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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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Lass einen hören.«
    Ólafur Gísli streicht sich über die Wangen. »Yep, einen Moment, tja, mal sehen. Es war einmal ein Mädchen aus der Stadt, das wurde im Sommer aufs Land geschickt. Am ersten Tag war sie mit dem Bauern draußen, und da fragte er sie, ob sie irgendeine Arbeit beherrsche. Kannst du zum Beispiel melken?, fragte der Bauer. Klar, prahlte das Mädchen, setzte sich neben eine Kuh und fingerte am Euter herum. Dem Bauern dauerte das zu lange, und er fragte: Willst du denn nicht anfangen? Da antwortete das Mädchen: Ich warte nur, bis sie hart werden!«
    Ásbjörn Grímsson klopft sich auf die Schenkel und brüllt vor Lachen, während Ólafur Gísli herzlich mit einstimmt. Ich muss selbst auflachen, als ich sehe, wie Jóa versucht, sich das Lachen zu verkneifen.
    Kurz darauf verlassen wir das traute Besäufnis der beiden lustigen Gesellen. Den Ort des Verbrechens.
     
    »Hannes hat mich letztens darauf angesprochen. Ich glaube, ich konnte ihn mit vielen guten Gründen davon überzeugen, dass du in der nächsten Zeit noch nicht zurück nach Reykjavík fahren solltest. Hoffe ich zumindest.«
    Wir haben uns gerade in mein Auto auf dem Parkplatz vorm Fiðlarinn gesetzt, als Jóa auf ihre berufliche Zukunft zu sprechen kommt.
    »Das hoffe ich auch«, sagt sie. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, so bald wieder abzureisen.«
    »Ist es wirklich was Ernstes?«, wage ich zu fragen, während ich durch die Skipagata in Richtung Rathausplatz fahre. In der Innenstadt hat jetzt der Autokorso begonnen, und wir kommen nur langsam vorwärts.
    »Es geht mir einfach gut«, ist das Einzige, was ich aus Jóa herausbekomme.
    Aber das genügt eigentlich.
    Langsam rollen wir am brechend vollen Eckcafé Amor vorbei und biegen in die Strandgata. Auch das Café Akureyri platzt aus allen Nähten.
    »Und du?«, fragt Jóa.
    »Mir geht’s gut. In den meisten Beziehungen.«
    »Und die sind weniger geworden?«
    Ich schaue sie aus den Augenwinkeln an und sehe, dass sie grinst. »Die Beziehungen? Weniger als die Finger eines armamputierten Mannes.«
    »Bist du diesbezüglich auch abstinent?«
    »Ich weiß es nicht, Jóa. Ich bin einfach …«
    Der Wagen hinter uns fährt verdammt nah auf. Es klebt fast an unserer Stoßstange.
    »Ich bin einfach noch nicht bereit, etwas anzufangen, womit ich nicht klarkomme. Ich bin voll und ganz damit beschäftigt, meinen Durst zu bekämpfen. Eins nach dem anderen, Jóa.«
    »Du hast totale Bindungsängste, Einar. Das ist so eine Art Phobie, ehrlich!«
    »Kann schon sein«, entgegne ich. »Wie unser Genie Ásbjörn mal gesagt hat: Man heißt nicht umsonst Einar.« Im selben Moment fällt mir Ólafur Gíslis dummer Witz über meinen Namen und die einsamen Frauen wieder ein.
    Und im selben Moment macht der Wagen einen Ruck.
    »Was war das denn?«, sagt Jóa und dreht sich um. »Ist uns der Teufel auf den Schwanz getreten?«
    Wir haben die Bars Vélsmiðjan und Odd-Vitinn passiert und nähern uns dem Ende der Strandgata. An der Ecke fahre ich langsam an den Bordstein und halte.
    »Das gibt’s doch nicht!«, rufe ich, als der nächste Wagen an uns vorbeikriecht. Es ist derselbe Wagen, der an der Straßenecke vor dem Kiosk stand, als wir die Filiale des
Abendblatts
betraten. Derselbe Wagen, der immer noch dort stand, als wir wieder herauskamen. Die grinsende Fratze und die vorstehenden Zähne von Agnar Hansen erscheinen im heruntergekurbelten Fenster des Rücksitzes, und der schwarze Honda hält nicht weit von uns entfernt an. Die Vordertüren öffnen sich; Ivo und Garðar steigen aus.
    »Verdammt noch mal«, stoße ich aus, wende den Wagen mit Vollgas, reihe mich in eine Lücke in der Autoschlange ein und fahre wieder zurück durch die Strandgata zum Rathausplatz.
    »Was ist los?«, sagt Jóa panisch. »Wer war das?«
    »Die Gang aus Reyðargerði«, entgegne ich, lasse aber Óskars Worte über den geplanten Rachefeldzug nach Akureyri unerwähnt.
    Jóa dreht sich um. »Sie sind immer noch hinter uns. Mit ein paar Autos dazwischen.«
    An der Ecke Strandgata und Glerárgata wird mir langsam klar, worauf die Sache hinausläuft. Die Vorstellung, im Verkehrschaos in der Innenstadt festzusitzen, gefällt mir nicht, deshalb biege ich nach rechts in die Glerárgata und gebe Gas. In Windeseile sind wir im Hlíðarviertel. Ich parke bei Snældas und meinem Zuhause, das vor kurzem auch Jóas Zuhause war, jedoch nicht an meinem üblichen Platz, sondern ein Stück weiter die Straße hinunter.
    »Jóa«, sage ich und

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