Todesbraeute
wirklich nur ein netter Bursche. »Okay, warum nicht. Danke, Daniel. Dann haben wir eine Verabredung?« Er schüttelte den Kopf, und seine Miene veränderte sich. »Kaum. Eine Verabredung schließt meist weder Kinder noch Hunde ein.« Sein Blick war vollkommen ernst und sandte ihr einen Schauder über den Rücken. Einen angenehmen Schauder, dachte sie. Von der Art, wie sie ihn lange nicht empfunden hatte. »Und definitiv keine Nonnen.« Sie schluckte und spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Ich verstehe.«
Er hob seine Hand an ihr Gesicht und zögerte einen kurzen Moment, bevor sein Daumen über ihre Unterlippe strich, und sie schauderte wieder. »Ja, ich glaube, diesmal tust du es wirklich«, murmelte er und zuckte plötzlich zusammen. Er griff in seine hintere Hosentasche und zog sein Handy hervor, das ihn offenbar vibrierend aus einer Stimmung geholt hatte, die sehr interessant hätte werden können.
»Vartanian.« Seine Miene war ausdruckslos, und sie schloss daraus, dass der Anruf seinen Fall betraf. Alex dachte unwillkürlich an die Frau auf dem Autopsietisch. Wer mochte sie sein? Hatte jemand sie schon als vermisst gemeldet? »Wie viele Eintrittskarten hat sie gekauft?«, fragte Vartanian nun. »Nein, Sie brauchen es nicht zu buchstabieren. Ja, ich kenne die Familie. Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.«
Er drückte das Gespräch weg und verblüffte sie erneut, indem er sich sein Sweatshirt über den Kopf zog und dabei bereits die Treppe hinauflief. Auf dem Weg knüllte er den Pulli zusammen und warf ihn in Richtung eines Wäscheschachts in der Wand. Er verfehlte ihn, hielt jedoch nicht für einen zweiten Versuch an. »Bleib da«, rief er über die Schulter. »Ich bin gleich zurück.«
Mit großen Augen und offenem Mund sah sie ihn oben verschwinden. Der Mann hatte einen prächtigen Rücken, breit, muskulös und sanft gebräunt. Seine Brust, auf die sie ebenfalls einen kurzen Blick hatte werfen können, war auch nicht zu verachten. Himmel. Dieser Mann war als Ganzes nicht zu verachten. Plötzlich bemerkte Alex, dass sie unwillkürlich die Hand ausgestreckt hatte, als wollte sie ihn berühren. Lächerlich. Aber dann fiel ihr der Ausdruck seiner Augen ein, kurz bevor das Handy ihn abgelenkt hatte. Vielleicht doch nicht so lächerlich.
Sie zog schaudernd den Atem ein und hob das Sweatshirt auf. Der Impuls, daran zu riechen, war übermächtig, und beinahe hätte sie gegrinst. Pass auf, Alex. Wie hatte er es genannt? Unbekanntes Terrain. Sie warf einen sehnsüchtigen Blick zum Treppenabsatz hinauf. Wahrscheinlich zog er jetzt gerade seine Jeans aus. Unbekanntes Terrain, ja, aber ein sehr reizvolles.
Weniger als zwei Minuten später polterte er im Laufschritt die Treppe wieder herab. Er trug einen dunklen Anzug und zog sich gerade die Krawatte zurecht. Ohne das Tempo zu drosseln, nahm er ihre Tasche. »Nimm deine Jacke und komm. Ich fahre dir bis Dutton hinterher.« »Das ist nicht nötig«, begann sie, aber er war bereits zur Tür hinaus.
»Ich muss sowieso dorthin. Ich komme morgen um halb sieben mit Riley zu dir.« Er öffnete ihr die Autotür und wartete, bis sie sich angeschnallt hatte, bevor er sie zuwarf. Sie ließ das Fenster herab. »Daniel.«
Er wandte sich im Gehen zu ihr um und bewegte sich rückwärts auf sein Auto zu. »Was denn?« »Danke.«
Seine Schritte wurden zögernd. »Gern geschehen. Wir sehen uns morgen Abend.«
Dutton, Montag, 29. Januar, 23.35 Uhr
Daniel stieg aus und blickte voller Unbehagen zu dem Haus auf dem Hügel hinauf. Das hier würde nicht schön werden. Er hasste es, derartige Nachrichten zu überbringen. Janet Bowie hatte ihre Eintrittskarte zu Fun-N-Sun plus die von sieben Kindern mit ihrer Kreditkarte gezahlt. Und nun musste er dem Kongressabgeordneten Robert Bowie mitteilen, dass seine Tochter wahrscheinlich tot war.
Mit schweren Schritten ging er die steile Auffahrt hinauf und drückte auf den Klingelknopf.
Ein verschwitzter junger Mann in Laufbekleidung öffnete. »Ja?«
Daniel zog seine Marke hervor. »Special Agent Vartanian, Georgia Bureau of Investigation. Ich muss mit dem Abgeordneten und Mrs. Bowie reden.«
Der Mann verengte die Augen. »Meine Eltern schlafen schon.«
Daniel blinzelte. »Michael?« Es musste sechzehn Jahre her sein, seit er Michael Bowie zum letzten Mal gesehen hatte. Als Daniel abreiste, um aufs College zu gehen, war Michael ein magerer Vierzehnjähriger gewesen. Mager war er nicht mehr. »Tut mir leid. Ich
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