Todesfahrt: Thriller (German Edition)
längst begonnen. Doch mit Allahs Hilfe werden wir ihn siegreich beenden!«
Der Reporter starrte ihn kurz an und ging dann weiter, um den Nächsten zu interviewen.
Inzwischen befanden sich alle Gefangenen an Land. Torsten zählte achtzehn Personen, von denen er fünfzehn bereits aus dem Fernsehen oder aus Zeitungen kannte. Die drei männlichen Bundestagsabgeordneten gehörten dazu, ebenso ein paar Landespolitiker und einige hohe Tiere aus der Wirtschaft und dem Kulturleben. Obwohl sich bei der Gruppe auch fünf weibliche Geiseln befanden, fehlten zwei Frauen, die er unter ihnen erwartet hatte. Die eine war Evelyne Wide, eine in Deutschland recht bekannte Reporterin, mit der Petra bis vor kurzem noch Kontakt hatte halten können, und die andere Maggie Dometer, die wohl reichste Frau an Bord. Sein Jugendfreund Sven Kunath war ebenfalls nicht darunter. Aber der hatte den Höhepunkt seiner Karriere längst überschritten und wurde von den Piraten wohl als nicht wichtig genug eingestuft, um in ein gesondertes Gefängnis gesperrt zu werden.
Noch während sich seine Gedanken mit dem ehemaligen Fußballstar beschäftigten, folgte Torsten dem Zug der Gefangenen durch die Stadt. Da nahezu jeder Einwohner zuschauen wollte, wurde erbittert um die besten Plätze gerungen, und Torsten bekam etliche Stöße mit dem Ellbogen ab. Allerdings teilte er auch kräftig aus und konnte so in der Nähe der Wachen bleiben, die die Geiseln umringten wie Hütehunde ihre Schafe.
Manche bewarfen die Geiseln mit Steinen und Erdbrocken. Torsten sah einige der gefangenen Frauen weinen. Die Männer zogen die Köpfe ein und hoben die Hände vors Gesicht, um sich zu schützen.
Ein Kerl tat sich besonders hervor und feuerte einen Regen von Staub und Dreck auf die eingeschüchterten Deutschen ab. Torsten war nicht wenig erschrocken, als er Tamid erkannte, einen der beiden Isaaq, die ihn und Omar Schmitt hierher begleitet hatten. Gerade als Torsten sich fragte, ob der Kerl die Seite gewechselt hatte, stand dieser für den Bruchteil einer Sekunde vor ihm und zwinkerte ihm zu. Dann hüpfte er mit wahren Bocksprüngen um die Gefangenen herum und verspottete sie.
Die Wachen lachten über ihn und ließen ihn gewähren. Zuletzt tanzte er vor ihnen her und deklamierte ein altes Gedicht, in dem der Heldenmut der Somalis und ihre Bereitschaft gepriesen wurden, sich gegen alle Fremden zu behaupten.
Die Piraten brachten ihre Geiseln in eine leere Halle in der Nähe der Fischfabrik, deren Fenster nicht einmal für ein Kind groß genug waren, und ließen den Bewohnern von Laasqoray noch ein paar Minuten Zeit, die Gefangenen zu verspotten. Danach gaben sie Schüsse an die Decke ab und scheuchten die Leute wieder hinaus. Torsten sah noch, wie sie Tamid dazu zwangen, mehrere große Plastikeimer in die Halle zu bringen, in die die Gefangenen ihre Notdurft verrichten sollten, dann schloss sich das eiserne Tor, und er stand inmitten der aufgeputschten Menge auf der Straße.
DREIZEHN
W
agner sah so entschlossen aus, dass es Henriette in den Fingerspitzen kribbelte. »Wir haben jetzt das endgültige Okay bekommen«, sagte er. »Ab jetzt handeln Sie nach eigenem Ermessen. Geben Sie das auch an Renk durch, Frau Waitl. Danach machen Sie sich für den Einsatz fertig.«
Petra nickte unglücklich, stellte eine verschlüsselte E-Mail für Torsten zusammen und schickte sie ab.
Zweifelnd blickte sie zu Wagner auf. »Glauben Sie nicht, dass wir erst noch weitere Informationen sammeln sollten, bevor wir uns auf den Weg machen?«
»Den Rest können Sie sich an Bord der Lady besorgen. Jetzt haben wir keine Zeit mehr dafür. Jede Stunde, die wir vergeuden, kann den Tod von Geiseln bedeuten. Wir haben es hier nicht mit Hollywoodpiraten zu tun, sondern mit Banditen, die über Leichen gehen.«
Wagner war laut geworden. Dabei konnte er Petra gut verstehen. Immerhin war sie nie für einen Außeneinsatz ausgebildet worden. Aber sie war nun einmal die einzige Person, die an Bord der Lady etwas ausrichten konnte.
Henriette trat auf Petra zu und legte den rechten Arm um sie. »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin bei dir und werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert.«
»Außerdem sind Renk und Borchart in der Nähe und können euch im Notfall unterstützen«, erklärte Wagner in dem Bemühen, Petras Besorgnis zu zerstreuen.
»Ich habe keine Angst«, behauptete die Computerspezialistin alles andere als wahrheitsgemäß. »Aber ich bin noch nie mit einem Fallschirm
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