Todesflut: Thriller
sind.«
22. Kapitel
10:35
47 Minuten bis zum Eintreffen der Welle
Honolulu blieben noch siebenundvierzig Minuten, Big Island nur elf. Brian Renfro wusste, dass viele Menschen auf Hawaii es nicht mehr schaffen würden, sich zu retten, besonders, wenn sie sich noch immer nicht auf den Weg gemacht hatten, aber er musste alles tun, was in seinen Kräften stand. Die Inseln von Hawaii hatten gegenüber der Weihnachtsinsel und Johnston Island einen Pluspunkt zu verzeichnen: Sie waren vulkanischen Ursprungs und folglich sehr steil. Wer sich beeilte, konnte eine sichere Höhe erreichen.
Ihm wurde klar, dass von nun ab jede Sekunde kostbar war. Die Gouverneurin war unterwegs zu ihm, aber er konnte selbst die wenigen Minuten nicht abwarten, die sie noch brauchen würde. Die neue Ansprache im Fernsehen würde er selbst machen müssen.
Inzwischen waren mehrere Kollegen im Center eingetroffen, um ihm zu helfen. Mehr als sechs waren sie jedoch immer noch nicht. Er rief sie zu sich, um ihnen die wichtigsten Anweisungen ihres Lebens zu geben.
»Okay. So sieht es aus«, begann er mit unsicherer Stimme. »In elf Minuten trifft ein riesiger Tsunami auf die Südspitze von Big Island. Nur dreißig Minuten später wird er in Honolulu sein. Wenn wir hier fertig sind, werde ich die Warnung aktualisieren.«
Chet Herman, ein Neuankömmling, ergriff das Wort. »Sollten wir nicht auf die Gouverneu…«
»Nein. Sie wird nach mir sprechen, denn es dauert noch mindestens fünfzehn Minuten, bis sie hier ist und ein Skript in der Hand hat. So wie die Dinge stehen, müssen wir Big Island abschreiben. Niemand hier in diesem Raum sollte seine kostbare Zeit dafür verwenden.«
Ein Murmeln war zu hören.
»Es klingt herzlos, ja, aber ich glaube nicht, dass wir genug Zeit haben, um von hier aus etwas zu koordinieren. Die dortigen Einwohner müssen das Beste aus der Situation machen. Wir konzentrieren uns auf Oahu.«
Einige Mitarbeiter nickten. Bei einer solchen Krise ging es darum, so viele Menschen wie möglich zu retten. Auf Oahu lebten achtzig Prozent der Bevölkerung von Hawaii. Es war noch Zeit, etwas für Oahu zu tun.
Brian Renfro hatte keine Ahnung, ob die Menschen die neue Warnung überhaupt beachten würden. Alle bisherigen Ratschläge waren unbrauchbar, ja, noch schlimmer, gefährlich geworden. Wenn die Leute nicht auf seine neuen Anweisungen hörten, würden sie sterben.
Cathy Aiko hob die Hand.
»Was soll ich tun?«
»Rufe alle Hotels an, und bringe sie dazu, ihre Gäste zu evakuieren. Vertikale Evakuierung kommt auf keinen Fall in Frage.«
Die neuesten Hotels und Bürogebäude waren so konstruiert, dass sie allen Naturkatastrophen widerstanden, die sich im Bereich des Wahrscheinlichen bewegten. Sogar bei einem Hurrikan mit Böen von zweihundert Stundenkilometern schwankten sie nur leicht. Die unteren Stockwerke würden einen Tsunami durch das Gebäude hindurchlassen. Das Wasser würde die hintere Wand hinausschieben, damit kein unnötiger Druck auf die tragenden Wände entstand.
Aber kein Gebäude war so gebaut, dass es dem Aufprall einer zwanzig Stockwerke hohen Wasserwand widerstehen konnte, deren Druck von fünfzigtausend Tonnen dem Gewicht von einhundert voll beladenen Jumbojets entsprach. Die meisten Häuser würden einfach in sich zusammensacken, wenn ihre unteren Stockwerke in die Knie gingen. Sofern sie nicht vollständig in Stücke gerissen wurden.
Renfro konnte sich nicht mit allen Problemen befassen, die die sehr kurzfristige Evakuierung erschweren würden. Nach seiner Fernsehansprache würde es in vielen Straßen zu Staus kommen, da mochte der Bevölkerungsschutz die Einwohner noch so sehr darum bitten, zu Fuß zu fliehen. Der dichte Verkehr würde es für die Rettungsfahrzeuge noch schwieriger machen, Gehbehinderte zu evakuieren.
Diese Überlegung brachte ihn zum nächsten großen Problem, der Räumung von Krankenhäusern und Pflegeheimen in tiefen Lagen.
Brian Renfro deutete auf Thomas Kamal, den letzten Ankömmling. »Tom, The Queen’s Medical Center muss geräumt werden. Alle müssen das Krankenhaus verlassen. Queen’s steht vielleicht etwas mehr Zeit zur Verfügung. Erst die dritte oder vierte Welle wird das Krankenhaus treffen. Stell sicher, dass das Tripler für sie bereit ist. Du musst auch die ganzen Pflegeheime benachrichtigen.«
Das Queen’s Medical Center lag neben dem Capitol in der Innenstadt von Honolulu. Mit über fünfhundert Betten war es das größte Krankenhaus auf den Inseln. Die
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