Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Eadulf in die menschenleere Bibliothek. In der Luft hing noch der Qualmgeruch, und in dem großen Kamin, von dem der Lesesaal geheizt wurde, lagen die kümmerlichen Reste der Handschriften. Fidelma schaute auf die Regale, auf denen früher die Sammlung der Bücher des Ehrwürdigen Cináed stand, wie ihr Bruder Faolchair stolz gezeigt hatte. Eadulf rieb sich den Nacken, während er nach oben auf die leeren Bücherborde starrte.
    »Ob das auch in Zusammenhang mit seiner Ermordung steht?« fragte er.
    »Ich fürchte, ja«, meinte Fidelma nachdenklich. »Doch hier bleibt uns nichts weiter zu tun, als dafür zu sorgen, daß Bruder Eolas seinem Gehilfen keine Schuld anlastet. Wir müssen mit unserer Befragung vorankommen. Also auf zur Ärztin.«
     
    |200| Schwester Uallann war sichtlich ungehalten, daß man sie störte, und blickte verärgert auf, als die beiden in den Apothekenraum kamen. Sie saß auf einem Hocker vor ihrem Arbeitstisch und goß zwei seltsam aussehende Flüssigkeiten aus Flaschen in eine Schale.
    »Ich bin beschäftigt«, knurrte sie.
    »Auch wir sind nicht müßig«, erwiderte Fidelma gelassen. »Wie du weißt, sind wir hier, um einen Mord aufzuklären. Ich muß dir diesbezüglich noch einige Fragen stellen.«
    Schwester Uallann setzte die Flaschen ab und wischte sich die Hände. Ihre Augen blitzten vor Zorn.
    »Und wenn ich nicht antworte, läßt du wieder deinen Sermon ab, daß du eine
dálaigh
bist und ich mich strafbar mache, wenn ich mich weigere«, äußerte sie sarkastisch.
    Fidelma strahlte sie unbekümmert an.
    »Könnte durchaus sein, Schwester Uallann«, bestätigte sie in aller Ruhe.
    »Dann stell deine Fragen und geh, ich habe zu tun.«
    Fidelmas Blick wanderte zu dem Gebräu in der Schale.
    »Das ist ein Trank, den ich für jemandem mit einem Blasenleiden bereite«, kam die Erklärung. Hauptsächlich besteht er aus Gerste, und der füge ich Seetang bei. Die Algen sammele ich selber an der Küste. Gerste und Tang koche ich getrennt in Wasser, rühre beides zusammen und achte darauf, daß der Gerstenanteil größer ist. Der Sud lindert das Leiden.« Der Ton, in dem sie die Zusammensetzung ihrer Medizin erläuterte, war äußerst herablassend.
    »Ich möchte gern wissen, Schwester Uallann«, sagte Fidelma, ohne auf die Belehrung einzugehen, »worüber du dich mit dem Ehrwürdigen Cináed am Abend vor seinem Tod gestritten hast.«
    Einen Moment lang schien die Heilkundige verwundert.
    |201| »Ich hätte mich gestritten?« fragte sie zurück und suchte ihre Überraschung zu verbergen.
    »Willst du das etwa leugnen?«
    Schon dachten Fidelma und Eadulf, daß sie es wirklich abstreiten wollte. Doch sie zuckte nur die Achseln.
    »Das war eine rein persönliche Sache.«
    »Rein persönlich? Ein Mensch ist ermordet worden. Selbst der geringste Anhaltspunkt, weshalb er ermordet wurde, darf nicht als rein persönlich abgetan werden.«
    »Ich will über die Sache nicht reden«, entgegnete Schwester Uallann trotzig.
    »Aber ich will, daß du über die Sache redest«, erwiderte Fidelma ungehalten.
    Schwester Uallann starrte sie streitsüchtig an.
    »Na schön«, fuhr Fidelma fort. »Du hast die Wahl. Entweder du erzählst mir aus freien Stücken, worüber du mit dem Ehrwürdigen Cináed an dem Abend im Streit lagst, oder ich muß dich kraft meines Amtes dazu zwingen.«
    Schwester Uallann rümpfte die Nase, wodurch ihr Gesicht nicht hübscher wurde, und lenkte dann unvermittelt ein.
    »Der Ehrwürdige Cináed war ein Sünder.«
    Ein belustigtes Zucken hüpfte über Fidelmas Mundwinkel. »Ein Sünder? Versündigen wir uns nicht alle einmal in dieser oder jener Hinsicht?«
    Schwester Uallann brauste auf. »Er war ein Verräter an seinem eigenen Volk. Außerdem hat er sich der Sünde der Hurerei schuldig gemacht, der fleischlichen Lust.«
    »Und deswegen …?«
    »Empfindest du so etwas nicht als anstößig?«
    Fidelma winkte ab. »Es kommt mir nicht zu, etwas als anstößig zu empfinden. Bei der Rechtspflege verbieten sich Empfindungen dieser Art.«
    |202| »Der Ehrwürdige Cináed hatte ein Liebesverhältnis mit einer jungen Nonne, die der Äbtissin Faife unterstand.« Schwester Uallann machte diese Mitteilung in einem Ton, als ginge es um die Enthüllung eines gräßlichen Geheimnisses.
    »Wenn ich recht vermute, spielst du auf Schwester Sinnchéne an?«
    Auf dem Gesicht der Heilkundigen schlug Entrüstung in Enttäuschung um.
    »Du weißt das also?« fragte sie ernüchtert.
    »Ja, das ist mir

Weitere Kostenlose Bücher