Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Geschirr waren ebenfalls sehr edel. Ægir holte dann als i-Tüpfelchen noch einen Rotwein. Þráinn hatte das Angebot, mit ihnen zu essen, sofort angenommen – vielleicht, weil die Mädchen ihn eingeladen hatten, und es schwieriger war, ihnen etwas abzuschlagen als ihren Eltern. Halli hatte erst abgelehnt, dann aber doch angenommen, als Þráinn auf sein Gerede, er würde sich ein Sandwich holen und in der Kabine essen, nicht eingegangen war. Schwer zu sagen, ob er es bedauerte, dass er sich breitschlagen lassen hatte, denn obwohl er den Kopf hängen ließ und die meiste Zeit auf seinen Teller starrte, schien ihm zumindest das Essen zu schmecken.
Lára und Ægir hatten den Kühlschrank nach etwas leicht Verdaulichem durchsucht und das Kochen übernommen. Jetzt lag das Ergebnis auf großen Tellern vor ihnen.
»Prost!« Ægir hob sein Glas und wartete darauf, dass die anderen es ihm nachtaten. »Schade, dass wir nicht so schlau waren, ein paar Flaschen Weißwein mitzunehmen. Wir hätten wissen müssen, dass hier Fisch auf den Tisch kommt.«
»Schon in Ordnung.« Þráinn trank einen großen Schluck von der dunkelroten Flüssigkeit. »Wir sind nicht wählerisch, was, Halli?«
»Nee.«
Der junge Seemann war wie immer wortkarg. Vielleicht hatte das mit seinem Alter zu tun, oder weil es ungewohnt für ihn war, eine Familie an Bord zu haben. Ægir würde auch nicht anders reagieren, wenn eine vierköpfige Familie sein Büro besetzen würde. Halli nippte an seinem Wein und wirkte nicht besonders glücklich damit. Vielleicht trank er lieber Bier.
»Es ist doch bestimmt in Ordnung, wenn ihr einen Schluck trinkt, oder? Ich meine, wegen des Schiffes?«, fragte Lára und steckte sich noch ein Stück gebratenen Fisch in den Mund.
»Doch, doch, wir fahren mit Autopilot und reduziertem Tempo. Nachts fahren wir möglichst langsam und tagsüber wesentlich schneller. Jetzt schippern wir so vor uns hin und können ruhig beide etwas essen und trinken. Wenn ich gleich übernehme, bin ich topfit. Keine Sorge, ein oder zwei Gläser Wein machen mir nichts aus.«
»Wer fährt denn nachts?«, fragte Bylgja.
»Wir wechseln uns auf der Brücke ab, müssen aber nicht viel machen. Wir legen uns einfach hin und sind in Bereitschaft. Notieren sicherheitshalber stündlich unsere Position, für den Fall, dass etwas schiefläuft.«
»Was denn zum Beispiel?« Arna schaute von ihrem Teller auf. Sie suchte die ganze Zeit nach Gräten und hatte noch nicht angefangen zu essen. Ihr Fisch war völlig zermatscht.
Þráinn machte ein betretenes Gesicht. Offenbar hatte er nicht mit einer solchen Frage gerechnet.
»Tja, also, wenn der Strom ausfällt und die Messgeräte nicht mehr funktionieren, wissen wir zumindest, wo wir sind. Wobei ein Stromausfall keine wirklich ernste Sache und außerdem höchst unwahrscheinlich ist. Und falls etwas anderes passiert, macht das auch nichts, schlimmstenfalls müssten wir einfach andere Schiffe um Hilfe bitten.«
»Aber hier sind doch keine anderen Schiffe«, warf Bylgja ein. Sie aß mit mehr Appetit als Arna und hatte schon wieder ein bisschen Farbe im Gesicht. Vielleicht, weil sie als Erste krank geworden war. Zum Glück hatte keines der Mädchen noch einmal von Karítas oder wirren Träumen gesprochen. »Wir haben keins gesehen, und man hört auch nichts.«
»Die sind da draußen, auch wenn wir sie nicht sehen. Das Meer ist riesengroß. Wenn ihr wollt, kann ich euch auf der Brücke die Geräte zeigen, die angeben, welche Schiffe in unserer Nähe sind. Außerdem haben wir natürlich Radar.«
»Damit wir uns zurechtfinden?«, fragte Bylgja und schaute von ihrem Teller auf.
Þráinn lächelte.
»Ja, kann man so sagen. Das Radar zeigt uns, was sich um uns herum im Meer befindet, damit wir nicht mit etwas zusammenprallen.«
Lára schenkte Þráinn Wein nach. Bisher hatten die Männer die Familie an Bord ignoriert. Hatten zwar geantwortet, wenn sie etwas gefragt wurden, aber nie von sich aus etwas gesagt. Halli und Loftur waren immer noch ziemlich zurückhaltend, aber Þráinn taute langsam auf.
»Seid ihr schon mal mit dieser Yacht gefahren?«, fragte Lára und hoffte, etwas Tratsch über Karítas zu hören. Sie hatte fast das Gefühl, die junge Frau zu kennen, weil sie so viele Klatschartikel über sie gelesen hatte.
»Nein, ich habe das Schiff neulich zum ersten Mal gesehen. Ich muss sagen, ich wäre durchaus bereit, mal im Sommer damit durchs Mittelmeer zu schippern. Oder durch die Karibik«, antwortete
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