Ablaß sind. Jetzt frage ich dich, wo soll es hinkommen, wenn wir keinen Ablaß mehr haben? Willst du die Menschen ins Unglück stürzen, ihnen die gottgewollte Chance entreißen, sich von ihren kleinen Verfehlungen loszukaufen? Ich sage dir, Goddert, es gibt eine bedenkliche Tendenz, die Armut des Klerus zu übertreiben, so daß ich manchmal fürchte, wir möchten ein Volk von Katharern, Publicanern und Albingensern werden. Ist dir eigentlich klar,

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