Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesspirale: Roman (German Edition)

Todesspirale: Roman (German Edition)

Titel: Todesspirale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
Vom Netzwerk:
repräsentierte etwas, was die Mühlenarbeiter nicht haben konnten. Vor allem war sie ein sicheres Ziel, und sie streckten ihre Hände nach ihr aus, wenn sie vorbeiging, streckten ihre Zunge heraus und bewegten sie auf obszöne Weise.
    Vielleicht weil sie sich nicht an ihren eigenen Vater erinnern konnte und dazu neigte, Vaterfiguren zu verehren, empfand sie das als zehnmal schlimmer als das Verhalten ihrer Söhne. Sie wechselte die Straßenseite, um ihnen aus dem Weg zu gehen, dennoch kam es ihr so vor, als müsse sie täglich raue Hände abwehren, die über verschiedene Teile ihres Körpers glitten, während sie mit hoch erhobenem Kopf an ihnen vorbeirauschte mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte.
    Ivan erwischte sie eines Nachmittags während des Trainings einmal dabei, wie sie weinte. Normalerweise in der Lage, ihre Gefühle geschickt zu verbergen, war sie dieses eine Mal nicht dazu imstande gewesen.
    »Was isst das?«, fragte er betroffen und kam zu ihr an die Tribüne, wo sie sich verkrochen hatte, um sich wieder in den Griff zu kriegen. »Was isst so schlimm, dass es macht meine Sasha weinen?«
    Sasha wischte sich die Augen und versuchte zu lächeln. »Nichts, Ivan«, versicherte sie ihm stoisch. »Wirklich.«
    »Und ob es etwas ist, verdammt noch mal «, unterbrach Lons Stimme. Er trat aus dem Schatten, von wo aus er sie nachdenklich und schweigend beobachtet hatte. Er drehte sich um zu Ivan und knurrte: »Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass sie beinahe vergewaltigt wurde bei ihrem ersten und einzigen Date in dieser gottverdammten Stadt. Oder vielleicht, weil Männer, die alt genug sind, um ihr Vater zu sein, ihr schmutzige Vorschläge machen und sie jedes verdammte Mal, wenn sie durch die Straßen geht, mit ihren dreckigen Pfoten betatschen. Sie kann keinen Schritt aus dem Haus machen, ohne belästigt zu werden.« Lonnie hatte es selbst gesehen eines Tages und war in die Luft gegangen. Seitdem brachte er sie immer nach Hause.
    Er bebte förmlich vor allzu lang unterdrückter Wut und funkelte Ivan an, übertrug seine Streitlust auf den einzigen Mann, von dem er wusste, dass er ihm diese Gefühle nicht übel nahm.
    Ivan drückte dem Jungen beruhigend die Schulter, bevor er sich neben Sasha auf die Bank setzte. Er legte ihr die Hand auf den Kopf, vermittelte ihr mit seiner Wärme ein Gefühl von Sicherheit. »Es tut mir leid, mein kleiner Dahlink«, sagte er sanft. »Es gibt keine Entschuldigung für so ein Benehmen.«
    »Es ist kriminell, das ist es«, sagte Lonnie mit kalter Endgültigkeit.
    »Ja«, stimmte Ivan ihm zu. »Das isst es.« Er blickte hinunter auf Sashas abgewendetes Gesicht und sagte langsam: »Ich glauben, Sashala, dass die Leute auf deiner Seite des Flusses, also, ich glauben, sie verzweifelt sind. Und wenn sie sehen dich, sie sich fühlen doppelt hoffnungslos, weil sie sehen, dass da isst etwas Besonderes, was du hast, und was sie nie haben werden.«
    Lonnie ließ sich Ivans Worte durch den Kopf gehen und kam zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich recht hatte. Sasha hatte etwas Besonderes an sich – sie strahlte es förmlich aus. Verdammt, seit Jahren war sie jetzt Ziel dieser gnadenlosen Schikane. Sie bekam die ganze Wucht direkt zu spüren, und dennoch schaffte sie es irgendwie, unbefleckt zu bleiben. Wie viele Male hatte er sie von irgendeinem Schwein in eine Ecke gedrängt gesehen, der seine fleischige, unwillkommene Hand auf ihre Brust legte? Nie schrie oder schimpfte sie – gewöhnlich starrte sie ihren Peiniger einfach nur an mit diesen großen grauen Augen, und wenn ihm nicht der letzte Rest Menschlichkeit bereits abhandengekommen war durch kleinstädtische Vorurteile, die ihm von der Wiege an eingebimst worden waren, verursachte ihm das ein schlechtes Gewissen. Er hatte es mit eigenen Augen beobachtet, gesehen, wie sie sich wanden vor Verlegenheit, die Hände von ihr nahmen und sich fühlten wie die Hundescheiße, die sie waren. Sie behandelte alles, was das Leben ihr auftischte, mit zehnmal so viel Anstand, wie sie hatten.
    »Ich habe diese Musik satt«, sagte er mit plötzlicher Rastlosigkeit und sprang auf. Er lief zu dem Kassettenrecorder, zog eine Kassette aus seiner Jacke und legte sie ein. Er drehte den Ton laut und hastete zu Sasha und Ivan zurück. Pink Floyds »The Wall« dröhnte aus den Lautsprechern, und er spürte die Bässe unter seinen Schlittschuhen, als er schwungvoll vor ihnen stoppte. Er streckte ihr einladend die Hand hin. »Komm Sasha«, rief er

Weitere Kostenlose Bücher