Todesflut: Thriller
Rettungsweste hielt sie über Wasser. Sie hustete und würgte noch immer.
»Ich bin ins Wasser gefallen! Ich bin ins Wasser gefallen!«, kreischte sie.
Tom paddelte zu ihr, um ihren Kajak zu stabilisieren.
»Du musst wieder einsteigen«, sagte er. Er drehte sich um und rief: »Jake! Jake!«
Jake war schon zu weit von ihnen entfernt. In dem sich ständig drehenden Wind hörte er seinen Freund nicht.
»Ruf ihn nicht zurück. Wenn er umkehrt, kann er keine Hilfe holen!«, gab Lani zu bedenken.
»Du hast recht.«
Mia war keine gute Schwimmerin. Sie paddelte wie ein Hund zu ihrem gekenterten Kajak. Als sie ihn endlich erreicht hatte, zog sie an einem der Nylontaue, war aber zu erschöpft, um sich aus dem Wasser zu hieven. Sie plumpste zurück in die See und würgte dabei noch mehr Salzwasser heraus.
»Das schaffe ich nie«, schluchzte sie. »Ich habe keine Kraft mehr.«
»Doch, das schaffst du«, ermunterte sie Lani, der klar geworden war, dass Mia verloren wäre, wenn sie sich nicht beruhigte. »Kajaks sind so gebaut, dass man wieder einsteigen kann. Stimmt doch, oder, Tom?«
Tom zuckte zweifelnd mit den Schultern, fügte dann aber hinzu: »Wir können es probieren.«
Tom und Lani paddelten zu Mia und versuchten mehrmals, sie in den Kajak zu heben, aber sie war zu schwach. Beide Male fiel Mia zurück ins Wasser, bevor sie auch nur ihren Oberkörper auf dem Kajak hatte.
»So klappt es nicht«, sagte Tom.
»Was soll ich tun?«, jammerte Mia.
»Und wenn du sie auf deinen Kajak hebst?«, schlug Lani vor.
»Mein Kajak ist ziemlich klein. Ich fürchte, sie würde uns beide zum Kentern bringen.«
»Bitte, verlasst mich nicht!«, rief Mia.
»Wir verlassen dich nicht«, beruhigte Lani sie. »Tom wird dich abschleppen.«
»Abschleppen?«
Tom nickte. »Guter Gedanke. Mia, halt dich an diesem Riemen fest.«
Er löste einen der Riemen seines Sitzes und warf ihn Mia zu. »Binde ihn an deiner Rettungsweste fest. Ich ziehe dich.« Er wandte sich zu Lani. »Alles in Ordnung? Kannst du paddeln?«
Lani nickte. »Ich halte durch. Los.«
Sie begannen wieder zu paddeln. Jake war ihnen schon weit voraus. Lani sah auf die Uhr. Nur noch neunzehn Minuten.
29. Kapitel
11:04
18 Minuten bis zum Eintreffen der Welle
Teresa verließ den Laden und kehrte zum Strand zurück. Sehr zu ihrem Leidwesen lag ihre Tasche noch immer dort, wo sie sie verlassen hatte, und von den Mädchen war weit und breit keine Spur.
Ihr erster Gedanke war, sich ein neues Handy zu beschaffen, damit sie Hilfe rufen konnte. Aber sie wusste keine Nummern auswendig. Als sie endlich einen Touristen fand, der sie sein Handy benutzen ließ, blieben ihre Anrufe im Grand Hawaiian unbeantwortet.
Inzwischen war die Evakuierung auf ihrem Höhepunkt angelangt. Die Menschen bewegten sich in alle Himmelsrichtungen, einige ruhig und überlegt, andere rennend, weinend oder schreiend. Kinder versuchten, mit ihren Eltern Schritt zu halten. Teresa hatte sich nicht die Zeit genommen, die neuesten Nachrichten über den Tsunami zu hören, aber was die Leute im Fernsehen gesehen hatten, spornte sie anscheinend zur Flucht an. Als sie Passanten das Foto von Mia zeigen wollte, schob man sie zur Seite, weil man zu sehr mit den eigenen Problemen befasst war. Von denen, die sich die Zeit nahmen, das Bild genau zu betrachten, war Mia niemandem aufgefallen.
Zahlreiche Möglichkeiten, wo Mia und Lani sich aufhalten mochten, gingen Teresa durch den Sinn. Am wahrscheinlichsten waren sie in einem der Hotels am Strand und hatten den Massenexodus entweder nicht bemerkt oder nahmen die Gefahr nicht ernst. Vielleicht hatte sie ja auch jemand im Auto mitgenommen. Teresa konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Mia so etwas machte, aber sie schloss gar nichts mehr aus, so groß war ihre eigene Angst vor der Welle.
Wenn sich Mia und Lani in einem Auto befanden oder in einem Hotelzimmer aufhielten, würde sie sie niemals rechtzeitig finden. Sie konnte nur hoffen, dass die Mädchen merkten, was los war, und zu ihr zurückkamen.
Sie war am östlichen Ende von Waikiki Beach angekommen und hielt an der Kreuzung von Kalakaua Avenue und Ohua Avenue. Die Mittagssonne brannte am wolkenlosen Himmel, aber die Brise vom Meer hielt die Temperatur auf angenehmen sechsundzwanzig Grad. Trotzdem schwitzte Teresa vor Angst.
Sie suchte die Straßenzüge bis zu dem Teil von Waikiki ab, wo der Kapi’olani-Park begann.
»Mia! Lani!«, schrie sie aus vollem Hals.
Ein paar Köpfe drehten sich um, aber ihre
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