Todesangst
Schlüssel. Er war froh, daß sie in sein Leben getreten war, und zum ersten Mal dachte er sehr ernsthaft über die Möglichkeit einer festen und dauerhaften Beziehung zu ihr nach.
3
Es war keine gute Nacht für Jason Howard gewesen. Jedesmal war, sobald er die Augen geschlossen hatte, das Gesicht von Hayes vor ihm aufgetaucht mit diesem erschrocken in sich hineinhorchenden Ausdruck unmittelbar vor der Katastrophe, und immer wieder neu kam die Erinnerung an dieses bedrückende Gefühl der absoluten Hilflosigkeit, als dessen Blut stoßweise aus dem Mund quoll.
Die Szene verfolgte ihn auch noch auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz, und dabei fiel ihm ein, daß er sowohl gegenüber Curran als auch Shirley Montgomery etwas zu erwähnen vergessen hatte. Es ging um Dr. Hayes’ Bemerkung, daß seine Entdeckung nicht mehr länger ein Geheimnis sei und bereits genutzt würde. Was mochte er wohl damit gemeint haben? Howard nahm sich vor, sofort nach seinem Eintreffen in der Klinik Curran deswegen anzurufen, doch sobald er das Gebäude betrat, wurde er auch schon ausgerufen mit der Bitte, sogleich in die Herzabteilung zu kommen.
Der Zustand von Brian Lennox hatte sich erheblich verschlechtert. Schon nach einer kurzen Untersuchung mußte sich Dr. Howard eingestehen, daß er hier kaum noch etwas tun konnte. Auch das Ergebnis der Beratung der Herzspezialisten, um die er am Vortag gebeten hatte, war nicht optimistisch, obwohl Dr. Harry Sarnoff noch eine Dringlichkeitsuntersuchung für diesen Morgen vorgesehen hatte. Nur eine sofortige Operation, bei der dann unmittelbar über die tatsächlich durchzuführende Maßnahme entschieden werden konnte, ließ noch einen kleinen Hoffnungsschimmer.
»Was machen wir, wenn es zum Herzstillstand kommt?« fragte die Schwester Dr. Howard. »Sollen wir ihn anschließen, um die Funktionen aufrechtzuerhalten? Auch die Nieren scheinen allmählich zu versagen.«
Dr. Howard haßte derartige Entscheidungen. Aber er betonte schließlich nachdrücklich, daß alles getan werden müsse, um den Patienten am Leben zu erhalten - zumindest bis das Ergebnis der anstehenden Untersuchung am offenen Herzen vorliege.
Auch der weitere Verlauf von Jason Howards Rundgang brachte eher niederschmetternde Ergebnisse. Seine zuckerkranken Patienten, bei denen inzwischen durchgängig auch andere Organe in Mitleidenschaft gezogen waren, ging es allesamt nicht gut. Bei zweien drohte nun auch Nierenversagen, und beim dritten mußte man ebenfalls in Kürze damit rechnen. Besonders schlimm war, daß keiner dieser drei Patienten aus diesem Grund eingeliefert worden war. Die drohende Gefährdung der Nieren war eingetreten, während Dr. Howard sie wegen anderer Symptome behandelte.
Auch die beiden Patienten, die er wegen einer Leukämie aufgenommen hatte, sprachen nicht so auf die Behandlung an, wie er das erwartet hatte. Beide wiesen jetzt auffällige Symptome in bezug auf die Herztätigkeit auf, obwohl sie eigentlich bei der Einlieferung über Atmungsprobleme geklagt hatten. Und die beiden AIDS-Fälle zeigten eine auffällige Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes. Die beiden einzigen Patienten, denen es tatsächlich besserging, waren zwei junge Mädchen mit Gelbsucht. Der letzte von Dr. Howards Patienten war ein Mann Mitte Dreißig, der zu einer Überprüfung seiner Herzklappen eingeliefert worden war; als Kind hatte er unter rheumatischem Fieber gelitten. Gott sei Dank war sein Zustand wenigstens unverändert.
In seinem Zimmer angekommen, mußte Dr. Howard erst einmal ein ernstes Wort mit Claudia reden. Die Neuigkeit von Dr. Hayes’ Tod hatte sich schon im gesamten GHP-Komplex herumgesprochen, und Claudia platzte fast vor Neugier. Dr. Howard machte ihr klar, daß er nicht vorhabe, mit ihr über die Sache zu reden, aber sie blieb hartnäckig. Schließlich warf er sie hinaus, doch später entschuldigte er sich bei ihr und berichtete ihr in verkürzter Form über den Ablauf der Geschichte. Um halb elf erreichte ihn ein Anruf von Dr. Harry Sarnoff mit niederschmetternden Nachrichten. Die Öffnung des Brustkorbs von Brian Lennox hatte gezeigt, daß seine Koronararterien in noch schlechterem Zustand waren, als man hatte befürchten müssen, doch ohne eine eigentliche Blockierung an einem bestimmten Punkt. Mit anderen Worten: Sie waren in ihrer Gesamtheit durch Arteriosklerose verengt, und zwar in einem erschreckenden Ausmaß, und es gab keine Möglichkeit, ihn durch einen operativen Eingriff zu retten. Dr.
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