Todesbraeute
sie den Kopf. »Jedenfalls nicht in der Zeit, die ich ihn kannte.« Sie legte eine Hand an Hopes Wange. »Hast du deinen Opa gesehen?«
Hope nickte, und ihre großen Augen waren so traurig, dass Alex hätte weinen mögen. »Wann denn, Schätzchen? Wann hast du deinen Opa gesehen?«
»Hatte die Nonne in dem Obdachlosenasyl nicht gesagt, dass Hope nach ihm gesucht, ihn aber nicht gefunden hat?«, murmelte Meredith.
»Schwester Anne glaubte, sie hätte ihn nicht gefunden«, berichtigte Alex sie stirnrunzelnd. »Da fällt mir ein, dass Daniel mir nicht erzählt hat, ob mit Schwester Anne oder Desmond alles in Ordnung ist.«
»Er hat die Order gestern Nacht durchgegeben«, sagte Hatton. »Ich frage nach, während Sie beide sich anziehen.« Er stellte Hope auf die Füße und legte ihr einen Finger unters Kinn. »Lauf mit deiner Tante«, sagte er aufmunternd, und Hope nahm gehorsam Alex' Hand. »Den sollten wir behalten«, sagte Meredith und zeigte mit dem Daumen auf den Agent. »Er kann anscheinend gut mit Hope umgehen.«
»Oder er gibt uns einfach seinen Zauberstab«, konterte Alex ironisch, und plötzlich sah Hope mit panischem Blick ruckartig zu ihr auf.
Alex warf Meredith einen Seitenblick zu. Dann ignorierte sie den Protest ihrer malträtierten Knie und ging vor dem Kind in die Hocke. »Süße, was ist denn mit dem Zauberstab?«
Aber Hope schwieg und starrte sie nur entsetzt an. Alex schlang ihre Arme um sie. »Ach, Kleines«, flüsterte sie, »was hast du nur gesehen?« Doch noch immer sagte das Mädchen nichts, und Alex wurde das Herz schwer. »Na, komm, meine Süße. Ab in die Wanne.«
Bernard, Georgia, Mittwoch, 31. Januar, 6.25 Uhr
»Der Mistkerl ist erstaunlich flink«, murmelte Agent Koenig hinter Daniel.
Daniel sah zu, wie sich Jim Woolf den Baum hinaufzog. »Ja. Man sollte nicht glauben, was in ihm steckt.« Er presste die Kiefer zusammen, als er durch die Bäume zum Graben dahinter blickte. »Er hat eine Menge Fotos gemacht, bevor er sich diesen Baum ausgesucht hat. Ich möchte gar nicht wissen, wer dort liegt.« »Tut mir leid, Daniel.«
»Ja, mir auch.« In seiner Tasche vibrierte sein Handy. Chase. »Koenig und ich sind gerade angekommen. Wir haben uns noch nicht umgesehen. Wo sind Sie?« »Nicht weit. Ich bin schließlich mit Warnlicht gefahren. Gehen Sie hin, und schauen Sie es sich an.«
Daniel schob sich, das Handy noch am Ohr, durch die Bäume und stellte sich Woolfs verblüfftes Gesicht vor, wenn er ihn sah. Er trat an den Rand des Grabens und blickte hinein. »Ja, wieder eine«, sagte er. »Braune Wolldecke.«
Chase gab einen zornigen Laut von sich. »Dann zerren Sie diesen Vollidioten vom Baum, und rühren Sie sich nicht. Ich fahre gerade von der Interstate ab. CSU und die Rechtsmedizin sind unterwegs.«
Dutton, Mittwoch, 31. Januar, 6.45 Uhr
Erleichtert, erschöpft und mit steifen Gliedern fuhr er auf seine Auffahrt. Aber Kate ging es gut, und das war alles, was zählte. Er hatte noch eine Stunde Zeit, zu duschen, etwas zu essen und sich zusammenzureißen, bevor er den Abgeordneten Bowie treffen würde.
Es gab Tragödien, dachte er, und es gab Politik. Manchmal waren sie miteinander verwoben. Er stieg aus und bückte sich auf der Veranda, um die Zeitung aufzuheben, und obwohl er die Nachricht erwartet hatte, krampfte sich alles in ihm zusammen.
»Rhett, du elender Dummkopf«, murmelte er. »Ich habe dich doch gewarnt.«
Die Tür öffnete sich, und seine Frau erschien. Gekränkt musterte sie ihn. »Früher hast du deine nächtlichen Eskapaden wenigstens vor den Nachbarn verborgen. Und vor den Kindern.«
Er hätte beinahe laut gelacht. Nach all den Jahren, die sie so getan hatte, als wüsste sie nichts von seinen kurzen Affären, suchte sie sich ausgerechnet diesen Zeitpunkt, um ihn zur Rede zu stellen. Das einzige Mal, das er nicht schuldig war.
Oh, doch, das bist du. Du musst Vartanian von den sieben anderen Frauen erzählen. Es reicht nicht, auf Kate aufzupassen. Wenn noch eine von ihnen stirbt ... dann bist du genauso daran schuld.
Seine Frau sah ihn misstrauisch an. »Du siehst aus, als hättest du in deinen Kleidern geschlafen.« »Das habe ich auch.« Die Worte waren heraus, bevor er sich zurückhalten konnte. Er war einfach zu erledigt. »Und warum?«
Er konnte es ihr nicht sagen. Er liebte sie nicht mehr. Er war nicht sicher, ob er es je getan hatte. Aber sie war seine Frau und die Mutter seiner Kinder, und er besaß noch genügend Respekt vor sich
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